PR TB 162 Karawane Der Wunder
Gedanken gemacht.«
Ihre Gedanken gingen zurück in die dunkle Zeit der
Vorgeschichte.
Sie versuchten, sich vorzustellen, wie sich jener Unglückliche
gefühlt haben mochte, der entweder von seinem Robot geweckt
wurde, um hinter einer Fluchtmöglichkeit, also einem Raumschiff,
herzujagen. Oder von ES, mit allen erdenklichen Tricks, um einen
geflüchteten Androiden zu hetzen oder ganz einfach, wie in der
vorliegenden Episode, den Barbaren unter persönlichen
Entbehrungen und Kämpfen ein bißchen Kultur zu bringen.
Vielleicht hatte auch ES sich vorgestellt, diese unbegreifliche
Massenintelligenz mit Schöpfungsfähigkeiten, daß ein
Planet, dessen sämtliche Bewohner eine Sprache sprachen, viele
Jahrhunderte eher Kontakt mit den Sternen hätten aufnehmen
können? Niemals würde diese Frage beantwortet werden.
»Ich hätte mich umgebracht«, flüsterte
Tifflor. Er speicherte die
Einstellung und rief ein anderes Programm ab.
»Wie bitte?«
»Ich meinte, ich hätte mich umgebracht, wenn ich damals
aufgeweckt und in eine solche Umgebung geworfen worden wäre.«
»Vergessen Sie nicht, daß Atlan in seiner Jugend
schlimmere Gefahren zu bestehen hatte. Er war außerordentlich
geschickt, sich in die jeweilige Zeit auch gedanklich zu versetzen.
Er hatte, aus der Hochkultur Arkons kommend, dies immer wieder tun
müssen.«
»Trotzdem stand er jedesmal vor einem für mich
unüberwindlichen Hindernis!« beharrte Tifflor leise. Auf
dem Bildschirm liefen jetzt Szenen aus jener Zeit ab, die man
irgendwann einmal mit Robotern stilgetreu nachgedreht hatte; ein
Schulfunkprogramm, von Wissenschaftlern bis hinunter zum winzigsten
Detail entworfen und kontrolliert. Tifflor hatte jetzt bessere
Vorstellungen von der Zeit, den Menschen und den Lebensumständen
zweitausend Jahre vor der Zeitenwende.
»Sie würden sich wundern, was Sie alles könnten,
wenn die Alternative Tod heißt«, widersprach der
Historiker.
»Obwohl Atlan seinen Aktivator hatte, der ihn vor
Infektionen und Krankheiten schützte, Verwundungen schneller und
gründlicher heilen konnte, obwohl ihm ES und die Geräte der
Kuppel selbst die Dialekte der damaligen Sprachen und sämtliche
anderen Feinheiten vermittelte - nur Atlan konnte es.«
Der Wissenschaftler hatte schweigend zugehört und sagte jetzt
mit einem ironischen Lächeln:
»Verstehen Sie jetzt, warum sich Atlan scheinbar so maßlos
freute, als er Rantiss sah?«
Tifflor schüttelte leicht den Kopf und blickte irritiert.
»Ich verstehe nicht recht.«
»Atlan wußte, daß er ein absoluter Fremdling zu
dieser Zeit in diesem Teil der Welt war. Er identifizierte sich als
der >Einsame der Zeit<, und er hatte absolut recht. Da gab es
niemandem auf einem ganzen Planten, mit dem er wie zu einem Gleichen
sprechen konnte. Und jetzt gestattet ihm ES, sich an Rantiss zu
erinnern und an einen schmalen Ausschnitt der Abenteuer auf Kreta
oder Kefti. Endlich ist jemand da, mit dem er von Freund zu Freund
sprechen kann, denn auch Rantiss ist inzwischen ein Einsamer der Zeit
geworden. Deswegen führten sie sich beim Zusammentreffen so
übermütig auf. Dasselbe galt, eingeschränkt, auch für
Rantiss.«
Tifflor nickte.
»Ich habe begriffen. Etwa achttausend Kilometer Luftlinie
zwischen Kanesh-Kültepe und dem Mittellauf des Huang Ho. Das
Doppelte oder mehr als Karawanenweg. Und jetzt, nach rund sieben
Monaten, haben sie bereits die Hälfte hinter sich gebracht! Es
ist. erstaunlich,
großartig, wunderbar - das sind nur schwache Worte dafür.«
»Das ist die Aufgabe, die ES Atlan und Rantiss gestellt
hat.«
Tifflors Hand glitt über den Tisch auf die Tastenreihe zu,
mit der er einen stehenden Kommunikationskanal bis direkt in den
Überwachungsraum einschalten konnte.
»Sagen Sie mir etwas über China in dieser Zeit.«
Er blickte den Wissenschaftler fragend an. Seit der Nachricht, daß
die Verbindung zu Terra, zur Erde und somit zur Heimat der Menschen,
abgerissen war, gab es nur wenige Menschen auf Gäa in der
Provcon-Faust, die nicht starkes Interesse an allem hatten, was die
Wiege der Menschheit betraf. Atlan, der wohl einer der besten und
engagiertesten »Terraner« war, hatte sie oft spöttisch
als »Hobby-Terraner« bezeichnet. Er wäre beschämt
gewesen, wenn er gewußt hätte, mit welchem Interesse man
allerorten seine Berichte verfolgte, und welche Findigkeit manche
Menschen bewiesen, um die Niederschriften der Berichte zu verbergen.
Sie fürchteten, daß ES die Erinnerungen aller Beteiligten
an eine Zeit
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