PR TB 107 Planet Der Gefangenen Seelen
Desintegrator ab.
»Nicht, Roi!« ertönte Loveiys verzweifelter Ruf
aus dem Lautsprecher. Im gleichen Moment traf der Desintegrator
strahl die Panzerglaswand und brachte sie teilweise zur Auflösung.
Ich näherte mich langsam der Öffnung, darauf gefaßt,
daß sich jeden Augenblick die Verteidigungsanlage einschalten
würde.
»Keinen Schritt weiter, Roi!« warnte Lovely. »Bleibe,
wo du bist. Ich komme.«
Dann trat Lovely Boscyk auf der gegenüberliegenden Seite des
Kontaktraums aus einer Tür.
Er ging gebeugt, bemühte sich aber, den Kopf aufrecht zu
halten. Das sackähnliche Gewand schlotterte um seinen mageren
Körper, seine farblose Haut wirkte so trocken und ausgedörrt
wie die einer Mumie. Die Arme baumelten kraftlos an seinen Seiten,
die dünnen, langen Finger der knochigen Hände zuckten.
Nur in seinen tiefliegenden Augen war ein Lebenszeichen zu
entdecken - aus ihnen leuchtete der ungebrochene Lebenswille. Das
erinnerte mich an das Interkom-Gespräch, das ich nach der
Landung auf Olymp mit ihm geführt hatte. Auch da hatte ich das
Glühen in seinen Augen festgestellt. Nicht viel später, bei
der Vollversammlung, war es erloschen. Hatte es etwas zu bedeuten,
daß jetzt, nachdem Coq ihn verlassen hatte, wieder das Feuer in
seinen Augen war?
»Warum hast du das getan, Roi?« fragte Lovely und
deutete mit einer müden Bewegung auf die geborstene
Panzerglaswand.
»Ich bin gekommen, um dir zu helfen«, sagte ich.
Er schüttelte schwach den Kopf. »Du hättest mir -
und den Freifahrern - mehr geholfen, wenn du mir mein Eremitendasein
gelassen hättest. Durch dein unbedachtes Eingreifen hast du
meine Pläne zerstört.«
Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, in seinem
Gesicht zu lesen. Aber es schien ausdruckslos, ohne Leben, bar
jeglicher Gefühle.
»Ich konnte es einfach nicht zulassen, daß du in
deiner Klause dahinvegetierst«, erwiderte ich. »Ich werde
es auch unter keinen Umständen dulden, daß du dich in
einer Art selbstzerstörerischem Wahn aus dem Leben
zurückziehst.«
»In der Isolierstation war ich unsterblich«, sagte er.
»Hier hätte ich euch alle überdauert. Aber es ist
noch nicht zu spät. Wenn du jetzt, ohne weitere Fragen zu
stellen, gehst, Roi, dann könnten die Arbeitsroboter wieder die
Panzerglaswand errichten.«
Ich wandte mich dem Parapsychophysiologen an meiner Seite zu.
»Was meinen Sie, Dr. Asgrin?« fragte ich ihn.
»Ich bin nicht in der Lage, schon jetzt eine Diagnose zu
stellen«, sagte er ausweichend. Mit fester Stimme fügte er
hinzu: »Aber ich bin ganz entscheiden der Meinung, daß
man Kaiser Lovely Boscyk hier nicht allein lassen sollte.«
»Du hast es gehört, Lovely«, sagte ich. »Nimmst
du nun endlich Vernunft an und kommst freiwillig mit uns, oder müssen
wir dich holen?«
Er streckte abwehrend die Hände von sich.
»Bleibt, wo ihr seid!« rief er aufgebracht. »Dieser
ganze Teil der Isolierstation steht unter Energie. Ihr würdet
auf der Stelle getötet werden.«
»Das läßt du nicht zu, Lovely«, sagte ich
überzeugt und näherte mich langsam der Öffnung in der
Panzerglaswand.
»Zurück, Roi!« schrie Lovely. »Du zerstörst
mein ganzes Lebenswerk. Oder du begehst Selbstmord!«
Ich verstand, was er meinte. Entweder würde ich in dem unter
Energie stehenden Raum umkommen, oder aber die Sicherheitsautomatik
würde die Energiezufuhr unterbinden,
und Lovely wäre uns ausgeliefert. Aber ich verstand nur
nicht, warum dadurch sein Lebenswerk zerstört werden sollte.
»Du wirst es nicht zulassen, daß ich getötet
werde«, suggerierte ich ihm ein, während ich mich
weiterhin der Panzerglaswand näherte.
Er wich entsetzt vor mir zurück.
Da ich mit freiem Auge keinerlei energetische Tätigkeit in
Lovelys Aufenthaltsraum feststellen konnte, holte ich meine Lorgnette
hervor, in die ein Infrasucher eingebaut war.
Als ich die Lorgnette an die Augen hielt, erstrahlte der Raum
hinter der Panzerglaswand in einem gespenstischen, kalten Licht. Der
Raum war über seine ganze Länge und Breite von einem
dichten energetischen Gitterwerk durchzogen. Da aber heiß
strahlende Quellen im Infrarotbereich tiefrot leuchteten, das
energetische Gitterwerk jedoch eine bläuliche Färbung
hatte, wußte ich, daß es sich um keine thermische
Strahlung handelte.
Das wäre im Grunde genommen nicht von Bedeutung gewesen, denn
auch nicht-thermische Strahlung konnte absolut tödlich sein.
Aber dann blickte ich durch die Lorgnette Lovely Boscyk an - und ich
zuckte
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