PR TB 102 Planet Der Dschungelbestien
Erzreverends hatten ihn stutzig gemacht.
Hatte er bisher den ungewöhnlich frühen Termin der Safari
auf sein Konto gebucht und angenommen, daß man sich des
lästigen Widersachers so bald wie möglich entledigen
wollte, so war er nunmehr bereit, diese Annahme zu revidieren und
nach anderen Gründen für die Vorverlegung zu suchen. Hatte
der Erzreverend mit seinen Worten nicht angedeutet,
daß eine Information zu erwarten war, die sich auf die
Zukunft Benjamins bezog? Es war anzunehmen, daß es sich dabei
um keine gewöhnliche Information handelte, denn im Zeitalter des
Hyperfunks würde man sich wohl kaum der Mühe unterziehen,
persönlich zu einer der notwendigen Routinekonferenzen mit den
Verwaltungsorganen des Dschungelplaneten zu erscheinen. Man erwartete
— so schloß Kallsund messerscharf — eine Delegation
von außerhalb des Planetensystems, deren Anwesenheit auf Rudyn
unerwünschtes Aufsehen erregt hätte. Also
Fremdintelligenzen!
Angenommen, dies stimmte, so bot sich Kallsund die einmalige
Chance, die Machenschaften der Familien aufzudecken und Cleveland und
Co. auf legalem Wege aus dem Sattel zu heben.
Voraussetzung dafür war allerdings, daß er mit heiler
Haut davonkam...
Die JOLLY JOKER setzte in einem Talkessel auf, der beinahe ringsum
von den schroffen Abhängen der Vulkanberge umsäumt war —
ein geschützter Ausläufer der Wüste Torga, in dem eine
spärliche Vegetation sprießte, notdürftig am Leben
gehalten von dem schmalen Rinnsal, das sich auf der Nordseite des
Kessels über den zerklüfteten Fels hinabquälte.
Für kurze Zeit verhüllte eine Wolke aus emporgewirbeltem
Staub die Sicht. Als sich das Bild auf den Schirmen der optischen
Runderfassung klärte, nahm Kallsund ein graziles Gebilde wahr,
das inmitten dieser öder» Landschaft aus kahlem,
aufgetürmten Fels und rötlichbraunem Sand Geborgenheit
verhieß: Big Families' Rest. Es war eine Ansammlung von
gleichartigen Häusern, die in unterschiedlichen Höhen auf
schlanken Rundsäulen ruhten, und deren breite Glasfronten sich
je nach Laune des Bewohners drehen ließen. Kallsund vermutete,
daß die gläsernen Fronten wohl überwiegend den
wandernden Schatten der Berge folgten; denn die ungeheure Lichtfülle
der Sonne Ephelegon brandete mit erbarmungslos gleißender Helle
in jeden ungeschützten Winkel des Tales, wo sie eine flammende
Hölle schuf, unerträglich für den menschlichen
Metabolismus. Ein Anblick, der ebenso erschreckend wie grandios war.
»Ich liebe diese Landschaft«, ließ sich Cathryns
leise Stimme neben Kallsund vernehmen.
Er blickte auf, und sie erschrak vor der Kälte, die in seinen
Augen lag.
»Andere lieben diese Landschaft auch. Sie werden jedoch kaum
Gelegenheit haben, sie zu Gesicht
zu bekommen.« Er sprach heftig, sein Tonfall war aggressiv.
Gleich darauf schien er sich zu besinnen und fuhr in
versöhnlicherem Tone fort: »Entschuldigen Sie! Niemand
kann Ihnen die Fehler Ihrer Sippe anlasten.«
Sie legte schweigend ihre Hand auf. seinen Arm und deutete damit
an, daß sie verstand, was in seinem Inneren vorging.
»Manchmal vergesse ich, daß ich Privilegien genieße,
die andere nicht haben«, entschuldigte sie sich nach einer
längeren Pause des Nachdenkens.
Die Lautsprecher des Interkoms erwachten zum Leben und riefen die
Passagiere der JOLLY JOKER in die Hangars, von wo sie in Gleitern
über die kurze Distanz hinweg zu den Behausungen transportiert
wurden. Doch selbst die paar Schritte, die es vom Gleiter aus zu den
Unterkünften zu überwinden galt, wurden inmitten der
Gluthitze zur Qual.
Erleichtert betrat Kallsund die angenehme Kühle des
klimatisierten Hauses und ließ sich in einen der freien Sessel
fallen, die im Vorraum herumstanden. Ein eisgekühlter Drink
weckte seine Lebensgeister.
»Woran denken Sie?« fragte er Cathryn, die versunken
vor sich hinstarrte.
»Das dürfte nicht schwer zu erraten sein«,
erwiderte sie leise, ohne den Blick zu heben.
»Toskin«, vermutete er. »Wenn alles so verlaufen
ist, wie wir es geplant haben, dürfte er nur noch wenige Meilen
von Ihnen entfernt sein.«
»Mir kommt es noch wie Lichtjahre vor.«
»Nur noch etwas Geduld!«
Er entzündete eine Zigarette und ließ ihr Zeit, die
Schatten aus ihren Gedanken zu verscheuchen.
»Ich benötige noch einige Informationen«, sagte
er schließ
llich. Er erläuterte ihr, zu welchen Vermutungen er im
Anschluß f! »n die Ansprache des Erzreverends gelangt war
und fragte: »Angenommen, es gäbe eine solche
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