PR TB 150 Der Letzte Kurier
Er gab ein paar glucksende,
schnalzende Laute von sich, die die Translatoren mit „Dort...
dort... dort!" übersetzten. Es war schwierig, aus seinen
fuchtelnden Gesten die Richtung herauszulesen, die er meinte, aber
schließlich entdeckte Mark Richter eine kleine Lichtung, die am
westlichen Hang eines Hügels lag. Er wies Dalakka daraufhin. Der
Gleiter stieß in die Tiefe.
Die Lichtung selbst war allerdings das Ziel nicht, wie sich bald
herausstellte. Pahu wies den Hügelhang hinauf. Er hatte
anscheinend erkannt, daß das Fahrzeug dort, wo sich der
eigentliche Sitz der
Göttin befand, nicht landen konnte. Mark verzichtete darauf,
eine Wache bei dem Gleiter zurückzulassen. Er informierte Werman
über Mikrokom von der Entwicklung der Dinge. Dann begann der
Marsch den Hügelhang hinauf. Zuerst erschien das
Dschungeldickicht undurchdringlich; aber bald stieß Pahu, der
die Gruppe führte, auf einen Pfad, der in regelmäßigen
Abständen begangen zu werden schien.
Der Pfad mündete schließlich auf einen kleinen freien
Platz, der von allem Unterholz befreit war. In der Felswand gähnte
die Mündung einer geräumigen Höhle. Pahu deutete mit
großer Geste darauf und erklärte feierlich:
„Das Heim der Göttin!"
Unter eigenartigen Verrenkungen näherte er sich dem
Höhleneingang und verschwand darin. Man hörte ihn in der
Höhle hantieren, und nach einer Weile erschien weit im
Hintergrund ein rötlicher Lichtfunke. Pahu hatte einen Kienspan
entzündet, der die Höhle mit gespenstischem Zwielicht
erfüllte. Das Innere des Hohlraums war in seiner natürlichen
Form belassen worden. Nirgendwo hatte man die Wände bearbeitet.
In natürlich entstandenen Nischen standen kleine, grotesk
geformte Statuen, wahrscheinlich Abbilder der Göttin. Das größte
dieser Bilder befand sich im Hintergrund der Höhle, in
unmittelbarer Nähe des brennenden, qualmenden Kienspans. Es
zeigte eine Gestalt von wahrhaft umwerfender Beleibtheit. Das
Geschöpf, das die Statue darstellte, bestand in der Hauptsache
aus einem kugelförmigen Leib. Kopf, Arme und Beine waren winzige
Anhängsel, denen der unbekannte Bildhauer offenbar keinerlei
Bedeutung beigemessen hatte.
„Offenbar eine Fruchtbarkeitsgöttin", sagte Sarru
Nascimento leise.
„An was anderes sollte eine Frau denken!" spottete
Hormel Dalakka.
„Lassen Sie nur!" beschwichtigte Nasey Starrop. „Ich
glaube auch, daß es sich um eine Fruchtbarkeitsgöttin
handelt."
„Na klar! Weil Sie sich einschmeicheln wollen!"
„Hören Sie, alter Mann . . .!" protestierte
Starrop.
„Ruhe!" zischte Mark Richter.
Pahu hatte zu tanzen begonnen. Die Musik dazu machte er selber:
einen eintönigen, rhythmischen Gesang, in dem der Name der
Göttin ziemlich häufig vorkam. Beim Tanzen näherte er
sich des öfteren dem brennenden Span. Er hob die Hände zu
dem flackernden, rußenden Licht, und Mark Richter sah, daß
er zwischen den Fingern hindurch eine pulverige Masse in die Flamme
rinnen ließ. Die Flamme wurde unruhig. Sie fing an zu zischen
und zu prasseln und nahm eine grünliche Färbung an.
Beißender Geruch verbreitete sich in der Höhle.
„Oha!" knurrte Hormel Dalakka. „Vergiften lasse
ich mich nicht!"
„Halten Sie Ruhe!" fuhr Mark ihn an.
Pahus Gesang wurde lauter, der Rhythmus rascher. Das beißende
Gas schien den Schamanen in der Tat in eine Art Trance zu versetzen.
Er begann zu taumeln, seine Worte kamen nicht mehr zusammenhängend,
sondern abgerissen, mit letzter Kraft hervorgestoßen.
Schließlich brach er vor dem Bild der Göttin zusammen.
War es Zufall oder präzise Planung - aufjeden Fall erlosch
der brennende Span im selben Augenblick. Finsternis herrschte in der
Höhle, doch dann begann das Bildnis der Göttin plötzlich
von innen heraus zu leuchten. Der beißende Rauch des Spans
hatte Mark Richter ein wenig benommen gemacht. Er zog das in Rechnung
und glaubte dennoch, deutlich zu sehen, wie das Bildnis sich aus der
Nische löste und in den Höhlenraum schwebte. Dort, etwa in
der Mitte, hielt es an. Das Leuchten war von geheimnisvollem Blau und
recht intensiv, so daß die Unebenheiten des Bodens und der
Wände deutlich zu sehen waren.
Und dann, plötzlich, begann das Bildnis zu sprechen.
„Sagt mir", forderte eine tiefe, hohle Stimme in der
Sprache der Eingeborenen, „wer ihr seid und woher ihr kommt."
Mark Richter gab später unumwunden zu, daß er in diesen
Augenblicken einen unbehaglichen Schauder empfand. Er war angespannt
bis zur letzten Nervenfaser. Die
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