PR TB 122 Der Herr Von Exota Alpha
Brandung
bewegten. Die auslaufende Welle hob das Boot hinten hoch, ließ
es schneller werden und schob es auf den Strand, wo es mit einem
zischenden, schleifenden Geräusch anhielt. Cascal wurde halb aus
seinem Sitz am Ruder gehoben und sprang ins knöcheltiefe Wasser.
Er sah sich langsam um.
Die Wächter, die hinter den leeren Augenhöhlen Scarrons
verborgen gewesen waren, hatten ihren Standort gewechselt und sahen
Cascal stehen, und neben dem Schatten des Mastes und des Segels
seinen langen Schatten. Ein schlanker, hochgewachsener Mann mit
heller Kleidung und Stiefeln, die bis halb unters Knie reichten.
Seine Bewegungen waren schnell und sicher, als er sich abwandte, das
Segel herabließ und das Boot so weit auf den Strand hinaufzog,
wie er konnte. Dann ging er fünfzig Schritte über den Sand
und blieb abermals stehen, als er den Wall aus Schwemmgut erreicht
hatte, den die Brandung der Stürme zusammengetragen hatte.
»Zuviel Ruhe. Also werde ich beobachtet!« stellte er
fest.
Eine Insel war von allen Seiten vom Wasser begrenzt und weit am
Horizont von den anderen Inseln, die im Halbkreis angeordnet waren.
Er würde also eine kleine, überschaubare und geordnete Welt
vorfinden, in der alles seine Bedeutung und seinen Platz hatte.
Vielleicht fand er auch Scarrons Geheimnis.
Er vergewisserte sich, daß sein Schockstrahler entsichert in
der Tasche unter der Schulter ruhte, nahm einen tiefen Atemzug der
salzigen Meeresluft und kletterte den gekrümmten Pfad aufwärts.
Mehrere Male erkannte er den Abdruck von Füßen, die in
dünnen Lederschuhen steckten. Eine Hecke aus blühenden,
stechend riechenden Pflanzen nahm ihn auf, und zwischen Ranken und
Dornen stieg Joaquin aufwärts. Irgendwo zwitscherten Vögel.
Andere Vögel, weiß und schwarz gestreift, kreisten hoch
über ihm. Es roch stellenweise nach verfaulendem Fisch.
Die Sonne stieg in seinem Rücken. Es wurde heißer.
»Rätselhaft!« murmelte er, als er einen kleinen
Platz erreichte, der von einer sandigen Fläche zwischen konkav
ausgewaschenen Felsnadeln gebildet wurde. »Ich rechnete
eigentlich damit, längst gestellt worden zu sein.«
Er lehnte sich an einen Felsen. Plötzlich überkam ihn
eine Art Gleichgültigkeit, die er nicht erklären konnte.
Vermutlich war es das Erkennen, daß so wenig von ihm und so
viel von anderen Menschen und anderen Dingen abhing; es ging so
schnell vorüber, wie es gekommen war.
Er schirmte seine Augen ab und sah sich um.
Unter ihm lag die zungenförmige Bucht. Die Wellen hatten ganz
leichte weiße Schaumkronen; im Bereich hinter den
vorspringenden Felsen der rechten Seite war das Wasser ruhiger. Joak
sah den Pfad, winzig klein sein Boot, das auf dem Sand lag, und seine
Fußspuren.
Er sah von hier aus eine schmale Treppe, deren Stufen in der Mitte
glänzten. Sie führte von einem Punkt, den er nicht einsehen
konnte, links von ihm, bis zum Beil, das in Scarrons Schädel
steckte, bis zu der funkelnden Schneide, die geglättet und mit
Metall belegt war. Niemand befand sich auf diesem Weg. Cascal drehte
sich um und trat einen Schritt aus dem Schatten heraus. Nunmehr war
er sicher, daß sie ihn schon längst bemerkt hatten. Er
hoffte nur, daß sich seine Theorie über diesen
Fragenkomplex ungefähr in den richtigen Verhältnissen
bewegte. Dann nämlich konnte er seine neue Rolle
eine Zeitlang unentdeckt spielen.
Er hörte das Rauschen des Windes, der an den genügsamen
Pflanzen zerrte und sie in einer Reihe kurzer Erschütterungen
traf. Dieser Abhang hätte ein Teil der terranischen
Mittelmeergegend sein können. Kleine Tiere, den Eidechsen nicht
unähnlich, huschten über den Sand und verbargen sich im
Schatten lanzettförmiger Blätter.
»Weiter!« sagte Cascal.
Etwa zwei Stunden stand jetzt die Sonne am Himmel. Joak drehte
sich um und erkannte die Fortführung des Pfades. Jetzt befand er
sich etwa in halber Höhe des Hanges, auf einer Insel, deren
Durchmesser an der breitesten Stelle dreitausend Meter betrug. Je
hoher er kam, desto dichter wurde der Bewuchs. Endlich trat er in den
Schatten einer Reihe von Jiyamas und blieb weiterhin wachsam. Der
Pfad, jetzt nur noch eine festgetretene Spur in der Schicht aus
trockenem Laub, kleinen Pflanzen und vermodernden Holzteilen, war mit
Tierkot übersät. Cascal folgte der Spur bis zu einem Punkt,
wo der erste Hang abbrach und den Blick in ein amphitheatralisches
Tal freigab. Es war wie ein Dreieck geformt, dessen niedrigster
Punkt, eine Spitze, in einer doppelten Reihe weißer
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