PR TB 137 Am Rand Des Universums
Gegenwart
wiederfinden, aber deine Wünsche gehen in die Zukunft. Wir
befinden uns am Rand des Universums, an der Grenze zwischen Materie
und Energie. Die Galaxien, die sichjenseits dieser Grenze befinden,
sind dabei, sich aufzulösen. Sonnen werden zur Nova, und ihre
Planeten verwandeln sich in energetische Gaswolken. Das intelligente
Leben hat diese Entwicklung mitgemacht und kann in diesem
Energieinferno existieren, so wie ein körperliches Wesen nur auf
einer materiell vorhandenen Welt existieren kann. Ich habe dir schon
gesagt, daß ich über mich selbst und meine Aufgaben nichts
sagen darf, nur so viel: Meine Rasse, und damit ich, befindet sich in
einem Übergangsstadium. Wenn ich die Grenzen des materiellen
Universums überschreiten und in die Zukunft vordringen würde,
würde ich die kontinuierliche Entwicklung überspringen. Das
ist der Grund, warum ich dieses Universum nicht verlassen darf. Du
aber darfst es noch viel weniger als ich. Du bist ein Zufallsprodukt.
Ich aber bin das Produkt einer natürlichen Entwicklung. Das ist
der Unterschied zwischen uns. Du darfst meine Worte nicht als
Diskriminierung auffassen, denn sie sind nichts als eine sachliche
Feststellung. Ich fühle mich dir und deinem Schicksal verbunden,
und wir sind Freunde. Wie wirst du dich nun entschließen?"
Ernst Ellert sah sich vor eine Entscheidung gestellt, die er nicht
so schnell fällen konnte. Auf der einen Seite lag ihm daran, die
Erde und damit die Gegenwart wiederzufinden, auf der anderen Seite
bot sich ihm die einmalige Gelegenheit, die fernste Zukunft
kennenzulernen. Es dauerte sehr lange, ehe er dem Fremden, der sein
Freund war, mitteilte:
„Ich glaube, daß du mir eine Lehre erteilt hast. Wenn
man das Stück eines Kuchens probiert hat, und er schmeckt gut,
möchte man den ganzen haben."
„Was ist ein Kuchen?"
„Oh, nur eine Redensart. Ich wollte damit sagen, daß
ich einen kleinen Teil des Universums und der Ewigkeit kennengelernt
habe, und nun möchte ich alles kennenlernen. Ich glaube, das ist
zuviel verlangt. Hilf mir, mich selbst zu finden, dann habe ich auch
mein Volk und meine Welt wiedergefunden."
„Die Antwort ist einfach. Wir haben dieses Schiff, und wir
haben den Navigationsspeicher. Und wir haben den Dreibeiner Keron.
Der Bildschirm des Navigationscomputers wird dir
optisch zeigen, was du suchst. Ich weiß nicht, ob wir Erfolg
haben werden, aber zumindest ist es ein Beginn. Verzeih mir, aber ich
werde mich nun zurückziehen. Auch ein Energiewesen benötigt
Ruhe, um sich auf seine Aufgaben konzentrieren zu können. Wenn
du noch eine Frage hast, so stelle siejetzt."
Ernst Ellert hatte alle Fragen gestellt, die es zu stellen gab. Er
sagte:
„Ich glaube, daß ich deinen Rat befolgen werde. Unsere
Wege gehen in verschiedene Richtungen, der deine führt nach
vorn, der meine zurück. Aber Zurück ist meine Gegenwart.
Ich muß sie finden! Die Entscheidung fällt morgen."
„Wenn du festgestellt hast, daß du sie finden mußt,
ist die Entscheidung bereitsjetzt gefallen. Wir brauchen also morgen
nicht mehr darüber zu diskutieren. Ich ziehe michjetzt zurück."
Ernst Ellert wußte, daß die kalte Logik des Fremden keine
Argumentation vertrug. Sie wäre auch überflüssig
gewesen.
In seinem Eifer, seine ursprüngliche Gegenwart
wiederzufinden, war er zu weit in die Zukunft vorgestoßen. Er
hatte den Rand des Universums erreicht, und er mußte
zurückkehren. Zurück in das Reich der Materie, in die
Gegenwart. Der Übergang würde sich nur langsam vollziehen,
Jahrmillionen mochten darüber hingehen. Der Weg vom Saurier zum
Homo sapiens war genauso weit wie der Weg vom Homo sapiens zum Homo
mentalis. Er gehörte zu dieser letzten Gattung des Menschen,
aber seine Entstehung war reiner Zufall gewesen. Und im Vergleich zum
Menschen war er eine Gottheit, oder auch nur ein Geist, ein Spuk.
Es wurde ihm plötzlich klar, daß er nicht der einzige
sein konnte, abgesehen von dem Fremden, der das Ergebnis einer
natürlichen Entwicklung war. Soweit die Geschichtsschreibung der
Menschen auch zurückreichte, immer wieder war von rätselhaften
Erscheinungen und Spukgestalten die Rede. Im Grunde waren diese
Erscheinungen alle ein und dasselbe: die Bewußtseinsinhalte
intelligenter Lebewesen. Jedes Lebewesen, das intelligent war, besaß
einen Bewußtseinsinhalt. Und dieser wurde frei, wenn der Körper
starb. Aber er besaß nicht die Bewegungsfreiheit, die Ernst
Ellert durch Elektroschock bei den damaligen Experimenten
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