PR TB 152 Der Stadtebauer
Meine Finger lagen um den Griff des schweren
Dolches. Mit einem Aufstöhnen zuckte einer der Angreiferzusammen
und schlug, vom Lähmstrahl getroffen, schwerzu Boden.
"Kämpft, Männer!" schrie Shahi gellend neben
mir.
Die Bogenschützen feuerten einen Pfeil nach dem anderen ab.
Viele donnerten mit ihren dreieckigen Kupferspitzen in die Bäume
und in den weichen und feuchten Waldboden, aber auch die Angreifer
wurden getroffen. Jetzt hörten wir aus dem Halbdunkel die ersten
Schreie. Mindestens zwanzig Männer lagen bewußtlos
aufdemBoden.
"Macht Gefangene!" fügte ich laut hinzu. Vielleicht
war das die einzige Möglichkeit, unsere Stadtzu bevölkern.
Die fünf Elefanten bewegten sich geschicktzwischen den Stämmen
fächerförmig auseinander und, wurden stets dorthin gelenkt,
wo die Treiber die größte, Gruppe der Waldbewohner sahen.
Wie eine Fledermaus, huschte Khiji vor uns im Zickzack durch die
untersten Äste und schoß seine Lähmstrahlen ab.
„Dein Vogel ... !" rief Shahi erschrocken. "Was
tut er? Ich habe noch niemals ...“ sie lenkte mit dem
Schildrand einen Speer ab, „einen Seeadler so kämpfen
sehen.''
Ich erwiderte kurz:
"Es ist ein Zaubervogel. Er beschützt dich und mich!"
Sie antwortete nicht. Der Kampf schien zu Ende zu gehen; fast so
plötzlich, wie er angefangen hatte. Die Elefanten rannten wieder
aufeinander zu, drehten sich herum und bildeten eine Kette. Wirjagten
etwa zwei Dutzend Waldbewohner auf den Waldrand zu. Sie waren
erschöpft, und die gewaltigen Beine der grauen Tiere vermieden
es, auch nur in die Nähe eines derZusammengebrochenen zu kommen.
Die Krieger schlugen die Flüchtenden mitden breiten Seiten
derÄxte nieder, und nurdrei odervier von ihnen entkamen.
Aufgeregt trompetend brachen die Elefanten wieder durch die Lücken
im Buschwerk hinaus ins Licht des Pfades.
"Beruhigt die Tiere!" rief Shahi. "Und bindet die
Gefangenen!"
Sie hatte während des kurzen Überfalls eine erstaunliche
Kaltblütigkeit gezeigt. Immer mehr wunderte ich mich über
die Frau, die aussah, als wäre sie vierundzwanzig Sommer alt und
handelte, als sei sie achtzig und entsprechend erfahren.
Sie verstaute die Waffen wieder an der Seite des Sitzes und drehte
mir ihr Gesicht zu, Es glänzte aufgeregt, ihre Augen schienen
vergrößert zu sein. Nur langsam flaute die Erregung ab.
,Wir haben rund dreißig Gefangene!" sagte sie leise.
,Diejenigen, die uns entkommen sind, werden von uns berichten.
Vielleicht kommen sie wieder, mitVerstärkung. Siehst du den Turm
dort?"
Ich hatte das schwarze Bauwerk in den letzten Augenblicken
ununterbrochen angesehen. Es beherrschte das Tal wie eine Art Fluch.
Bei Sonnenaufgang wurde die Flanke des Turmes beleuchtet, im Mittag
warfen die, Vorsprünge weite Schatten, und abends mochte sich
derTurm als drohende Silhouette gegen Sonne und Himmel abzeichnen.
"Wie könnte ich ihn nicht sehen?"
"Ich wollte dir dieses Tal und den Turm zeigen. Ich war
niemals hier. Ich habe alles erträumt und in Legenden erfahren."
Sie legte dem Treiberdie Hand aufdie Schulter und befahl:
"Bring uns zu dem Turm!"
Derjunge Mann im Lederpanzer zuckte zusammen und drehte sich
erschrocken um. Erwar entsetzt. Sein Gesichtwurde leichenfahl.
"Göttin!" stieß er hervor. "Muß
ich das tun? Ich fürchte mich! Es liegt ein Fluch über dem
Tal!"
Sie sah ihn bestimmt, aber keineswegs unfreundlich an. Ich schwieg
und wartete, was geschehen würde. Die Unruhe des Treibers
übertrug sich auf den schweren Elefantenbullen, und das Tier riß
den Kopf hoch und peitschte die Luft mit dem Rüssel. Shahi sagte
in beiläufigem Ton:
"Möchtest du wieder zurück auf die Felder, oder
ziehst du es vor, der Schwarzen Göttin zu dienen?"
Der Treiber krümmte sich unter dieser Drohung zusammen. Ich
wußte, daß unsere neuen Freunde wild und stolz waren. Es
mußte ihn hart getroffen haben. Dann flüsterte er
stockend:
"Ich vergesse meine Angst, Göttin."
Das Tier schob sich vorwärts, an den Kriegern und den
Elefanten vorbei, die Zweige von den Büschen und unteren Ästen
rissen und die Blätter fraßen.
Die ersten zwei Drittel der Strecke bis zum Turm legten wir
schnell und schweigend zurück.
Der schwarze Turm schob sich hinter Bäume, kam, wieder zum
Vorschein, und wir sahen ihn immer wieder aus einer anderen
Perspektive. Er wurde
größer, die Einzelheiten traten stärker hervor. Er
erhob sich aufeinem Granitfelsen - sicher waren die Steinbrocken,
mit, denen er errichtet worden war, aus diesem Felsen
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