PR TB 157 Der Mann Aus Dem Nichts
führte.
Sie schwebten in die Höhe. Sanssouq zählte elf Etagen,
bevor Ochmar auf einen der Ausgänge zusteuerte und sich mit
Hilfe der Haltestangen hinausschwang.
Ein mit mattem, rosafarbenem Licht erhellter Gang tat sich auf.
Die Leuchtkörper waren zu bizarren Figuren geformt, den Boden
bedeckte ein wallender Teppich, der das rötliche Licht
widerzuspiegeln schien. Leise, fremdartige Musik lag in der Luft.
Hier hatte sich, schloß Sanssouq, ein Fremder eingerichtet, der
auch auf der Siedlerwelt Selengi die Annehmlichkeiten seiner
Zivilisation nicht missen mochte.
Der Korridor mündete auf einen Rundraum, dessen Wand mehrere
mit Ornamenten versehene Türen enthielt. Ochmar deutete auf
jene, die der Mündung der Korridors gegenüberlag und
erklärte mit flüsternder Stimme:
„Dort wohnt Senghor-Laa. Er wird dich zu sich rufen, nachdem
ich ihm Sanijah vorgestellt habe. Du mußt ihn mit,Licht des
Hetos' anreden!"
Ochmar wollte nach links abbiegen, da öffnete sich die Tür,
auf die er soeben gedeutet hatte. Aber nicht der Lare trat heraus,
sondern eine Obskonerin, eine Überschwere. Sie war knapp über
anderthalb Meter groß und in den Schultern fast ebenso breit.
Sie trug das modische Gewand der Frauen ihres Volkes: einen eng
gewickelten Rock, der von der Hüfte bis zum Boden reichte und
die für terranische Augen unschönen Säulenbeine
verhüllte. Die Farbe ihrer Haut war lindgrün. Sie hatte ein
breitflächiges Gesicht, das - wenigstens einen Augenblick lang
-gutmütig wirkte. Die Haare trug sie kurz geschnitten und
ansonsten so, wie es ihnen zu wachsen einflel.
Mit den physischen Attributen der Weiblichkeit war sie auf
überreichliche, fast unflätige Weise ausgestattet.
Ochmar warf nur einen Blick auf sie und stöhnte:
„Oh, Mamma...!"
Der Ausdruck der Gutmütigkeit schwand aus dem Gesicht der
Obskonerin. Zorn leuchtete aus ihren ausdrucksvollen Augen. Mit einer
Behendigkeit, die ihr niemand zugetraut hätte, durchquerte sie
den Rundraum und kam auf Ochmar zu. Ochmar versuchte, sich aus dem
Staub zu machen. Aber die Tür, auf die er es abgesehen hatte,
öffnete sich zu schwerfällig. Die Obskonerin bekam ihn zu
fassen und wirbelte ihn herum. Ochmar war zwei Köpfe größer
als sie, und um ihn beim Kragen zu packen, mußte sie den Arm
steil in die Höhe strecken.
Dennoch gab es keinen Zweifel, wer hier die Oberhand hatte.
„Du unansehnliches Scheusal!" grollte die Überschwere
mit tiefer, zorniger Stimme. „Hast du schon wieder eine
Schlampe gefunden, die du dem Laren verkaufen willst?"
„Laß mich, Mamma!" jammerte der Zuhälter.
„Nicht ich habe sie gefunden, sondern der da!"
Dabei wies er auf Sanssouq und duckte sich gleichzeitig, als
fürchte er sich vor einem Schlag.
Die Obskonerin wandte ihre Aufmerksamkeit Sanssouq zu.
„Du bist sein Helfer?" rief sie. „Armseliger
Terraner ... was hast du hier überhaupt zu suchen? Ich werde
dich hinauswerfen lassen!"
Sanssouq erwiderte ihren Blick unbeteiligt.
„Da wirst du erst Senghor-Laa fragen müssen",
antwortete er.
„Dies hier ist sein Wohngelände."
Der Klang seiner Stimme schien ihr Interesse zu wecken. Sie trat
einen halben Schritt näher an ihn heran und musterte ihn mit
aufmerksamen, prüfendem Blick. Er nahm den Geruch ihres Körpers
wahr: er war frisch und angenehm.
„An dir werde ich irre", sagte sie halb verwundert,
halb mißtrauisch. „Du siehst nicht so aus wie einer, der
Ochmars schmutzigem Geschäft nachgeht." Damit war ihr
Interesse an Sanssouq erloschen. Sie drehte sich um und funkelte
Sanijah an.
„Und du, Luder, kommst hierher, um dir bei dem Laren ein
anständiges Essen und womöglich ein neues Kleid zu
verdienen!" fauchte sie.„Ich sage dir..."
Das Mädchen war ängstlich vor ihr zurückgewichen.
Tränen stiegen ihr in die Augen. Die Obskonerin unterbrach sich
mitten im Satz. Vorsichtig, fast zärtlich streckte sie die Hand
aus und bekam Sanijah am Arm zu fassen.
„Du fürchtest dich, Mädchen?" fragte sie
sanft. „Haben sie dich gegen deinen Willen hierhergeschleppt?
Hab keine Angst, Terranerin! Ich werde auf dich achten. Du wirst bei
mir wohnen, und niemand wird dir ein Haar krümmen!"
An dieser Stelle hielt es Ochmar, dessen Kragen sich nun nicht
mehr im Würgegriff der Obskonerin befand, für angemessen,
seine Autorität kundzutun.
„Soweit sind wir noch nicht, Mamma!" ermahnte er die
Obskonerin. „Senghor-Laa, das Licht des Hetos, wird dieses
Mädchen zuerst sehen und dann entscheiden, bei wem es
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska