PR TB 116 Söldner Fur Rom
unsere Räume, und ich bemerkte, daß
auch nichts von meinen wertvollen Einrichtungsgegenständen
gestohlen oder fortgeschafft worden war. Was war wirklich geschehen?
Lalaga brachte Wein und Becher, und dann berichtete sie.
Zunächst hatten sie von dem Überfall auf der Straße
nach Ostia erfahren. Man hatte festgestellt, daß vierundfünfzig
Männer uns angegriffen hatten. Sieben von ihnen waren am Leben
geblieben. Einer von ihnen aber hatte sich nach Rom durchgeschlagen,
war bei Marcus Vinicius vorgelassen worden und hatte ihm meine
Botschaft ausgerichtet. Sogar das Goldstück mit meinem Kopf
darauf gab er dem Berater Neros. Daraufhin habe Vinicius einen
Tobsuchtsanfall bekommen, den Boten erwürgt und dann tagelang
nachgedacht.
Dann waren überall die Häscher Neros aufgetaucht. Sie
suchten nach Christen, die in vielen Fällen auch gleichzeitig
Judäer waren. Man hatte sie wie Vieh zusammengetrieben und in
einer Anzahl von Veranstaltungen zerfleischen und bestialisch zu Tode
quälen lassen.
„Wie oft waren die Schergen hier?" fragte ich.
„Viermal."
„Haben Sie Arria ...?"
Sie hatten das Mädchen beim erstenmal nicht entdeckt. Seneca
hatte ihnen sagen müssen, daß er das Mädchen zu uns
geschickt habe. Arria war von Ktesios in einem Haufen Heu, draußen
auf den Feldern, versteckt worden. Alle Sklaven und Arbeiter sagten
den Häschern, daß sie nicht wüßten, wo sich das
Christenmädchen aufhielte. Die Abgesandten Vinicius' waren
unverrichteter Dinge abgezogen. Zwei Tage später waren sie zum
zweitenmal da. Diesmal hatte Ktesios Arria nach Rom auf den Markt
geschickt, und ein Sklave fing sie ab und versteckte sie, als sie
zurückkam. Das dritte Mal konnte sie sich nur noch im Kamin des
Hauses verbergen, weil sie überrascht worden waren. Und beim
viertenmal erschien Vinicius persönlich, durchsuchte alles und
fand Arria in den Stallungen. Gegenwehr war sinnlos und
selbstmörderisch; man nahm sie mit. Einige Wochen später
mußte Ktesios mitansehen, wie sie von ausgehungerten Löwen
zerfleischt wurde.
„Nero!" sagte ich fast unhörbar.
„Weiter. Was ist außerdem vorgefallen?" fragte
ich und zog sie an mich.
Ktesios hatte sich als wahrer Freund und umsichtiger Helfer
erwiesen. Er konnte Arbeiter und Sklaven hervorragend behandeln; lang
genug war er einer der Ihren gewesen und war es de jure noch immer.
Das Gut und alle seine Ländereien waren in diesem halben Jahr
zur Zufriedenheit aller bewirtschaftet worden. Man hatte sogar ein
Stück Moor trockengelegt und darauf Gras gesät. Die
Vorratskammern waren gefüllt; jeder von uns konnte dem
regnerischen und kalten Winter getrost entgegensehen.
„Was tat Ktesios sonst?"
Sie sah mich an und lächelte, als sei sie froh, sich endlich
alles von der Seele geredet zu haben.
„Er wird dir viel zu berichten haben. Der Senat empört
sich immer mehr gegen Cäsar Nero, und es gibt viele Verschwörer.
Sogar das Volk in den Schenken und Bordellen regt sich auf."
„Ausgezeichnet", meinte ich. „Das beschleunigt
das Ende dieses Tyrannen. Ich habe mich entschlossen, Nero zu
vernichten."
„Vernichten! Du willst den Cäsar ermorden?" fragte
sie voller Entsetzen.
Ich schüttelte den Kopf.
„Ich sprach nicht von Mord. Aber ich werde versuchen, ihn in
eine Lage zu bringen, in dem ihm nichts anderes übrigbleibt, als
sich selbst umzubringen."
Ktesios kam erst spät in der Nacht, und als Lalaga; den
Frühstückstisch abgeräumt hatte, konnten wir uns
unterhalten.
„Zunächst danke ich dir!" sagte ich und musterte
meinen Freund über die Tischplatte hinweg. Er hatte eine
rätselhafte Fähigkeit, sich von seinen nächtlichen
Abenteuern innerhalb von Stunden vollkommen zu erholen.
„Wofür, Söldner?" fragte er zurück.
„Dafür, daß du mich vertreten hast. Ich sah, daß
dieses Gut in einem Zustand ist, der des großen Römischen
Reiches würdig wäre."
Er lachte und schüttete einen halben Liter warme Milch in
sich hinein.
„Das erledigte ich nebenbei. Wie war es in den Silberminen?"
„Gräßlich!" sagte ich und winkte ab.
„Ich hörte, man habe dich vergiften wollen, aber dank
deiner wunderbaren Gesundheit und dem Willen der Götter genasest
du in Windeseile!" sagte er und grinste.
„So war es. Und da ich es für besser halte, ein wenig
aus der Deckung hervorzutreten, kannst du in den nächsten
Nächten das Gerücht ausstreuen, ich sei unverwundbar und
durch Gift nicht zu töten."
Ganz plötzlich wurde er ernst. Er begriff, was ich meinte.
„Du
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