PR TB 198 Das Tor Zur Tiefe
Die neuen Erhalter-haben alle
Verbindungen so nachhaltig zerstört, daß ein Wiederaufbau
ohne die zentrale Kontrolle der Sonnenstation ausscheidet." Die
leise Stimme schwieg für einen Moment. Dann fuhr sie kaum hörbar
fort: „Der einzige Weg, um uns, euch, den Tardellianern und den
Hurozons zu helfen, ist, die Erhalter zu beseitigen. Es sind
Monstren,
Fehlzüchtungen, die genauso falsch sind, wie es unser
ursprünglicher Plan war. Wir glauben heute, daß nur die
völlige Befreiung vonjeglicher Manipulation unsern
Nachfolgevölkern noch helfen könnte, wieder eine natürliche
Existenz aufzubauen. Wir glauben auch, daß es ein
unverzeihlicher Frevel war, diese Eingriffe vorzunehmen. Man muß
dem Gang der Natur seinen Lauf lassen." „Gut", sagte
Rosy. „Dann sagt mir, wie ich diese Erhalter beseitigen kann."
Wieder dauerte es mehrere Minuten, bis die Stimme antwortete. Sie
klang traurig und deprimiert. „Wir fürchten, daß dir
auch das nicht gelingen wird. Die Erhalter sind perfekte Wesen. Sie
können sich nach eigenem Willen duplizieren. Auch wenn man einen
von ihnen tötet - und sie können nur eines gewaltsamen
Todes sterben, denn sie altern nicht wirklich -, so lebt der andere
Teil weiter und kann sich wieder verdoppeln. Sie können sich
kraft ihres Geistes mit einem undurch-dringbaren Energieschirm
umgeben, der so stabil ist, das er sogar dem Sonnenplasma standhält.
Wir wollten damals wirklich unvergängliche Wesen schaffen. Heute
wissen wir, daß dies ein Fehler war. Wie willst du sie besiegen
können?"
„Ich könnte es zumindest mit Hilfe meiner Freunde
versuchen", antwortete Rosy. „Ihr müßt mir aber
garantieren, daß es für uns eine Möglichkeit gibt,
diesen Fleck zu verlassen und ohne Schaden zu unserm Volk
zurückzukehren." „Die Möglichkeit besteht, wenn
ihr einen festen Bezugspunkt besitzt, zu dem ihr wollt. Wir müßten
dann zwar die Sonnenstation opfern und auch unser unseliges Dasein
aufgeben, aber dazu wären wir gern bereit, wenn ihr die Erhalter
töten könntet. Wir wollen aber ehrlich zu dir sein. Wir
glauben nicht, daß das gelingen könnte."
„Egal", sagte Rosy. „Die Abmachung gilt. Wir
verlieren sowieso nichts, denn andernfalls müßten wir hier
umkommen. Sage mir, wo ich die Erhalter des Wahren finde."
Statt einer Antwort leuchtete eine Bildfläche auf. Ein Plan
wurde sichtbar, auf dem mehrere Stellen markiert waren. Die leise
Stimme des Restbewußtseins der
Urväter erklärte Rosy, wo sie jetzt war und über
welche Gänge und Schächte sie in den zentralen Raum der
Station gelangen würde.
„Dort wirst du die Erhalter finden. Aber sei vorsichtig. Ein
Lebewesen bedeutet ihnen nichts." .
Rosy hob ihre Waffe. „Das ist alles, was ich habe",
meinte sie scheinbar gleichgültig. „Habt ihr nichts
Besseres zu bieten?"
„Nur unsere Worte begleiten dich", flüsterte die
Stimme resignierend.
Die kleine Solanerin schloß die Augen und prägte sich
den Lageplan genau ein. Dann verließ sie wortlos den Raum.
10. ROSY DEWITTE
Schon im ersten Quergang begegnete sie einem der röhrenförmigen
Roboter. Sie zögerte keine Sekunde, da sie die Überlegenheit
der Maschinen zur Genüge am eigenen Leib verspürt hatte.
Ihre Waffe spie Feuer, und der Roboter versank in Glut und Asche. Sie
konnte nur hoffen, daß der Roboter nicht noch eine Warnung
ausgesendet hatte, der weitere Maschinen alarmiert hatte.
Vorsichtshalber verbarg sie sich mehrere Minuten in einem Seitengang.
Erst als alles ruhig blieb, wagte sie es, den Weg fortzusetzen.
Aus dem Plan, den ihr das Restbewußtsein der Urväter
gezeigt hatte, wußte Rosy Dewitte, welche Ausmaße die
Sonnenstation etwa hatte. Das insgesamt kugelförmige Gebilde
mußte mindestens fünf Kilometer durchmessen. Die Zentrale,
in der sie nicht nur die neun Erhalter des Wahren, sondern auch
Saedelaere und In-dacochea zu treffen hoffte, war noch über zwei
Kilometer entfernt.
Es beunruhigte sie nicht, daß sie nichts über das
Schicksal der beiden Männer in Erfahrung gebracht hatte. Sie
sagte sich, daß es für das, was sie zu tun hatte, ohne
Belang war. Wenn die beiden nicht mehr lebten, so würde sie
allein versuchen, ihren Weg zu gehen. Eine Vorstellung, wie sie die
Erhalter überwältigen konnte, besaß sie jedoch nicht.
Es war der Mut der Verzweiflung, der sie vorantrieb.
Unbeirrbar setzte sie ihren Gang durch die Korridore und
Antigrav-Schächte fort. Mehrfach blieb sie an Abzweigungen
stehen und rief sich den Lageplan ins Gedächtnis. Die
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