PR TB 134 Das Parachron Attentat
mich mit Ihren Worten nicht zufriedengeben«,
erklärte er. »Zunächst wird das Wrack untersucht. Man
wird sich bemühen, die Ursache des Unfalls eindeutig zu
ermitteln. Und Ihnen steht selbstverständlich ein
psychophysisches Verhör bevor.«
Julian erhob sich gelassen aus seinem Sessel.
»Ich kenne Leute«, bemerkte er leichthin, »die
leiden viel weniger anVerfolgungswahn als Sie.«
Der andere Tif flor ging nicht darauf ein.
»Kehren Sie aufIhren Posten zurück!« befahl er
seinem Doppelgänger.
In Wirklichkeit war er mit dem Ausgang des Verhörs nicht
sonderlich unzufrieden. Seine Argumente waren plausibel gewesen.
Nicht zuletzt sprach der Umstand, daß er sich so bald bei dem
Tyrannen gemeldet hatte, für ihn. Er war bereit zu glauben, daß
das Wrack des Fahrzeugs nach der Unfallursache durchforscht werden
würde. Aber er zweifelte, ob ein psychophysisches Verhör
wirklich beabsichtigt war. Das Verhör würde ihn mehrere
Wochen lang aus dem Verkehr ziehen, indem es ihn in die Obhut eines
Psychiaters zwang. Dem Diktator konnte nichts daran liegen, sein
Double für eine derart lange Zeitspanne zu verlieren und
obendrein andere Leute ins Vertrauen ziehen zu müssen.
In aller Ruhe wartete er drei weitere Tage ab. Das Leben in dem
kleinen Appartement war langweilig, aber er zwang sich dazu, die
Langeweile ohne Murren zu ertragen. Einmal ersuchte er den anderen
Tifflor um die Genehmigung zu einem weiteren Stadtausflug, erhielt
jedoch eine abschlägige Antwort. Man hatte ihn mit einer neuen
Uniform ausgestattet, aber Yellow war nicht ersetzt worden. Er
hattejetzt nur noch Blue als Wärter.
Am vierten Tag setzte er den Radiokom-Anschluß in Betrieb
und führte ein kurzes Gespräch. Dahya meldete sich sofort.
»Der Heimatlose«, stellte er sich vor, als er den
fragenden Ausdruck auf ihrem Gesicht bemerkte. »Sehen Sie hier:
die Beule!«
Sie lächelte.
»Das war notwendig. Die Ähnlichkeit ist wirklich
unglaublich!«
»Ich möchte Sie fragen ...«
»Ich weiß! Die Teile sind beschafft. Mehr als das! Wir
haben ein Arbeitsteam gebildet. Sie brauchen sich um den Zusammenbau
der Apparatur nicht zu kümmern. Morgen abend steht alles.«
Er war erstaunt.
»Ich ahnte nicht, daß Bully soviel von
Parachron-Phy-sik versteht.«
»Es war nicht Bully«, wehrte sie ab. »Wir haben
ein paar Wissenschaftler in unserem Team.«
»Also, wo?« fragte er.
»Im Edenhall-Park. In der Nähe des Unfallorts.«
»Wann soll ich dort sein?«
»Können Sie sich das einrichten?«
»Zumindest innerhalb gewisser Grenzen«, lächelte
er. »Schließlich habe ich meinen Plan.«
»Morgen, gegen Mitternacht?«
Er überlegte kurz.
»Abgemacht.«
Er sah, daß sie abschalten wollte.
»Warten Sie noch einen Augenblick«, bat er. »Sie
wissen, daß die Möglichkeit besteht, daß dieses
Gespräch abgehört wird. In diesem Fall sind wir beide so
gut wie tot. Ich möchte Ihnen danken für alles, was Sie für
mich getan haben. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken
soll, aber... ich bin Ihnen und Ihren Freunden unendlich dankbar.«
Sie sah ihn voller Ernst an. Und dann, plötzlich, sagte sie
etwas völlig Unerwartetes.
»Die Dahya aufIhrer Welt muß eine glückliche Frau
sein.«
Dann schaltete sie ab.
Am nächsten Tag begann Julian mit den Vorbereitungen zu
seinem nächtlichen Unternehmen. Er entnahm der kleinen
Bibliothek einen Bildband, dessen Inhalt aus etwa neunzigtausend
Worten mit
insgesamt fünfhunderttausend Buchstaben oder Zeichen bestand,
und plazierte ihn auf den Belegleser, den er zuvor betriebsbereit
gemacht hatte. Ebenso hatte er den Rechneranschluß aktiviert.
Er stellte die Verbindung mit dem Computer her und erteilte den
Befehl, daß alle dem Bildband entnommene Information im
Kernspeicher des Rechners aufzubewahren sei.
Der Belegleser brauchte rund drei Sekunden, um den Bildband, der
aus einem Streifen Mikrofilm bestand, von Anfang bis zu Ende zu
lesen. Die Automatik des Lesers war angewiesen, den Film
zurückzuspulen und von neuem zu lesen, bis ihr ein gegenteiliger
Befehl gegeben wurde. Das Zurückspulen nahm ebenfalls drei
Sekunden in Anspruch. Auf diese Weise wurden pro Minute rund fünf
Millionen Zeichen in den Kernspeicher des Computers gelesen. Julian
rechnete konservativ, daß die Kapazität des Kernspeichers
etwa eine Milliarde Zeichen betrug. War diese Milliarde eingelesen,
so hatte der Rechner keinen Platz mehr, um die Aufgaben zu
verrichten, die ihm angetragen wurden.
Julian ließ den Mikrofilm vierzig
Weitere Kostenlose Bücher