PR TB 089 Das Goldene Raumschiff
dramatischen Ereignis vorausging. Jetzt ergab sich
die groteske Situation, daß uns die Mauren jagten und wir die
Wikinger. Wer würde in diesem Rennen gewinnen? Ich hoffte, daß
ich es war.
Das Schiff mit dem Sperberkopf legte sich schwer über, als
die Fockleinen losgeworfen und auf der anderen Seite wieder
angeschlagen wurden. Das große Segel schwang herüber, und
wir glitten auf Tanger zu. Das Segel des Mauren wurde in den nächsten
Stunden kleiner und verschwand schließlich irgendwo unter der
spanischen Küste. Wir atmeten auf.
Eine Stunde später kreiste der Vogel über dem Schiff.
Gryfgard, einer der Freunde an der Fockschot, hob den Arm und sagte
scherzhaft:
»Ein Vogel über dem Schiff. Da muß doch irgendwo
Land in der Nähe sein!«
Das laute Lachen riß ab, als sie den farbigen Falken
erkannten. Wir hatten in den letzten Stunden kaum einmal die Sicht
zum Land verloren. Ober uns lag ein Himmel, der nur in diesen Breiten
so blau war, durchwandert von flaumigen, wattigen Wolken, die auch
hier nur so weiß schienen wie schaumig geschlagener Schnee. Der
Falke identifizierte mich, kreiste hinter der Gaffel vorbei und
setzte sich auf meine Schulter. Ich fühlte die stählernen
Krallen, die vorsichtig aus den Gleitlagern herausglitten.
»Hast du die Schiffe gesehen?«
Tore und seine Männer, die uns anstarrten, wunderten sich
noch nicht besonders. Als das künstliche Tier schrie und dann
fauchend antwortete, schienen sie an ein Wunder zu glauben.
»Drei Schiffe unter vielen anderen. Ich habe sie gesehen.
Einen Tag auseinander, alle drei. Das erste kommt heute nacht, wenn
es gleichschnell schwimmt!« sagte der Falke, Tore knurrte
ratlos:
»Ein sprechender Vogel, Atlan?«
Ich grinste ihn breit an und fühlte, wie sich meine Haut um
den Mund spannte. Sie war stark gerötet, und wenn ich nicht
aufpaßte, gab es einen schlimmen Sonnenbrand. Fast so schlimm
wie der auf Tores Schultern, der ihm den Schlaf rauben würde.
»Ein kluges Vögelchen mit scharfen Augen. Ein Wunder
der Falknerkunst!«
sagte ich leise. »Eines meiner Geheimnisse, Skallagrimsson!«
»Thor ist mächtig!« staunte Sudvar. »Das
singen nicht einmal die Skalden. he, Gabelbart! Wie ist es mit einem
schönen Lied?«
Gabelbart, der seinen Namen zu Recht trug, nickte und überlegte
lange. Dann packte er sein Instrument aus den Fellen, stimmte die
Saiten und begann zu summen. Er mußte sich erst Stimmung
machen, aber wenn er getrunken hatte, sagte mir Trygvason, sang er,
daß die Mauern fielen.
Gabelbart, Bjarne, der Skalde, Sudvar und Thorshammer Egir. das
waren die Namen der Männer. Bis jetzt betrachteten sie mich noch
voller Respekt, aber langsam kam das Element echter Freundschaft
zwischen uns auf. Besonders Guthrum, der jüngste Mann an Bord,
schien mich unausgesetzt zu beobachten, um zu lernen. Er würde
viel zu berichten haben, wenn er wieder in seinen strohgedeckten
Hütten im hohen Norden war, unter den Schleiern der Nordlichter.
»Wartet.«, sagte Gabelbart. »Ich bin noch nicht
in Stimmung.«
Wir kreuzten weiter, vorsichtig, stets gebührend weit von
anderen Schiffen und vom Land entfernt. Wir warteten mit der Geduld
von Menschen, denen der Tag, der ohne Tod und Krankheit vergangen
war, nichts bedeutete. Wir hatten alles, was wir brauchten. Und nicht
einmal die Ungeduld, das fremde Schiff zu sehen, beeinträchtigte
mein tiefes Wohlbehagen.
Der Abend kam, während Gabelbart sang.
»Festlich ist es, zu fahren, auf der See im Sonnenschein,
steifer Wind straffte die Segel draußen vor Stränden, das
Meerespferd lief herrlich, glättete das Wasser mit dem Kiel, das
Schiff ließen wir durchgehen auf dem Weg über die See.
Der Sperberkopf zeigte uns den Weg...«
»Weiter, Skalde! Um ein Bier oder um Wein im nächsten
Hafen!« rief Sithric laut.
Ich suchte die Wellen ab, aber ich sah kein Segel. Die Sonne, eine
riesige Scheibe auf lohendem Messing, sank lautlos ins Meer, und
erste Nachtwolken kamen auf. Das Schiff, mit gerefften Segeln,
kreuzte gerade wieder nach Nordwesten, drehte dann ab und fuhr wieder
zurück in östliche Richtung. Wir durften uns Gabal Tariq
nicht zu sehr nähern, denn dort waren wir zu gut bekannt.
Die Nacht kam.
Wir aßen feuchtes Brot und saftigen Schinken, Früchte
und Trauben. Wir tranken wenig Wein aus den Schläuchen und viel
Wasser, und schließlich waren noch die Sterne unser einziges
Licht. Eine unvergleichliche Stimmung überkam uns, gemischt aus
dem Klang der Saiten und dem Geräusch, das das
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