PR TB 157 Der Mann Aus Dem Nichts
zu wohnen
hat."
Mamma, die Obskonerin, warf Ochmar einen unergründlichen
Blick zu.
„Recht hast du, widerliches Geschöpf!" antwortete
sie nach einigem Zögern. „Hier ist der Wohntrakt des
Laren, und er hat zu entscheiden. Aber vergiß nicht, daß
auch ich in seinen Augen etwas gelte. Er wird seine Entscheidung nach
den Regeln der Menschlichkeit, nicht nach seinen Gelüsten
treffen ... und dann wollen wir sehen, wo du bleibst, Ochmar!"
Mit diesen Worten wandte sie sich ab und schritt in den Korridor
hinaus. Ochmar trat von neuem auf die Tür zu und brachte es
schließlich fertig, sie zu öffnen. Er wirkte fahrig. Die
Begegnung mit Mamma hatte ihn offensichtlich erschüttert.
Ochmar bewohnte eine Reihe von Räumen, die man auf Gäa
ein „Appartement" genannt hätte. Die Einrichtung war
zweckmäßig, ohne überflüssigen Komfort. Sanssouq
konnte sich vorstellen, daß es in Senghor-Laas Räumen ganz
anders aussah. Ochmar spielte die Rolle eines Dieners, dem man das
Leben gerade so bequem machte, daß er nicht davonlief.
Das Mädchen Sanijah wurde in einem Raum untergebracht und
erhielt die Anweisung, ihn nicht zu verlassen. In dieser Hinsicht
bestand keine Gefahr. Sanijah war so eingeschüchtert, daß
sie sich nicht von der Stelle zu rühren wagte. Sanssouq bekam
ebenfalls ein Gemach angewiesen. Ochmar sagte:
„Schlafe nicht zu fest! Ich werde mich bei dem Laren
anmelden und ihm das Mädchen vorführen, sobald er nach mir
ruft. Er wird dich sehen wollen. Halte dich also bereit!"
„Mach dir um mich keine Sorge", riet ihm Sanssouq.
„Ich bin immer wach, wenn man mich braucht."
*
6. AM TOD VORBEI
Sanssouq hatte sich auf seinem Lager ausgestreckt, das ihm kaum
bequemer vorkam als die Pritsche in der Zelle des Gefängnisses
von Soltown. Er schob die Hände unter den Kopf und starrte in
die Finsternis.
Er war am Ziel - was die physikalischen Koordinaten anging. Im
Sinne seines Auftrags war er noch immer weit von seinem Ziel
entfernt. Die Strecke, die unmittelbar vor ihm lag, war die
gefährlichste. Nicht Senghor-Laa war der Mann, in dessen Nähe
er sich aufhalten sollte, sondern Maylpancer, der Erste Hetran der
Milchstraße, der Erste Herr von Obskon.
Die Vorgehensweise, die ihn an dieses Ziel bringen sollte, war von
psychophysischen Spezialisten der Gäa-Abwehr entwickelt worden.
Er hatte sich Maylpancer unter einem Vorwand zu nähern, der ihn
vom ersten Augenblick an von dem Verdacht, er habe sich einschleichen
und einschmeicheln wollen, befreite. Dem Plan der GA gemäß
würde er sich Maylpancer auf eine Weise nähern, die ihm
sehr wohl eine sofortige Hinrichtung eintragen mochte.
„Das ist ein Risiko, das Sie eingehen und gegen das Sie sich
gegebenenfalls mit Ihrer besonderen Begabung wehren müssen",
hatte ihm der Experte der GA klargemacht, so ganz beiläufig und
nebenhin, als ginge es um einen Sprung ins Wasser.
Es galt, keine Zeit zu verlieren. Der Vorstoß in Richtung
Maylpancer hatte so bald wie möglich zu geschehen. In Soltown
fürchtete man, daß das Projekt des Ersten Hetran, was
immer es sein mochte, unmittelbar vor dem erfolgreichen Abschluß
stand. Der Erfolg war zu verhindern - sonst geriet die gäanische
Menschheit in Gefahr, von den überlegenen Kräften der Laren
und der Überschweren ausgemerzt zu werden.
Sanssouqs Plan stand fest. Er wußte nicht, in welchem Teil
des weitläufigen Komplexes Maylpancer seine Unterkunft hatte.
Und selbst wenn er es gewußt hätte, wäre es ihm
wahrscheinlich unmöglich gemacht worden, bis zu dem Ersten
Hetran selbst vorzudringen - ihm, dem verachteten Terraner. Er
brauchte also ein Werkzeug.
Dieses Werkzeug würde Senghor-Laa sein. Der Lare wußte
nicht nur, wo sich Maylpancer aufhielt, er hatte ohne Zweifel auch
freien Zutritt zu ihm. Und wer immer sich in Senghor-Laas Begleitung
befand, war sicher, daß man ihn nicht kontrollieren würde.
So wenigstens dachte Sanssouq, und darauf baute er seinen Plan.
In Ochmars Appartement war es lange Zeit ruhig gewesen. Jetzt
jedoch hörte Sanssouq es draußen rumoren. Es dauerte nicht
lange, da öffnete sich die Tür seines Gemachs. Ochmar trat
ein. Er war in bester Stimmung.
„Steh auf und mache dich fertig!" rief er. „Das
Licht des Hetos will dich sehen!"
„Hast du ihm das Mädchen vorgeführt?" war
Sanssouqs erste Frage. „Ja. Und er war begeistert!"
Sanssouq musterte ihn scharf. „Und was sagt Sanijah dazu?"
Ochmar lachte
abfällig.
„Nichts, kein Wort. Sie ist so stumm wie ein Fisch
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