PR TB 174 Die Verlorene Kolonie
verblüfft
starrte er auf das, was sich im Dämmerlicht seinen Augen darbot.
Er kannte die Straße als eine vernachlässigte, schlecht
gepflasterte Fahrbahn von kaum fünf Meter Breite. Diese Straße
gab es nun nicht mehr! An ihrer Stelle führte eine andere durch
das Gelände, mindestens zwanzig Meter breit. Sie schimmerte
silbrig und erstreckte sich nach beiden Seiten hin, so weit er sehen
konnte. Ihre Oberfläche war makellos glatt und wirkte wie frisch
poliert.
„Das gibt es doch gar nicht!“ sagte Colman perplex.
„Was gibt es nicht?“ fragte Turmack gereizt, der nun
hinter ihm auftauchte und ein Tuch auf die blutende Wange gepreßt
hielt. „Wo stecken die dreimal verfluchten Talos?“
Im nächsten Moment verschlug es ihm die Sprache. Mit offenem
Mund staunte er die neue Straße an, die innerhalb weniger
Stunden hier aus dem Nichts gestampft worden war. Rask Colman
lächelte verstohlen, wurde aber gleich wieder ernst.
„Wie erklären Sie sich das, Hauptmann?“ fragte er
ruhig.
Gran Turmack schloß den Mund, öffnete ihn aber gleich
wieder und stieß einen neuen Fluch aus.
„Fragen Sie nicht so dumm, Mann!“ raunzte er dann.
„Offenbar war der Feind technisch auf einigen Gebieten doch
weiter als wir. Jetzt hat er seine letzten Kräfte mobilisiert,
um diese Straße zu bauen, über die er seinen Angriff nach
Norden führen will. Gut, er soll nur kommen! Wir werden seinen
Kolonnen hier auflauern und sie vernichten.“
„Sollten wir die Straße nicht sofort sprengen?“
fragte einer der anderen Unteroffiziere. Turmack stieß ein
gereiztes Schnauben aus und warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
„Sind Sie eigentlich nur dumm?“ herrschte er ihn an.
„Das wäre so ungefähr das Verkehrteste, was wir tun
könnten. Die Talos würden dann schon von weitem merken, daß
hier etwas nicht mehr stimmt. Nein, sie müssen in Sicherheit
gewiegt werden. Wir bleiben hier und warten ab, bis die ersten
Fahrzeuge diese Stelle passiert haben. Dann schlagen wir ganz
plötzlich zu, und es gibt ein riesiges Chaos. Die Verwirrung des
Feindes wird so groß sein, daß wir ihn mühelos
vernichten können.“
Rask Colman hob die Hand.
„Ich glaube nicht, daß auf dieser Straße in den
nächsten Tagen bereits Fahrzeuge durchkommen werden“,
erklärte er sachlich. „Sicher, ihr Bau geht mit
verblüffender Schnelligkeit voran, aber mehr als zwanzig
Kilometer täglich schaffen auch diese Maschinen nicht. Sie
brauchen demnach noch ungefähr fünf Tage, bis sie den Rand
der atomar verseuchten Zone erreichen. Es hätte also wenig Sinn,
schon jetzt Kolonnen in Marsch zu setzen, die auf halbem Weg wieder
gestoppt werden müßten.“
„Das stimmt“, gab der Hauptmann nach kurzem Überlegen
widerwillig zu. „„Auch gut, so bekommen wir wenigstens
Zeit, um den Schlag gründlich vorzubereiten. Wir werden alles an
Waffen heranschaffen, was wir haben. Zehn Männer bleiben
vorsichtshalber hier, um die Straße zu beobachten. Die anderen
kehren mit mir um, und wir leiten sofort alles in die Wege.“
Wieder in den Höhlen angekommen, entfaltete Gran
Turmack eine verbissene Aktivität. Er rief seine Männer
zusammen und erklärte ihnen die Lage so, wie er sie sah. Dann
ließ er sofort alles ins Freie schaffen, was irgendwie für
seinen privaten Krieg geeignet war.
Rask Colman versuchte ihn zu bremsen.
„Wir haben noch mehrere Tage Zeit, Hauptmann“, wandte
er ein. „Es ist also im Grunde gar nicht nötig, daß
Sie alle Leute nur mit den Vorbereitungen für den Überfall
auf den Feind beschäftigen. Wäre es nicht besser, die
Hälfte für die Beschaffung von Lebensmitteln einzusetzen?
Mit leerem Magen kämpft es sich schlecht.“
Turmack bekam einen regelrechten Tobsuchtsanfall.
„Wollen Sie mir vorschreiben, was ich zu tun oder zu lassen
habe?“ schrie er Colman an. „Hier bestimme ich, was zu
geschehen hat! Denken Sie nicht, daß Sie etwas zu melden
hätten, nur weil Sie etwas schlauer als die anderen sind. Ich
werde nicht eher ruhen, bis alles getan ist, was ich für
notwendig halte. Dann können wir uns meinetwegen auch wieder um
das Essen kümmern.“
Colman salutierte wortlos, aber seine Gedanken gingen ihre eigenen
Wege.
Sein scharfer Verstand erkannte, daß das Urteilsvermögen
Gran Turmacks nachhaltig beeinträchtigt war.
Haß und blinder Fanatismus beherrschten ihn so sehr, daß
er jeden normalen Maßstab verloren hatte. Objektiv gesehen, war
der Diktator der Höhlen nicht mehr voll Herr seiner
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