PR TB 159 Insel Der Ungeheuer
Wanderung betrifft Menschen aller Länder und Kulturstufen.
Sie verbinden sich im Einflußbereich der Insel, die übrigens
ein kleines Paradies ist, zu einer einzigen Gemeinschaft. Du weißt,
wie sehr sich Menschen einer Staatsidee annehmen können. Es war
im Land Sumer nicht anders als im Reich Akkad oder am Nil. Und dort
wird auch ein Geschlecht
heranwachsen, das sich von der Insel in alle Richtungen ausbreiten
wird. Ich habe diesen Ast der Entwicklung auf Wanderer, meinem
Kunstplaneten, durchgespielt. Es kann nicht anders sein.
Dieses Paradies ist bedroht.
Darüber hinaus nicht nur die umliegenden Inseln und die
Nordmeerufer, sondern tatsächlich der gesamte Planet Larsaf
Drei, für den ich und du die Verantwortung übernommen
haben.«
Die Stimme von ES schwieg. Aber da diese gewaltige kosmische
Intelligenz alle Einrichtungen der Tiefseekuppel souverän in
ihrem Griff hielt, war es keine Überraschung für uns, daß
die Bildschirme aufflammten.
Zuerst sahen wir die Karte, farbig, gestochen scharf, mit
Meßlinien, deren Einzelabstände wir noch nicht kannten.
Die Informationen waren in den Computern vorhanden gewesen; jetzt
sprach wieder die Stimme Ricos. Rhaighur und ich saßen in
weißen Bademänteln in den großen Sesseln und
befanden uns auf dem Weg der Erholung. Unsere Körper gehorchten
uns noch nicht so gut wie der Verstand. Rico führte ungerührt
aus:
»Die Insel befindet sich sozusagen am Eingang des östlichen
Teiles jenes Oberen Meeres. Ihre Längsachse ist, wie leicht zu
erkennen, ostwestlich ausgerichtet. Nördlich von ihr seht ihr
das Gewirr vieler kleiner, zum Teil vulkanischer Inseln. Die
paradiesische Insel hat noch keinen Namen, aber es gibt einige
Siedlungen auf ihr, deren Namen bekannt sind. Ebenso befindet sich
die Sprache in den Speichern der Maschinen. Ihr werdet sie in den
nächsten Tagen lernen müssen. Hier die erste Karte.«
Summend warf der Drucker eine detaillierte Karte aus. Sie zeigte
das eben geschilderte Gebiet. Dann folgte eine zweite Karte, auf der
nur die Insel selbst zu erkennen war. In den letzten Tagen hatte sich
mein Freund das Wundern abgewöhnt - es war zu viel für ihn,
er hatte sozusagen resigniert.
Wir kannten das Ziel, wir würden genügend Zeit haben,
die Insel auf dem Umweg der Karteninformationen kennenzulernen.
»Rund sechshunderttausend Personen leben dort. Es gibt
einige kleine Häfen; hier ein Querschnitt durch die Tier- und
Pflanzenwelt.«
Schweigend nahmen wir diese Informationen auf. Bilder, von
Spionsonden gemacht, huschten über die Schirme. Je mehr wir
sahen, desto deutlicher erkannten wir die liebliche Schönheit
der Insel. Inzwischen produzierten die Maschinen bereits unsere
Ausrüstung, beziehungsweise paßten die übriggebliebenen
Waffen und Teile dem veränderten Aussehen an, das sie haben
mußten.
Ununterbrochen lösten die Bilder einander ab. Mein
photographisch exaktes Gedächtnis speicherte sie alle. Aber noch
immer wußten wir
nicht, weswegen wir geweckt worden waren. Wir wußten nicht
einmal mehr, wann und wie ES uns nach dem Bau der Stadt Akkade
hierher gebracht hatte.
Warte, Atlan. ES wird dir alles mitteilen, murmelte mein
Extrahirn. Es hatte bisher geschwiegen.
In den mehr als hundertfünfzig Larsaf-Jahren, die wir
geschlafen hatten, waren viele Erinnerungen von ES gesperrt worden.
Aber ich erkannte durch einfachen Vergleich, daß sich in der
Höhe der Kultur nichts entscheidend verändert hatte. Eine
Zeit, in der Bronze, Kupfer und - ungewöhnlich selten - Eisen
die wichtigsten »Kunstmaterialien« waren. Die Formen und
Dekorationen unterschieden sich, weniges hatte sich verändert,
vermutlich waren im Zweiströmeland der Sattel, die Pferdezucht
und die Erfindung des Steigbügels wieder untergegangen.
Ȇber die Insel befinden sich keine Informationen mehr
in den Speichern!« sagte Rico plötzlich. »Es gibt
aber gesperrte Speicher, Erhabener.«
Seit Jahrtausenden versuchte ich, ihm diesen überzogenen
Ausdruck abzugewöhnen, aber die Programmierung ließ sich
nicht löschen. Er würde noch in Jahrtausenden Gebieter und
Erhabener sagen.
»Was jetzt, Atlan?« fragte Rajgir oder Rhaighur.
»Wir warten.«
Ich kannte diesen lang anhaltenden Vorgang der Erweckung und aller
folgenden Maßnahmen zur Lebenserhaltung. Mein Freund hatte
wissentlich noch niemals daran teilgenommen. Seit zwei Tagen
trainierten wir unsere Körper im Solarium. Langsam bräunte
und straffte sich unsere schlaffe, weiße Haut. Wir spürten
unsere Körper
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