PR TB 098 Wettfahrt Der Entdecker
TERRA?
»Dieses Warten!« murmelte Agsacha und knetete seine
Finger. »Worauf warten wir noch? Dieses Warten wird uns
umbringen! Wir werden angegriffen und wegen unserer Hautfarbe
gegessen oder wegen der Größe, was weiß ich! Hätten
wir doch nie die Planken verlassen!«
»Noch kein Grund zur Aufregung, Agsacha!« sagte ich.
»Männer — holt die Pakete und bildet mit Hilfe von
Bastschnüren Tragelasten. Wir wollen das Fleisch nicht
zurücklassen.«
Die Männer verstanden und bewegten sich nervös und
vorsichtig auf das Feuer zu. Dort ließen sie sich von den
Frauen helfen.
Ein unheimlicher brummender Ton lag nunmehr in der Luft. Es klang,
als ob man eine gigantische Hornisse eingesperrt habe und sie bis zum
Wahnsinn reizte. Alles geschah, um unsere Nervosität einem
unheimlichen Höhepunkt entgegenzutreiben. Ich fühlte, wie
ich unruhiger und gespannter wurde. Wenn sich jetzt jemand zu einer
Unbesonnenheit hinreißen ließ, dann detonierte die
aufgestaute Wut. Die stark vorhandene Trance von uns allen lahmte
unsere Gedanken. Ich bahnte mir einen Weg zu meinen Männern und
wies sie an, am äußersten rechten Ende des Halbkreises zu
warten — in direkter Nähe zum Dschungel. Dort, woher wir
gekommen waren.
Sie verstanden, beluden sich mit den schweren, dampfenden Paketen
und kauerten sich zu Boden.
Wir spürten die kranke, wirre Masse der unartikulierbaren
Leidenschaften. Sie beherrschten im Augenblick dieses Dorf. Sie
beherrschten darüber hinaus viele Teile der Welt, hielten die
Menschen in ihrem Bann und machten einen wahren Fortschritt unmöglich
oder zögerten ihn endlos hinaus. Das Brummen der unsichtbaren
Schwirrhölzer riß nicht ab. Viele Männer und Frauen
kamen aus den Hütten zurück und hatten Rasseln und Klappern
an den Gelenken ihrer Körper befestigt. Jemand schlug mit zwei
Schlegeln einen unregelmäßigen und unverbindlichen
Rhythmus auf der riesigen Schlitztrommel, einem großen
Baumabschnitt.
Die Schweine rasten aufgeregt und kreischend zwischen den Gruppen
der Eingeborenen umher. Wir standen unschlüssig da. Agsacha
griff nach meinem Arm und zog mich und Sharma langsam in die Richtung
unserer Gruppe.
»Weg vom hellen Licht!« mahnte der Freund.
Etliche Krieger rannten herum und hielten meterlange, schwere
Knüppel in den Händen. Jemand warf einem Schwein eine
Schlinge über, und dann schlugen die Männer die Schweine
tot. Sie taten es ohnejedes System, langsam und mit einem grimmigen
Gelächter. Das Schreien und Quieken der sterbenden Schweine
mischte sich mit dem Trommeln und dem Brummen. Diesen Menschen fehlte
die europäische Einstellung zum Leben und noch mehr: zum Tod.
Die anderen Tiere wurden geradezu tobsüchtig vor Panik und
schossen ziellos im Zickzack hin und her. Ein Tier raste auf die
gefesselten Gefangenen zu, trampelte auf ihnen herum, rannte dann
geradewegs durchs Feuer und kam, qualmend, schreiend und einen
widerlichen Gestank verbreitend, wieder aus der Glut hervor. Frauen
sprangen zur Seite, und einige Jäger setzten dem Tier nach. Wir
waren sprachlos vor Verwunderung und Entsetzen. Sanduhrförmige
Membrano-phone wurden herangetragen und aufgestellt, während die
letzten Schweine kreischend und zuckend starben. Dann erschlug man
noch einige der gemästeten Hunde, denen man vorher die Zungen
herausgeschnitten hatte — schon oft hatten wir uns gewundert,
daß die Hunde hier nicht bellten. Dies war der Grund.
»Sie fressen Hunde. Pfui!« murmelte ein Matrose und
spuckte angewidert aus.
»Und Insekten, selbst Würmer.«
Ich sah noch mehr. Einige junge Frauen, die von nur sehr geringer
Schönheit waren, schleppten einen Flechtkorb herbei, in dem Lehm
oder Erde angehäuft war. Die Eingeborenen stürzten sich
darauf und begannen, kleine Menge des Erdreichs zu essen.
»Was bedeutet das, Atlan?« flüsterte Sharma
voller Entsetzen. Sie vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter. Dies
war Geophagie; der Genuß von Erde.
»Vielleicht essen sie die Erde wegen der Mineralien. Oder
aus rituellen Gründen. Ich weiß es nicht genau.«
Hunde und Schweine wurden zerstückelt und ans Feuer gebracht.
Schwirrhölzer, die aufrechtstehende Schlitztrommel und die
kleinen Handtrommeln lösten einander ab. Es klang, als ob
Musiker ihre Instrumente stimmen würden. Die musikalische
Untermalung des »Festes« hatte noch nicht begonnen.
Inzwischen war es tiefe Nacht geworden. Man schleppte, anscheinend
ohne jedes System, andere Gegenstände herbei, jetzt zum Beispiel
reich geschnitzte
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