PR TB 104 Samurai Von Den Sternen
und anzubinden.
Systematisch machte sich der Samurai daran, die Satteltaschen und die
Kleidung zu durchsuchen. Das Eigentum des Erschlagenen gehörte
ihm. War dies auch ein Bestandteil des Ehrenkodex?
Keine vorschnellen Äußerungen! Du kennst die Kodizes
nicht! warnte der Logiksektor.
»Ich kenne diese Kunst nicht«, sagte ich, »und
im Schwertkampf würde mich auch jeder Samurai-Schüler
töten.«
Er nickte und sagte gelassen:
»Das würde unzweifelhaft geschehen. Du mußt lange
von den Inseln entfernt gelebt haben, daß du diese Künste
verlernen konntest.«
»So etwa ist es«, gab ich zu. »Und eines Tages,
wenn ich meinen Mann gefunden habe, werde ich dir alles berichten.«
»Ich warte auf diesen Tag, denn meine Neugierde ist groß«,
sagte er, so gut wie völlig gleichgültig.
Wir hatten sieben Pferde und Sättel, sieben komplette
Ausrüstungen, siebenfache Waffen und die Beute von sieben
Räubern erbeutet - was mich betraf, konnte ich wenig davon
brauchen.
Yodoya sagte laut:
»Wir werden dem Weisen einige Geschenke machen. Die Tiere
geben wir in der nächsten Stadt ab; der Mann der Tokugawa wird
uns danken, daß wir so viele Banditen getötet haben. An
Schlaf ist nicht zu denken, wie?«
»Nicht mehr. Aber an Essen!«
Mir war mehr nach einem gewaltigen Schluck Reiswein, denn nach den
Erlebnissen fühlte ich mich schwach in den Knien. Noch mehr: ich
sah mit erschreckender Deutlichkeit ein, daß ich nur haarscharf
dem Tod entgangen war. Wenn jemand gegen mich mit einer Technik
kämpfte, die ich nicht beherrschte, dann war ich so gut wie
wehrlos, und bei einem solchen Überfall ist der Bogen eine
Waffe, die nur für kurze Dauer hilft.
»Und an einen tiefen Schluck, Ataya Arcohata!« sagte
der Samurai und band seinen Gürtel neu. Dann setzte er sich auf
seinen Sattel und starrte
mich schweigend an. Ich packte die Toten an ihren Gürteln,
schleppte sie in den Wald und legte sie nebeneinander. Dann brachte
ich die Flasche und die Schalen für den Reiswein. Mir war alles
andere als wohl zumute; angesichts der Vorkommnisse schmolz meine
Selbstsicherheit dahin. In was, bei ARKON, hatte ich mich
eingelassen?
Und noch immer keine Spur des Fremden! flüsterte der
Extrasinn.
Ich setzte mich ebenfalls auf einen Sattel, schlug die Schöße
des kurzen Mantels zurück und reichte Yodoya eine
Porzellanschale. Gluckernd lief der helle Reiswein in die Schalen.
Nach dem dritten großen Schluck, jedesmal war es eine Schale
voll, sagte Mootori leise:
»Ich weiß nicht recht, Freund Ataya, ob ich dir
glauben kann. Aber das ist nicht wichtig - wenn du aber ein Samurai
sein willst, dann mußt du denken und handeln wie ein Samurai.
Und kämpfen.«
Er hat dich durchschaut, sagte der Logiksektor.
Ich erwiderte:
»Ich muß es lernen, Yodoya. Ich habe dich nicht
belogen, aber ich bin eine ganz besondere Art von kuge. Eines Tages
wird sich alles aufklären.«
»Alles«, sagte Mootori nachdenklich, »klärt
sich eines Tages auf.«
Ich betrachtete ihn genau. Er war, wie alle Männer dieses
Inselvolkes, klein und gedrungen, mit kurzem Hals und einem massigen,
fast runden Schädel. Sein Haar war von allen Seiten nach oben
gezogen und dort zusammengefaßt; das Gesicht zeigte die
Altersspuren und einige verheilte Narben. Ein schmaler Mund, große,
schnell bewegliche Augen, viele Falten und Altersflecken - das
Gesicht strahlte eine Art fatalistische Weisheit aus. Es war die
Klugheit eines Mannes, der in seinem Leben schon viele
Schwierigkeiten gemeistert hatte. Der Rat, den mir Yodoya gab, war
zweifellos sehr wichtig. Ich hatte keine andere Wahl: ich mußte
ihn befolgen.
»Wo lerne ich, was ich lernen muß?« fragte ich
halblaut.
»Ich bringe die Pferde in die Stadt, fasse eine Meldung ab
und komme dann zu dem weisen Mann und zu dir. Dort werden wir lange
darüber reden.«
»Das ist sicherlich das beste!« sagte ich.
Wir aßen eine Kleinigkeit, dann luden wir die Toten auf ihre
Pferde, banden sie in den Sätteln fest und ritten aus dem
kleinen Tal hinaus auf die Straße. Als die Sonne aufging, sahen
wir von fern den kleinen Tempel auf der Kuppe des übernächsten
Hügels. Yodoya hob 1 die Hand und verabschiedete sich
von mir, als es früher Morgen war. Der Samurai versprach,
spätestens in der Nacht wieder bei mir zu sein. Ich wendete mein
Pferd und ritt den schmalen, gekrümmten Weg hügelan. Etwa
gegen Mittag erreichte ich das Haus des Einsiedlers.
Als ich kurz vor einer zierlichen, altersschwachen Brücke
anhielt und
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