PR TB 198 Das Tor Zur Tiefe
Sprache der Hurozons oder
Tardellianer.
„Wer spricht zu mir?" sagte sie schließlich und
überwand den Kloß, der ihr im Hals zu stecken schien.
Schweigen.
„Ich bin Rosy Dewitte, eine Solanerin", fügte sie
hinzu. Es dauerte fast eine halbe Minute, bis eine Antwort kam.
„Solanerin?" flüsterte die Stimme aus dem
Halbdunkel. „Kein Erhalter? Kein Hurozon? Kein Tardellianer?"
„Nein. Ich stamme nicht von diesen Welten."
„Oh!" Die leise Stimme drückte tiefes Bedauern
aus. „Hast du etwas dagegen, wenn wir dich betrachten?"
„Nein, natürlich nicht. Ich würde euch aber auch
gern sehen."
„Das wird leider nicht möglich sein."
Von mehreren Seiten flammten Lampen auf. Die kleine Solgeborene
blickte sich erstaunt um. Der Raum war kreisförmig und glich
einem Dom von etwa fünfundzwanzig Metern Höhe. Die
Bodenfläche durchmaß nur knapp zehn Meter. Sämtliche
Seitenwände des Domes waren mit technischen Geräten
verkleidet, deren Sinn sie nicht verstehen konnte. Dort brannten auch
die Lämpchen, die den Raum zuvor schwach erhellt hatten.
„Es stimmt", sagte die Stimme, die direkt von oben zu
kommen schien. „Du bist weder ein Hurozon noch ein
Tardellianer. Wie bist du hierher gelangt?"
„Das ist eine lange Geschichte."
„Wir haben viel Zeit. Setz dich und erzähle."
Vor ihren Augen bildete sich aus dem Nichts ein schalenförmiger
Sessel. Rosy nahm auf ihm Platz.
„Ich kann euch nicht sehen. Wo seid ihr und wer seid ihr?"
„Wir sind der Rest des Bewußtseins der Urväter",
kam die bereitwillige Antwort. „Wir stecken materielos in den
Maschinen, die du siehst."
„Gut", sagte Rosy. „Vielleicht könnt ihr mir
und meinen Freunden helfen. Ich werde euch alles Wichtige sagen."
„Vielleicht kannst auch du uns helfen."
In kurzen Zügen berichtete Rosy von dem Angriff der Tw
nzwerge auf die SOL und über alle Ereignisse, die sie danach mit
Alaska Saedelaere und Graner Indacochea durchgemacht hatte. Besonders
betonte sie die Sturheit der beiden
kriegerischen Völker, die nicht einsehen wollten, daß
sie und die beiden Männer keine Feinde seien. Die flüsternde
Stimme des Restbewußtseins der Urväter unterbrach sie
nicht einmal. Als Rosy fertig war, sagte die Stimme nur:
„Das ist schrecklich. Wir haben zwar befürchtet, daß
die Entwicklung in eine falsche Richtung gelaufen ist, weil die
Erhalter nicht mehr zu uns kamen. Aber daß das geschehen ist,
übertrifft die schlimmsten Erwartungen."
„Ich kann euch nicht verstehen", antwortete die Frau.
„Meine Freunde und ich haben zwar einiges über die
Tardellianer und die Hurozons herausgefunden, aber die Zusammenhänge
blieben uns unklar. Andererseits fehlt uns auchjede Möglichkeit,
zu unserem Volk zurückzukehren. Ich wäre euch sehr dankbar,
wenn ihr uns helfen könntet. Soweit es in meiner Macht steht,
will ich euch auch gern behilflich sein."
Die unsichtbare Stimme schwieg, aber Rosy hatte das Gefühl,
daß sie von einer Vielzahl wispernder Stimmen umgeben war. Sie
wartete geduldig.
„Wo befinden sich deine Freunde?" flüsterte es
dann.
„Ich weiß es nicht genau, aber wahrscheinlich noch in
dieser Station in der Sonne. Wenn ihr die Urväter seid, müßt
ihr doch feststellen können, wo sie sich befinden."
Die Stimme klang traurig, als sie antwortete. „Wir haben
schon eine Ewigkeit keine Macht mehr über die Station. Wir sind
isoliert von der Umgebung. Die Erhalter des Wahren, die wir
geschaffen haben und zur Aufrechterhaltung der Ordnung einsetzten,
haben sich selbständig gemacht. Sie glauben, daß wir gar
nicht mehr existieren, denn sie habenjede Energieversorgung
abgeschnitten.
Wir aber schöpfen die Energie zur Erhaltung mit der Kraft
unseres gemeinsamen Geistes direkt aus dem Sonnenplasma. Die Erhalter
aber beherrschen die zentrale Kontrolle der Sonnenstation."
„Erzählt mir eure Geschichte", verlangte die Frau.
„Vielleicht kann ich euch wirklich helfen."
„Vor einer unvorstellbar langen Zeit lebten wir auf dem
Planeten, der heute Tardell heißt. Unser Volk baute eine
großartige Zivilisation auf. Die Technik blühte, und wir
streckten unsere Fühler nach anderen Welten dieser Galaxis aus.
Aber es schien ein Naturgesetz zu geben, daßjede Zivilisation
zum Untergang verdammt ist, wenn ein wahrer Höhepunkt erreicht
worden war. Wir trafen andere Völker, die in Dekadenz verfallen
waren, obwohl ihre technischen Möglichkeiten den unseren weit
überlegen waren. Der Geist, der Verstand hatte mit der
technischen
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