PR TB 114 Sternenlotus
mit dem Schweber zum „Sequoia-Hotel“
flog, folgte Klackton mit Hilfe des Pulsatortriebwerkes seines
Kampfanzuges. Annemy hatte ihm den zweiten Kampfanzug übergeben
und ihm aufgetragen, in der Halle des Hotels Unterschlupf zu suchen
und nichts zu unternehmen, bis er von ihr hörte. Klackton,
obwohl nun Kommandant des Unternehmens, hatte keine Widerrede gewagt
und hoch und heilig versprochen, geduldig auf ein Zeichen von ihr zu
warten.
Das „Sequoia-Hotel“ war das größte Bauwerk
von Florapolis. Es hatte vierzig Etagen und die Form einer
stufenförmig ansteigenden Vierkant-Pyramide. Von weitem konnte
man glauben, daß es sich nicht um ein Bauwerk, sondern um einen
bewaldeten Hügel handelte. Erst wenn man ganz nahe kam,
schimmerten gelegentlich durch das Pflanzengrün der Terrassen
Kunststoff und Glas hindurch.
Als der Schweber mit Annemy auf einer 50-Quadrat-meter-Terrasse
der zwanzigsten Etage landete, war es Abend, und die untergehende
Sonne spiegelte sich purpurn in den großen Glasfenstern. Annemy
entstieg dem Schweber und näherte sich auf dem moosbelegten
Terrassenboden den beiden offenstehenden Türflügeln in der
Glaswand. Der darunterliegende Wohnraum lag im Dämmer
licht. Für einen Augenblick hatte sie geglaubt, daß sie
auf der Terrasse eines leerstehenden Apartments abgesetzt worden sei,
doch als sie im Eingang des Wohnraums stand, erblickte sie sofort die
schlanke Gestalt, die inmitten einer Sitzgruppe aus mobilen Elementen
saß.
„Ich habe schon befürchtet, Sie würden nicht mehr
kommen“, sagte Mory Rhodan-Abro mit ihrer angenehmen, vollen
Stimme, in der ein leiser Tadel lag.
Annemy ließ sich v>m Tonfall ihrer Stimme nicht täuschen.
Allein die Tatsache, daß man den Schweber mittels Fernsteuerung
auf der Terrasse der Frau des Großadministrators gelandet
hatte, alarmierte sie.
Mory Rhodan-Abro war nach Klacktons Aussage immerhin vom
Sternenlotos befallen!
„Es tut mir leid, daß ich mich etwas verspätet
habe...“, begann Annemy, aber Mory brachte sie mit einer
Handbewegung zum Schweigen.
„Nicht doch“, sagte die Frau des Großadministrators.
„Ich finde sogar, daß Sie ziemlich schnell zurück
waren. Wenn man bedenkt, was Sie in dieser kurzen Zeit alles erledigt
haben... Aber nehmen Sie doch Platz, Annemy. Ich darf Sie doch so
nennen?“
Annemy setzte sich wie benommen der Frau des Großadministrators
gegenüber. Jetzt erst merkte sie, daß Mory ein braunes,
knöchellanges Cocktailkleid mit tiefem Dekollete trug.
„Einen Drink?“ fragte Mory.
Annemy schüttelte den Kopf. Die ganze Szene kam ihr so
wirklichkeitsfremd wie in einem Traum vor, daß sie nicht die
richtigen Worte fand. Wie sollte sie sich verhalten? Wußte Mory
bereits von Klacktons Flucht?
„Was haben Sie im Gefängnis ausgerichtet?“
erkundigte sich Mory ohne besonderes Interesse.
„Ich habe Korporal Klackton besucht...“, stotterte
Annemy. Sie unterbrach sich, als sie merkte, wie unsinnig ihre Worte
waren. Nachdem sie sich geräuspert hatte, fuhr sie mit fester
Stimme fort: „Klackton hat mir eine haarsträubende
Geschichte erzählt. Zuerst glaubte ich, er habe tatsächlich
den Verstand verloren. Aber dann merkte ich, daß er mich nur
ablenken wollte. Als sich ihm die Gelegenheit bot, schlug er mich
nieder und flüchtete.“
Mory hatte die ganze Zeit über still vor sich hin gelächelt.
Als Annemy geendet hatte, sagte sie: „Und nach Korporal
Klacktons Flucht haben Sie beide sich im USO-Stützpunkt wieder
getroffen.“
Als Annemy sich entlarvt sah und aufspringen wollte, machte Mory
eine beschwichtigende Handbewegung.
„Regen Sie sich nicht auf, Annemy, ich mache Ihnen aus Ihrer
Verhaltensweise keinen Vorwurf. Unter den gegebenen Umständen
konnten Sie gar nicht anders handeln. Major Launghit hat vor fünf
Minuten angerufen und mir alles über den Vorfall erzählt.
Ich kenne die Einzelheiten, so daß Sie sich nicht zu bemühen
brauchen.“
„Was hat Ihnen Major Launghit erzählt?“ fragte
Annemy mit belegter Stimme.
Mory zuckte die Achseln. „Eben alles - so wie es sich
zugetragen hat.“ Sie seufzte. „Dieser Korporal Klackton
ist tatsächlich ein Unikum, gegen das kein Kraut gewachsen ist.“
„Das kann man wohl sagen“, stimmte Annemy zu und
beobachtete ihr Gegenüber scharf. „Gegen Klack-Klack hilft
nicht einmal der Sternenlotos.“
Mory ließ keine Reaktion erkennen.
Sie sagte nur: „Ich glaube, Sie brauchen doch einen Drink,
Annemy.“
Mit diesen Worten erhob sie sich,
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