PR TB 118 Planet Der Kidnapper
Die ersten Häuser der Stadt lagen etwa fünfzehn
Kilometer entfernt am Rand der Bucht, die vom Landeplatz her nicht
eingesehen werden konnte. Umgekehrt war es unmöglich, daß
die Bewohner der Stadt das Raumschiff sehen konnten, wenn sie nicht
gerade die Steilküste erkletterten.
»Morgen werden wir uns die Gegend ansehen«, sagte
Bully, nachdem Major Bender den übrigen Besatzungsmitgliedern
eine Ruhepause empfohlen hatte. »Da allem Anschein nach hier
jede moderne Technik fehlt, wird es auch keine hochempfindlichen
Orter geben, die unsere Deflektorschirme aufspüren. Wir werden
also bei unserem ersten Besuch unsichtbar sein.«
»Ich bin auf Gesine gespannt«, ließ sich Gucky
vernehmen. »Außerdem habe ich ein paar Fragen an sie.«
Bully nickte.
»Allmählich beginne ich mich mit dem Gedanken
anzufreunden, daß es durchaus möglich wäre, sich mit
ihr zu unterhalten. Die Koordinaten jedenfalls scheinen richtig
gewesen zu sein.«
»Unsere Spezialabteilung wird ein neues Mitglied erhalten«,
vermutete Ras ohne Ironie.
Dr. Rotkels Gleiter landete mitten auf dem Feld und startete
sofort wieder, nachdem der Arzt ausgestiegen war. Er konnte die
Lichter der nahen Farm deutlich sehen. Old Ham hatte ihm alles genau
beschrieben und ihn ermahnt, vorsichtig zu sein. Der Führer der
radikalen Gruppe, Brandix, hatte überall seine Spione.
Er ging auf das Licht zu, umrundete einige Stallungen und Scheunen
und gelangte schließlich zum Eingang in das Wohnhaus. Er
klopfte, dann hörte er Geräusche. Ein Mann öffnete
vorsichtig die Tür und betrachtete ihn erstaunt.
»Was wollen Sie denn so spät in der Nacht?«
erkundigte er sich mißtrauisch. »Haben Sie sich verirrt?«
»Old Ham schickt mich zu Ihnen. Würden Sie mich bitte
hereinlassen? Ich fühle mich dann sicherer. Wie geht es Gesine?«
Der Mann trat zur Seite und schloß dann die Tür wieder.
»Wenn Sie die Kuh meinen, so brauchen Sie sich keine Sorgen
zu machen. Ich glaube, daß sie sich wohl fühlt. Sie ist im
Stall bei den anderen Tieren.«
»Tiere? Was haben Sie für Tiere?«
Sie erreichten die hellerleuchtete Küche. Die Frau des
Farmers saß am Tisch und besserte Kleidungsstücke aus. Sie
betrachtete Rotkel ein wenig ängstlich, aber ihr Mann winkte ihr
beruhigend zu.
»Das ist. wie war der Name?«
»Dr. Rotkel.«
»Ja, das also ist Dr. Rotkel, dem Gesine gehört. Old
Ham hat ihn geschickt. Du brauchst keine Angst zu haben, er gehört
bestimmt nicht zu Brandix' Leuten.« Er nickte Rotkel zu.
»Setzen Sie sich, bitte. Seit wir Gesine im Haus haben,
befürchtet meine Frau ständig, daß uns Brandix auf
den Hals kommt.«
Er holte einen etwas säuerlichen Wein und trank Rotkel zu.
»Eigene Produktion?«
»Allerdings, wenn auch kein guter Jahrgang. Wir leben
einfach und glücklich hier, und wenigstens in dieser Hinsicht
hat Brandix recht. Er will, daß es so bleibt. Nur sind wir
nicht alle mit seinen Methoden einverstanden. Er setzt uns unter
Druck.«
»Warum unternimmt eigentlich die Regierung nichts gegen
ihn?«
»Weil wir frei sind, deswegen. Jeder darf seine Meinung
sagen. Das tut Brandix. Nur geht er manchmal ein wenig zu weit, indem
er mit merkwürdigen Mitteln die Meinung der Öffentlichkeit
zu beeinflussen versucht. Und jetzt scheint er auch noch gefährlich
zu werden. Jedenfalls hat er gedroht, mit allen Mitteln dafür zu
sorgen, daß man Sie und die Kuh nicht nach Tahun zurückbringt.«
»Es sieht ganz so aus, als hätten seine Bemühungen
Erfolg. Wenn er das Schiff zerstört, sitze ich hier fest.«
»Und niemand wird uns finden«, bestätigte der
Farmer. »Ich wäre glücklich darüber, ehrlich
gesagt, aber ich sehe nicht ein, warum man dieses Ziel mit Gewalt
erreichen will. Das widerspricht unserem Freiheitsprinzip, deshalb
bin ich dagegen.«
Rotkel nippte an seinem Glas.
»Kann ich Gesine sehen?« fragte er dann.
»Sie wird schlafen, Doktor. Sie hat den ganzen Nachmittag
mit den Kindern gespielt und ist müde. Die Kinder jedenfalls
schlafen wie die Toten.«
»Ich werde sie nicht aufwecken.«
»Die Kinder?«
»Gesine meine ich. Ich will mich nur davon überzeugen,
daß sie gesund ist.«
Der Farmer seufzte.
»Also gut, dann kommen Sie. Ich zeige Ihnen den Stall.«
Er nahm eine schwach leuchtende Lampe und ging voran. Der Himmel
war bewölkt und verdeckte die Sterne. Rotkel hatte ein
undefinierbares Gefühl, als sie über den dunklen Hof
gingen, aber trotz seiner manchmal seltsam anmutenden Gewohnheiten
war er kein Feigling.
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