PR TB 212 Expedition Der Todgeweihten
grasten.
Das Erscheinen der Besucher löste einen Zusammenlauf aller
Bewohner des Tales aus. Die Kinder verließen ihre Spielplätze
und scharten sich um die Reittiere, die Erwachsenen ließen ihre
Arbeiten im Stich und näherten sich bedächtig.
„Heilige Galaxis", entfuhr es Reginald Bull.
Der Anblick war bedrückend. Er wirkte um so beklemmender, als
diese Menschen unmittelbare Nachfahren jener Terraner gewesen waren,
die mit einem hochmodernen Beiboot eines nicht minder
hochtechnifizierten Raumschiffs auf diesem Planeten gelandet waren.
Die Erben der Unsterblichen waren tief unter das Niveau ihrer
Großeltern gefallen. ,,Dies ist unser Zuhause, Sir", sagte
Naryal Rashma. ,,Ein wenig kümmerlich, aber wir haben uns daran
gewöhnt."
Aus der Menge löste sich ein weißhaariger Mann. Er
verzog das faltige Gesicht zu einem wehmütigen Lächeln.
„Reginald Bull", sagte er halblaut. ,,Ich hätte
nie geglaubt, Sie noch einmal selbst sehen zu
können."
Reginald Bull kniff die Augen zusammen. Er ging auf den Alten zu.
Der streckte die Hand aus.
„Bilgir Eqrem", stellte sich der Mann vor. „Ich
war etwas über dreißig, als ich die erste Zelldusche
erhielt, die auch die letzte war."
„Sie sind der letzte?" frägte er halblaut. Der
Greis nickte.
,,Ich habe Glück gehabt", sagte er. „Und
diesejungen Leute . ... sind das Nachkommen von... lassen Sie mich
raten. Ich kenne die Züge, ich kann mich ganz genau erinnern.
He, Cavus, Ertequin und Dagai, kommt einmal her."
Aus der Menge lösten sich zögernd zwei junge Männer
und eine junge Frau. Der Alte grinste vergnügt und strich sich
durch den langen weißen Bart.
,,Ich müßte mich sehr irren, wenn Sie keine Enkelin von
Rod Nyssen sind", sagte er verschmitzt. ,,Das gleiche trifft für
diesenjungen Mann zu - Cavus Nyssen."
Kamee griff nach der Hand, die ihr entgegengestreckt wurde. Der
junge Mann war unrasiert und roch ziemlich streng nach den Fellen,
die er trug. Unwillkürlich fiel Kamees Blick auf ihre lackierten
Fingernägel - ein größerer Kontrast ließ sich
schwerlich vorstellen. Cavus sah die kurze Bewegung, aber er
reagierte nicht darauf.
Dagai, eine attraktive Frau mit langen dunklen Haaren, erwies sich
als Abkömmling von Conrad Deringhouse' und Yigael Freyt sah sich
zu seiner Überraschung mit einem stämmigen jungen Mann von
dreißig Jahren konfrontiert, der Ertequin hieß und in
gerader Linie von Michael Freyt abstammte.
,,Ein wunderliches Zusammentreffen, nicht wahr", sagte der
Alte. „Darf ich Ihnen etwas zur Begrüßung anbieten."
Er grinste Bully an.
,,5ind Sie noch immer einem guten Tropfen zugetan?"
Bully runzelte die Stirn.
,,Ab und zu", sagte er vorsichtig. Der Alte winkte eine junge
Frau heran. Sie trug einen ledernen Beutel:
„Versuchen Sie, Sir", sagte der Greis. „Wir
brennen unseren Schnaps selbst."
Sehr vorsichtig griff Reginald Bull nach dem Beutel. Als er den
Korken aus dem hölzernen Mundstück zog, stieg ihm eine
,starke Alkoholwolke entgegen. Dann nahm er vorsichtig einen kleinen
Schluck.
Kamee sah, wie Reginald Bull den Schluck hinunterbrachte, wie er
rot anlief, sich krümmte und wie ihm die Augen aus dem Kopf zu
quellen drohten.
„Teufel!" Das war alles, was Reginald Bull über
die Lippen brachte.
Er brauchte ein paar Minuten, bis er sich von dem scharfen Schnaps
erholt hatte.
,,Eine Transformkanone ist nichts dagegen", sagte Bully mit
rotem Gesicht und rang nach Luft. ,,Was ist da drin? Konzentrierte
Schrecksäure?"
„Schrecksäure?" fragte Eqrem.
Kamee verstand, daß der alte Mann mit dem Wort überhaupt
nichts anzufangen wußte. Die letzten Jahrzehnte galaktischer
Politik waren an Shakootee spurlos vorübergegangen. Niemand
hatte hier von Hornschrecken und Schreckwürmern gehört.
,,Eine sehr scharfe Flüssigkeit", versuchte Bully zu
erklären. ,,Sie frißt Löcher in jedes Material, und
dieses Zeug hier scheint mir eine gewisse Ähnlichkeit damit zu
haben."
,,Ein starker Schnaps, nicht wahr?" sagte Eqrem stolz.
Er führte die Gäste der kleinen Siedlung herum. Viel zu
zeigen gab es nicht. Das Vieh auf den Weiden war kümmerlich, gab
nur wenig Milch und noch weniger Fleisch, allerdings war das Gebirge
reich an Wild aller Arten; das half den Bewohnern des Tales sehr. Die
Menschen
waren freundlich, aber ihre Armut war nicht zu übersehen.
Es gab vieles, was an bessere Zeiten erinnerte. Lesegeräte,
die nicht betrieben werden konnten, weil es am elektrischen Strom
fehlte. Maschinen, die aus dem
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