PR TB 221 Findelkinder Der Galaxis
ein armer Mensch.«
»Sie verstehen mich vollkommen falsch.« Wodys setzte
sich wieder. »Ich will doch nur das Beste für uns alle.«
»Wer ist uns alle? Sie? Ich? Oder gehören in Ihren
Vorstellungen auch fremde Völker dazu, die ganz andere Probleme
haben als wir Menschen?«
»Ich bin Biologe.« Wodys richtete sich auf. »Ich
arbeite für mein Volk. Ich weiß nicht, was Ihre Anspielung
auf fremde Völker in diesem Zusammenhang soll.«
Rayla Mundial trank in aller Ruhe den Rest ihres Kakaos aus. Dann
wischte sie sich mit der Serviette den Rest der Flüssigkeit von
den Lippen.
»Sie werden es nie verstehen, Wodys«, sagte sie rauh,
und sie ließ dabei ganz bewußt die Anrede weg. »Sie
haben die Erde nie verlassen, obwohl Sie mehr als doppelt so alt sind
wie ich. Sie sehen nicht die Menschheit. Sie sehen nur sich. Wir
Menschen sind ein Nichts, weniger als ein Staubkorn, in den
unendlichen Weiten des Kosmos. Wenn wir nur für uns arbeiten
würden, wären wir es nicht wert zu leben. Ich habe fremde
Welten und andere Völker gesehen. Dort gibt es Dinge und
Erscheinungen in den Lebensformen, die so anders sind, daß man
seine eigene Unwichtigkeit erkennt. Das Heimweh hat
mich zur Erde zurückgetrieben, aber Sie haben mir hier das
Leben mit Ihrem grenzenlosen Egoismus verleidet.«
Sie machte eine Pause und blickte den staunenden und schweigenden
Wodys an.
»Ich gehe wieder hinaus, denn nicht nur Sie haben einen
Auftrag von Imperium-Alpha erhalten. Was mich dort erwartet, weiß
ich nicht. Die entsprechenden Weisungen aus Terrania-City liegen in
unserer Zentrale sicher inzwischen vor. Sie können sich dort
informieren.«
»Das ist nicht wahr«, behauptete Wodys.
»Es ist wahr, so wahr, wie das Bakterienexperiment gegen die
Laren ein Fehlschlag sein wird. Zum Schluß möchte ich
Ihnen noch eins auf den Weg mitgeben. Ich gehe von hier und von
Ihnen, Mr. Wodys, ohne jeden Zorn und Groll im Herzen.«
Rayla Mundial stand auf, ohne eine Antwort abzuwarten.
Sie drehte sich auch nicht um, als sie ging.
4.
Wie an jedem Doppelmond trafen sie sich auf dem Hügel der
Ruinen. Die Luft war lau und angenehm, und die Großen Steine
strahlten die Wärme des Tages in die dünne Atmosphäre
zurück. Die friedlichen Bäume (und nur diese wuchsen in
dieser Region) wiegten ihre ewigen Blätter und Äste unter
einem säuselnden Ton, der nur Gutes verhieß.
Dies war der Ort, an dem man in Ruhe sprechen konnte. Nichts
störte die energetische Einheit der Versammelten. Sie kapselten
sich in der üblichen Weise vom Rest ihres Volkes ab, um ganz
unter sich zu sein.
Der große, aber sehr ferne Mond Rotvoll sandte sein
schwaches Licht hinab, das sich in den Großen Steinen brach und
mit dem Glitzern von Spalter vermischte. Mancher der Anwesenden
mochte sich schon gefragt haben, welches Naturwunder es bewirkte, daß
der kleine Mond Spalter ein so prächtiges und ständig
wechselndes Farbenspiel erzeugte.
Die traurige Wahrheit aber war, daß schon seit vielen
Häutungen keiner mehr über dieses Phänomen nachgedacht
hatte, denn das Generationenproblem war das einzige, was die
Versammelten beschäftigte.
Es war das Problem aller Probleme, und wenn man keine Lösung
finden würde, wäre das Ende eine verwaiste Welt, in der die
friedlichen Bäume ein einsames Dasein führen würden.
Die bösartigen Genossen, die äußerlich fast genauso
aussahen, würden ihnen nichts tun können.
Vielleicht, so vermuteten einige der Anwesenden, würden dann
die bösartigen Bäume aussterben, denn ihre grausamen
Ableger würden keine Opfer mehr finden.
Spalter wechselte in das typische Farbbild, das ihm seinen Namen
gegeben hatte. Sein rechter Rand schimmerte hellgelb, sein linker
funkelte wie ein Diamant. Dazwischen lag die Dunkelzone, die keinen
Lichtstrahl der nahen
Sonne reflektierte.
Sie waren nur noch siebzehn, die sich diesmal versammelten. Sie
schwebten über den Großen Steinen und nahmen die Restwärme
auf. Dann senkten sie sich schweigend hinab, um die Flüssigkeit
in den Vertiefungen der Großen Steine in sich aufzusaugen. Die
vergangenen Tage waren wohlgesinnt gewesen, denn es hatte sich viel
von dem süßen Honigseim der friedlichen Bäume mit dem
Regenwasser vermischt. Die Aushöhlungen waren randvoll. Dünne
Spuren an den abfallenden Seiten der Großen Steine wiesen
darauf hin, daß einige Schalen sogar übergelaufen waren.
Daß einige trotzdem nicht bis zum Rand gefüllt waren, lag
an der Verdunstungswärme der Großen Steine, die jeden
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