PR TB 230 Die Träumer Von Naphoora
Zeit,
fand Akhisar. Er stand auf, alses ihm zu langweilig wurde, um sich
ein wenig umzusehen.
Kniehoch war das Gras, das die Lichtung bedeckte. Umsäumt
wurde das Areal von dichtem Buschwerk, mehr als mannshoch.
Etwas bewegte sich in den Büschen. Akhisar, immer noch ein
wenig müde und obendreir mit gefülltem Magen, dachte an
keine Gefahr. Er trat näher.
Erst als er das wütende Fauchen hörte, begriff er, daß
er in höchster Gefahr schwebte. Er blieb stehen, von der Furcht
gleichsam festgefroren.
Nur knapp zehn Meter vor ihm duckte sich die Katze auf den Boden,
deutlich waren die irisierend grünen Augen zu erkennen. Akhisar
wußte - ein Prankenhieb des Tieres genügte, ihn auf der
Stelle zu töten.
„Nicht bewegen!" erklang es vor hinten, leise aber
bestimmt. „Unter gar keinen Umständen bewegen -sieh zu.
daß du dem Tier immer dein Gesicht zeigst!"
Akhisar atmete tief durch. Er spürte das Hämmern seines
Herzens. Gf ads Stimme klang ruhig. Akhisar kehrte dem Raubtier das
Gesicht zu. Es fiel ihm schwer, den lauernden Blick der Bestie zu
ertragen. Wenn er nur seine Waffe bei sich gehabt hätte ...
„Laß das Tier niemals deine Seite sehen, wende dich,
drehe dich, aber zeige ihm immer dein Gesicht."
Akhisar sah keine andere Möglichkeit - ob er wollte oder
nicht, er mußte Gfad vertrauen. Wenn Gfad sich nicht auskannte,
hatte es ohnehin keinen Sinn, etwas zu versuchen.
Die Katze duckte sich tiefer, fauchte erneut. Mit einem häßlichen
Geräusch schnappten die Krallen hervor. Es war, als wollte das
Tier die Beute auch noch verhöhnen.
„Geh auf die Katze zu! Frontal, zeige ihr nicht deine Seite.
Geh auf sie zu!"
Akhisar spürte seinen Körper kaum mehr. Er vernahm nur
den Hammerschlag, mit dem sein Herz in seiner Brust pochte, er hörte
seinen eigenen keuchenden Atem. Dann wieder das bedrohliche Fauchen.
„Geh auf sie zu!"
Akhisar nahm allen Mut zusammen, der ihm verblieben war. Mit
angehaltenem Atem machte er den
ersten Schritt.
Das Fauchen der Katze verstärkte sich. Unwillkürlich
blieb Akhisar stehen. Wenn er schon in diesem weitgeöffneten
Rachen enden sollte - an den Wurzeln der Eckzähne erkannte
Akhisar schaudernd schwarzes geronnenes Blut - dann wollte er dem
Rachen nicht auch noch entgegengehen. Er wollte sich gerade zur
Flucht wenden, als er wieder Gfad hörte:
„Geh auf die Katze zu! Aufrecht!"
Akhisar spürte seinen Unterkiefer beben. Er machte einen
Schritt, dann noch einen.
Die Katze bewegte sich heftig.
So überraschend kam ihre Aktion, und so fürchterfüllt
war Akhisar, daß er gar nicht äazu kam, zu reagieren.
Plötzlich stand die Katze aufrechtda, fauchte ihn an - und
war dann mit einem gewaltigen Satz im Dschungel verschwunden. Akhisar
hörte das Knacken der Zweige, die von dem massigen Leib der
Raubkatze bei diesem Sprung zerbrochen wurden. Er starrte fassungslos
auf die Stelle, an der er gerade noch dem Tod ins funkelnde Auge
geblickt zu haben glaubte.
Seine Beine wurden schwach unc weich. Gfad fing ihn auf.
„Glück gehabt", sagte der Helagh mit einem Stöhnen
der Erleichterung. Akhisar konnte obwohl halb benommen, sehen, daß
Gfad tief erschrocken gewesen war.
„Glück?" fragte Akhisar.
Gfad ließ ihn auf den Boden gleiten. Die beiden anderen
kamen näher, auch sie deutlich mm Schrecken im Gesicht
gezeichnet.
„Dieses Tier ist dumm", sagte Gfad. „Es sieht
deinen Körper von vorn, und es rechnet irstinktiv mit einer
entsprechenden Ausdehnung in die Tiefe. Daß du auf zwei Beinen
gehst, weiß die Katze nicht, sie hält dich für einen
riesigen Vierbeiner - und der ist entweder zu gefährlich, um ihn
anzugreifen, oder als Futter einfach zu massig."
Akhisar schüttelte fassungslos den Kopf.
„Was sagst du da?"
„Es stimmt", sagte Gfad. „Ich habe davon gelesen.
Wenn man in einer solchen Lage dem Angreifer die Seite zeigt, wenn
das Tier begreifen kann, wie schmal du bist - dann schlägt es
zu, und duhast keine Chance mehr. So aber fühlt es sich
unterlegen und ergreift die Flucht."
„Das hast du ausprobiert?"
Gfad lächelte.
„Ich sagte schon, ich habe es gelesen."
Die Vorstellung, daß er gerade als Teil eines Experiments in
höchster Lebensgefahr geschwebt hatte, erschütterte
Akhisar.
„Und wenn es nicht gestimmt hätte?"
„Wärest du jetzt tot", sagte Gfad. „Wir
vielleicht auch, wer weiß das schon."
„Deine Zuversicht möchte ich haben", sagte
Akhisar. „Wenn ich gewußt hätte ..."
„Wenn...", sagte Gfad schlicht.
5.
Gfad
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