PR TB 109 Das Unsichtbare Netz
das kann er nicht sein, denn ich habe ihn
konstruiert, gebaut und programmiert!«
»Wahrscheinlich warst du voll wie eine Strandhaubitze, als
du seine Positronik programmiertest, Bruderherz. Anders kann ich mir
nicht erklären, warum George eindeutig gegen die Asimovschen
Robotergesetzte verstoßen hat.«
»Ich war nüchtern wie ein saurer Hering«,
widersprach der Raumkapitän. »Allerdings habe ich ihm
einen gewissen persönlichen Entscheidungsraum hinsichtlich der
Robotergesetze einprogrammiert. Ich wollte schließlich keine
Jasagepuppe um mich haben.«
»Zum Dank dafür hat der Bursche uns hierher
verschleppt, uns vom übrigen Universum abgeschnitten, auf einer
Schneewelt ausgesetzt und sich aus dem Staub gemacht«,
erwiderte Mabel.
Guy wurde dadurch daran erinnert, daß auch die Funkanlagen
der HER BRITANNIC MAJESTY II unbrauchbar gemacht worden waren. Abrupt
stand er auf und verkündete:
»Ich werde mich draußen ein wenig umsehen. Wo befindet
sich meine Expeditionsausrüstung für Kaltwelten?«
»In der keimfreien Kammer. Ich werde sie holen, Guy.«
»Nicht nötig, Mabel, ich komme mit.«
Kurz darauf kleidete Guy Nelson sich praktisch so an wie zuvor
sein RobotAssistent George. Der pelzgefütterte geheizte Anzug,
ein ebenfalls geheizter Helm, Tornister, Jagdgewehr und
Schiausrüstung - das alles entsprach äußerlich der
Ausrüstung des Roboters.
Zuletzt verabschiedete Guy sich von seiner Schwester durch einen
Kuß auf die Wange.
»Halte die Stellung gut, mein Kind, und laß es dir
nicht langweilig werden«, sagte er.
Mabel schüttelte den Kopf.
»Ich werde stricken, Guy. Wie du weißt, muß ich
die Jacke für Reginald fertig machen.«
Der Raumkapitän verzog keine Miene. Er wollte die Gefühle
seiner Schwester nicht verletzen. Etwas hastig stieg er in das
abwärts gepolte Kraftfeld des Antigravs.
Nach dem Ausschleusungsvorgang schloß Guy das
Klarsichtvisier seines Klimahelmes. Der erste Windstoß hatte
sein Gesicht mit Schnee verkleistert.
Während er wartete, bis die Warmluft unter dem Visier den
Schnee in Wasser verwandelte, forderte er von den Außenmeßgeräten
der H.B.M. eine akustische Durchsage der Lufttemperatur an.
Im nächsten Moment hörte er über Helmtelekom, daß
die Lufttemperatur plus ein Grad Celsius betrug. Das erklärte
den wässerigen Schnee. Die Temperatur mußte in der letzten
halben Stunde rapide gestiegen sein, denn der erste indirekte Blick
in die Außenwelt hatte noch Wirbel von Pulverschnee gezeigt.
Guy aktivierte das Infrarot-Spürgerät, auch
Automatischer Okrill genannt, dessen zwei Sensoren im
Expeditionsanzug unterhalb der Kniescheiben saßen. Sie sandten
ihre Meßwerte elektronisch zu dem Mini-Computer der
Tornisteraggregate; dort wurden sie ausgewertet und die Ergebnisse im
Klartext durch den Helmempfänger geschickt.
Auf diese Weise konnte der Raumkapitän stets genau auf der
Linie der Wärmequelle bleiben, die sich inzwischen durch die
Weitergabe der Bewegungsenergie der Moleküle Georges
wellenförmig nach allen Richtungen ausgedehnt hatte.
Ein Roboter stellte natürlich durch seine Kernkraftstation
eine intensivere Wärmequelle dar als ein Mensch, und so ließ
sich auch die kinetische Infrarotspur eines Roboters erheblich besser
verfolgen als die eines Menschen.
Guy Nelson kam denn auch recht gut voran, und als nach etwa
zwanzig Minuten der Schneefall aufhörte, konnte er sich
erstmalig in weiterem Umfang orientieren.
Er stieg auf einen Hügel und sah sich um.
Im Norden erblickte er die hundertfünfzig Meter äquatorial
durchmessende, an den Polen stark abgeplattete HER BRITANNIC MAJESTY
II, ein Raumschiff, bei dessen Anblick sein Herz jedesmal höher
schlug. Sie war ungefähr anderthalb Kilometer entfernt.
An dem noch sichtbaren Teil seiner Spur sah Guy, daß er in
Richtung Süden gelaufen war. Links, im Osten, standen
verschneite Nadelbäume, die um so dichter wurden, desto mehr man
nach Süden blickte.
Guy sah, daß er auf Georges Spur durch eine breite Schneise
gelaufen war,
die sich zwischen Nadelbäumen hindurch schlängelte, und
trotz der unter dem Schnee verborgenen Uferböschungen zweifelte
der Kapitän nicht daran, daß George und er sich auf der
Schneedecke eines zugefrorenen Flusses bewegt hatten.
Er lächelte, klappte das Helmvisier hoch und sagte:
»Ich wette, du hast dir genau überlegt, was du tust, du
alte Blechbüchse. Aber wenn du gedacht hast, ich würde im
Schiff auf deine Rückkehr warten, dann hast du dich geirrt.«
Er
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