PR TB 094 Die Zeitmauer
deren
Bewußtseinserinnerung allmählich verblaßte. Nur der
Geübte findet hier und dort auf unserem Planeten Hinweise,
aber es ist oft gefährlich, sie richtig zu deuten - du weißt
das fast noch besser als ich."
„Das stimmt allerdings. Ich bin mit meiner Idee der
Zeitmauer auf Unverständnis, sogar auf Feindschaft gestoßen.
Denke nur an Faro Pantha. Am liebsten würde er dafür
sorgen, daß ich als Ältester abgelöst werde, nur weil
ich eine wissenschaftliche Theorie erörterte. Du brauchst mir
nicht zu sagen, Targot, wie konservativ unsere Mitbürger sind."
„Und da glaubst du, die Regierung zu der Erlaubnis bewegen
zu können, eine Raumexpedition vorzubereiten?"
Jenner King nickte selbstbewußt.
„Ja, das glaube ich. In erster Linie deshalb, weil nur
geringe Geldmittel dazu notwendig sein werden. Aber ich weiß,
daß ich diese Expedition durchsetzen muß, wenn ich auch
nicht selbst daran teilnehmen werde. Ich muß es, unter allen
Umständen!"
„Und warum, Jenner? Warum mußt du es?"
Der Wissenschaftler zuckte die Schultern und griff
erneut nach dem Weinglas. „Ich weiß es nicht genau.
Vielleicht ist es ein Befehl
aus dem Unterbewußtsein, dem wir alle zu gehorchen
haben."
„Du kannst nicht alles mit dem Unterbewußtsein
erklären?"
„Warum nicht? Ich halte das, was wir Unterbewußtsein
und manchmal auch Seele nennen, für den wichtigsten Bestandteil
unseres Seins, für die Triebfeder unserer Entwicklung und damit
für den Sinn unseres Lebens, sofern wir uns dieses
Unterbewußtseins überhaupt bewußt werden."
„Bist du Philosoph oder ernster Wissenschaftler, Jenner?"
„Vor allen Dingen bin ich Jenner King, mein Freund."
Der Interkomschirm in der Terrassenecke leuchtete auf und kündigte
Besuch an. Targot Fall sah auf die Uhr.
„So spät noch? Wer kann das sein?"
„Nur Rex weiß, wo ich bin", sagte Jenner King
bedächtig. „Ich komme direkt von ihm."
„D er Besuch muß ja nicht für dich sein",
gab Targot zu bedenken und schaltete das Gerät ganz ein. Auf dem
Schirm formte sich das Gesicht von Berenda, Raumfahrtexperte,
fünfzig Jahre alt und Freund der beiden Männer.
Targot betätigte den Türöffner.
„Sei willkommen, Berenda, Es ist noch Wein da ..."
Es dauerte nicht lange, und Berenda erschien auf der Terrasse. Er
nickte den beiden Männern zu und setzte sich. Jenner und Targot
sahen ihn gespannt an. Sie wußten, daß Berenda nicht ohne
triftigen Grund so spät noch Besuche machte. Schon gar nicht,
ohne sich anzumelden. Aber sie fragten nicht, sondern warteten.
Targot füllte ein weiteres Glas.
Endlich sagte Berenda:
„Ich komme aus der Werft. Irgend jemand hat sich an der
HELOS zu schaffen gemacht und eine Sprengladung installiert. Sie ist
am späten Nachmittag explodiert."
Sie starrten ihn an, ungläubig und fassungslos.
Berenda nickte, als sie schwiegen.
„Ja, ich weiß, es klingt unglaublich, aber ich habe
das Ergebnis selbst gesehen. Das Schiff, mit dem dein Sohn Rex die
Sonne umrundete, ist schrottreif. Es wird nie mehr fliegen, Jenner.
Der Traum von deiner Expedition nach Perex ist ausgeträumt. Faro
Pantha hat gesiegt."
King holte tief Luft.
„Glaubst du, daß er ...?"
„Er steckt dahinter, aber wer soll ihm das beweisen?
Jedenfalls wird er morgen in der Sitzung das große Wort führen
und von dem Willen des Volkes sprechen und von einem spontanen Akt
des gesunden Protestes. So wird es kommen, oder ich will nicht mehr
Berenda heißen." Er seufzte. „Dabei wäre alles
so einfach gewesen. Ein Umbau ohne viel Kosten, und wir hätten
starten können!"
Targot Fall sah Berenda forschend an.
„Hat man keine Spuren gefunden? Schließlich ist die
Werft streng bewacht und darf nur mit Sonderausweis
betreten werden. Es muß sich doch feststellen lassen,
wer..."
„Selbstverständlich werden Nachforschungen angestellt,
aber ich bin überzeugt, daß man nichts finden wird. Faro
Pantha ist klug. Er wird kaum einen Fehler gemacht haben. Aber
vielleicht gibt es Männer in der Regierung, die durch den
Sabotageakt wachgerüttelt werden. Die HELOS war so
etwas wie ein Museumsstück, ein Symbol für den
Fortschritt unseres Volkes. Jenner, nicht verzweifeln! Es ist
durchaus möglich, daß ich mich eben irrte, als ich meinte,
die Expedition würde nie stattfinden. Vielleicht findet sie nun
erst recht statt."
Sie saßen noch lange zusammen an diesem Abend und stellten
Spekulationen an oder machten Pläne. Sie waren fest
entschlossen, nicht aufzugeben. Jeder von
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