PR TB 220 Die Macht Des Götzen
dem Regierungskabinett mehr als fünfhundert Ehrengäste
geladen waren. Es gab insgesamt fünfzehn Gänge, dazwischen
wurden immer neue Toasts ausgebracht, und die Stimmung stieg rapide.
Nelda Jones hielt sich dabei bewußt zurück, und Reginald
Bull und Ras Tschubai vertrugen dank ihrer Zellaktivatoren weit mehr
Alkohol als normale Menschen. So waren sie noch relativ nüchtern,
als sie sich endlich entfernen konnten, ohne daß es im
allgemeinen Trubel auffiel. Ein Gleiter mit einem Polizisten am
Steuer brachte sie nach Hause zurück.
Die Gouverneurin lehnte sich unterwegs gegen Bullys Schulter und
lachte leise auf.
„Ich habe einen reizenden kleinen Schwips, Reg - ich darf
Sie doch wohl so nennen? In einer solchen Stimmung war ich noch nie,
seit... nun, ich will es lieber vergessen. Oh, hier auf Carynga
versteht man sehr gut Feste zu feiern, das eben war nur ein kleiner
Anfang! Die Feiern werden drei Tage dauern, für diese Zeit ruht
jede Arbeit, und auf jedem freien Platz sind Vergnügungsstände
aufgebaut. Es wird unruhige Nächte geben, in Carrin wie überall
wird man unser Jubiläum ausgiebig begehen, das nächste wird
erst wieder in hundert Jahren sein... Wissen Sie, daß ich Sie
furchtbar gern mag, Reggie, ebenso wie meine Tochter?"
Ihr Gesicht wandte sich dem Manne zu, ihre dunklen Augen
strahlten. Reginald Bull versuchte, sich gegen ihre Zauber zu wehren,
doch es gelang ihm nicht. „Mir ergeht es nicht anders, Nelda!"
flüsterte er heiser. „Verdammt, warum kann ich nicht ein
anderer sein, irgendein junger Mann von dieser Welt? Dann wäre
alles halb so schwer für mich."
„Alles ist immer nur so schwer, wie man es nimmt, Reg!"
raunte die junge Frau. „Ich bin jetzt schon seit Jahren allein
und habe seit meiner Scheidung keinen Mann gefunden, der mir etwas
bedeutet hätte. Doch jetzt bist du gekommen, und plötzlich
sieht alles ganz anders aus..."
Bully wurde einer Antwort enthoben, denn in diesem Moment ging der
Gleiter auf dem Dach des Wohnhauses der Gouverneurin nieder. Der
Pilot öffnete das Verdeck, ließ seine Passagiere
aussteigen, grüßte noch einmal kurz und startete dann
wieder. Für einen Moment standen die drei Personen schweigend
da, dann sagte Ras Tschubai:
„Erlauben Sie mir, daß ich mich formlos entferne, Sir?
Es zieht mich in mein Bett und ich habe keine Lust mehr, den ganzen
Weg zu Fuß zu gehen..."
Er wartete die Entgegnung nicht ab, sondern teleportierte direkt
ins Gästehaus. Hinter ihm schlug die Luft mit einem dumpfen Laut
zusammen, und Nelda Jones sah verblüfft auf die Stelle, an der
der Mutant eben noch gestanden hatte. Dann lachte sie verhalten auf,
nahm Bully bei der Hand und zog ihn auf das Einstiegsluk zu.
„Ras hat sehr schnell begriffen, wie man sieht! Er ist fort,
dir bleibt also nur der weg durch mein Haus - und wenn er etwas
länger dauern sollte als unbedingt nötig, wird es niemand
bemerken..."
10.
Die Entführung
Der Trubel in Carrin war kaum noch zu überbieten, schon seit
dem frühen Morgen ergossen sich wahre Ströme von Menschen
in die Stadt. Bald schon mußte die Polizei den Luftraum und
alle Straßen sperren, denn sämtliche Parkplätze waren
restlos überfüllt. Die Besucher mußten notgedrungen
zu Fuß gehen, aber das minderte ihre gute Laune nicht.
Singende, ausgelassene Menschenmassen wogten hin und her, alle Lokale
waren voll, und die improvisierten Verkaufsstände für
Speisen, Getränke und den eigens für das Jubelfest
produzierten Kitsch erzielten Rekordumsätze.
Die Besatzung der FALCON machte eifrig mit und genoß»
in kleine Gruppen aufgeteilt, ihren Sonderurlaub. Überall, wo
die Männer und Frauen in ihren Uniformen auftauchten, wurden sie
augenblicklich zum Mittelpunkt, man hielt sie frei und lud sie zu
privaten Feten ein. Nur Oberst Roscoe hielt sich diesem Treiben fern,
er hatte freiwillig auf den Aufenthalt in der Stadt verzichtet und
war an Bord seines Schiffes zurückgekehrt. Zusammen mit einem
durch das Los bestimmten Techniker, der aber nach jeweils zehn
Stunden von einem anderen abgelöst wurde, wachte er in der
Schiffszentrale.
Bully und Ras Tschubai schliefen an diesem Morgen lange, für
sie gab es an diesem Tag keine offiziellen Verpflichtungen. Spät
erst fanden sie sich zum Frühstück in Neldas Haus ein, aber
danach war es mit ihrer Ruhe vorbei. Der Störenfried war
natürlich Henny, die nicht eher Ruhe gab, bis sich ihre Mutter
und die beiden Terraner bereitfaden, mit ihr in die Stadt zu fliegen.
Ihre Erzieherin
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