PR TB 230 Die Träumer Von Naphoora
nicht mehr lange auf sich warten
lassen. Wenn die vier Pech hatten ... aber Akhisar wagte nicht, sich
das in allen Einzelheiten auszumalen.
Binnen weniger Augenblicke wurde es finster. Der Wolkenteppich
hatte sich geschlossen. Eine einzige grauschwarze Masse von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, und zum erstenmal zog sich das
grelle Gespinst der Blitze über den Himmel.
Der Donnerschlag war ohrenbetäubend. Akhisar erlebte ein
Gewitter zum erstenmal im Freien, und ihn
packte Furcht beim Anblick der Naturgewalten, die sich auf kleinem
Raum austobten.
Immer heftiger und rascher zuckten die Blitze über den
Himmel. Die ersten Tropfen fielen.
„Beeilt euch", sagte Gfad. „Wir müssen die
Treppe verlassen haben, wenn der Regen richtig losgeht, sonst werden
wir hinuntergespült."
Und unten ersaufen wir, wenn sich der Kessel bis zum Rand mit
Wasser füllt, dachte Akhisar grimmig.
Groß, schwer und erstaunlich warm fiel der Regen herab,
faustgroße Tropfen manchmal, die hart auf den Körper
auftrafen, zerstoben und im Nu alles durchnäßten. Akhisar
war heilfroh, festen Boden unter den Füßen zu haben. Er
brauchte nur zwei Schritte zu machen, dann war die Sohle erreicht. Er
glitt aus, schlug der Länge nach hin und landete im
aufgeweichten Lehm, der ihn sofort vom Gesicht bis zu den Schuhen
verdreckte.
Fluchend stand Akhisar wieder auf.
„Ärgere dich nicht", meinte Gfad. „Der Regen
wird dich wieder sauberwaschen."
Akhisar starrte an sich herab, auf den gelben Schlamm, der ihn
bedeckte und nun vom Regen abgespült wurde. Es würde einige
Zeit vergehen, bis der Dreck weggewaschen war.
„Suchen wir uns eine Deckung", schlug Betaph vor. „Wenn
der Regen stärker wird, werden die Tropfen uns
zusammenschlagen."
Die vier Helaghs beeilten sich. Der Boden war ohnehin ein wenig
weich, und nun begann der endlose Regen den Untergrund in einen
Morast zu verwandeln, in dem man mühelos verschwinden konnte.
Unter einer Baumgruppe suchten die vier Zuflucht.
„Wo sind wir überhaupt?" wollte Akhisar wissen.
„Mitten im Dämmerdschungel", sagte Gfad. Er half
Akhisar dabei, sich auszukleiden und die Kleider in den prasselnden
Regen zu halten, damit sie ordentlich
durchgespült und wieder sauber wurden. „Aber so ganz
genau weiß ich es auch nicht."
Akhisar, nach den Ereignissen der jüngsten Zeit von tiefem
Mißtrauen erfüllt, dachte nach.
„Das Tal müßte man vom Gleiter aus leicht
erkennen können", behauptete er. „Und die Wege sind
aus der Luft ebenfalls sehr deutlich auszumachen - die Büttel
müßten den Platz genau kennen."
Gfad ließ ein warmes Lachen hören.
„Weißt du, wie groß dieser Dschungel ist?"
fragte er belustigt. „Und wie wenig unser Volk davon weiß?
Es ist durchaus möglich, daß die Büttel des AynSyd
nichts von diesem Ort wissen - obwohl ich dir recht gebe. Wir werden
es herausfinden, also warte es ab."
Geduld war die Eigenschaft, die n Akhisar am wenigsten vertreten
war.
Er sah Gfad an und grinste.
„Da ich ohnehin völlig durchnäßt bin,
schadet es nichts, wenn ich mich ein bißchen umsehe - oder?,,
Gfad lächelte.
„Wenn du meinst?"
Ohne einen Faden Kleidung am Leib verließ Akhisar den Schutz
der Baumgruppe. Schon nach wenigen Metern spürte er die Wucht,
mit der de: Regen herabprasselte. Am liebsten wäre er auf der
Stelle umgekehrt, aber so stark fühlte er sich nicht, daß
er die Schwäche seines Fehlers hätte zugeben können Er
rannte schnell weiter, suchte unter einem breitblättrigen Baum
kurze Zuflucht und rannte
dann wieder los.
Selbst im strömenden Regen waren die Wege einigermaßen
klar zu erkennen - nicht zuletzt deswegen, weil sich in den
Vertiefungen der Trampelpfade das Wasser sammelte. Immer wenn ein
Tropfen in die Pfütze traf, schoß eine handbreite Fontäne
aus dem Wasserspiegel heraus - ein deutliches Zeichen für die
ungeheure Heftigkeit dieses Wolkenbruchs.
Akhisar suchte nach dem Zentrum des Talkessels.
Dort gab es die geheimnisvolle Öffnung im Boden -wenn sie
nicht längst voll Wasser gelaufen war. Immer weiter drang
Akhisar vor. Jetzt begann ihm der Wettlauf gegen den Regen sogar ein
wenig Spaß zu machen.
Ab und zu warf er einen Blick hinauf zum Himmel -noch immer wälzte
sich die undurchdringliche Wolkendecke über das Tal und ließ
ungeheure Wassermassen in die Tiefe regnen. Akhisars Furcht, in
diesem Tal elendiglich ersäuft zu werden, schien nicht von der
Hand zu weisen zu sein.
Als Akhisar endlich den Ort erreichte, wo er das Loch
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