PR TB 242 Herr Der Hundert Schlachten
Tyrus. Alle Tyrer, die
sich in Tempel oder Heiligtümer hatten flüchten können,
wurden durch diesen Gottesfrieden gerettet, darunter auch Stadtkönig
Azemilk.
Der Weg zum Nilland schien frei zu sein.
Dor, Ashdod und die Burg von Straton ergaben sich und wurden
weitere Mosaiksteine des makedonischen Weltreichs. Achtundzwanzig
Parasangen weiter südlich stand Gaza im Weg, knapp zwanzig
Stadien vom Meer entfernt, beherrscht von dem Satrapen Batis, einem
fetten, häßlichen Beschnittenen.
Jedes Friedensangebot wurde schroff abgelehnt, obwohl Batis von
den Mauern der hochgelegenen und scheinbar unbezwingbaren Festung die
Größe des Heeres und die Teile der Belagerungsmaschinen
ebenso hatte sehen wie er die Berichte der Boten hatte verstehen
können - er handelte
selbstmörderisch, als er Alexanders Ansinnen ablehnte.
Sechzig Tage lang belagerten die Makedonen die Festung.
Nachdem eine Sandrampe aufgeschüttet und die Mauern
untergraben worden waren, nach langem Beschuß der
Felsschleudern und Katapulte brachen die Mauern zusammen. Alexander,
der wie immer an der Spitze seiner Männer zu finden war, wurde
zweimal verwundet: Ein Soldat tat so, als wolle er sich ergeben und
drang mit einem Dolch in der linken Hand auf ihn ein. Der Bolzen
eines feindlichen Pfeilkatapults verletzte ihn viel schwerer. Schild
und Harnisch wurden durchschlagen, und der Bolzen grub sich nahe dem
Schlüsselbein tief in die Schulter.
Wieder wurden alle männlichen Bewohner der Stadt getötet.
Frauen und Kinder gingen in die Sklaverei. Stämme aus der
Umgebung wurden in die Stadt gebracht, die von einer makedonischen
Verwaltung übernommen wurde. Alexander ließ überall
die Verwundeten zurück, die Alten und jene, die ihn baten, in
dieser oder der anderen Stadt bleiben zu dürfen. Wieder tat er,
was er sich versprochen hatte - Alexander streute griechische Kultur
und Zivilisation an den wichtigsten Punkten über den eroberten
Teil der Welt.
Batis wurde von einem Streitwagen zu Tode geschleift.
Das nächste Ziel hieß Ägypten.
Es war das mächtigste, älteste und am meisten geordnete
Königreich im Herrschaftsgebiet des Darius.
Alexander, inzwischen ein Vierteljahrhundert alt, wanderte mit
seinem Heer durch Sümpfe und Wüste, und die tödlichen
Sümpfe am Uferrand besiegte er, indem seine Schiffe Wasser und
fußkranke Soldaten transportierten. Nur zwölf Jahre zuvor
war hier ein persisches Heer dezimiert worden. Bevor das Jahr endete,
befand sich der Feldherr am östlichsten Arm des Nildeltas. Die
Ägypter empfingen ihn mit echter Begeisterung.
6.
Die Überschwemmung des Nils war vorbei, sicher ruhte die Saat
im feuchten Boden. Nun brach, kurz vor der Wende des Jahres, für
das Nilland eine kurze Zeit der Ruhe an. Für die
Handelskarawanen und die Schiffe der Phöniker war es leicht, den
Nil zu überqueren und zu befahren. Wir begannen uns in Naukratis
zu langweilen. Im Augenblick betrachteten wir eine Karte, die das
bisher von Alexander eroberte Gebiet zeigte.
»Es ist beeindruckend, nicht wahr?« fragte Charis. In
der Zeit, die wir uns außerhalb der schützenden Kuppel
aufhielten, reifte sie unmerklich zu einer jungen Frau heran, wurde
klüger und schöner. »Ich ahne, daß er noch
lange nicht genug hat.«
Ich schraffierte behutsam das Land entlang dem Nil und deutete
darauf.
»Das wird der nächste Abschnitt. Aber bis Persepolis
und zu den Ländern im Osten ist es noch weit.«
»Du solltest ihm diese Karte zeigen, Atlan.«
»Er würde sie noch nicht verstehen. Ich müßte
ihn in unzähligen kleinen Schritten auf das wahre Aussehen und
die gigantischen Entfernungen der Welt vorbereiten.«
»Und das würde bedeuten, daß du oder wir mit ihm
ziehen müßten«, meinte sie. »Das wollen wir
nicht.«
»Eines Tages werden wir keine andere Wahl haben«,
sagte ich. »Ich bin sicher, daß Mazakes und die Priester
unserem Schützling huldigen werden.«
Auch Alexander schonte sich. Sein Heer fand Nahrungsmittel, Sonne
und Schatten im Überfluß. Natürlich hatten Boten
schon längst sein Kommen angekündigt. Wir saßen da,
vertrieben uns die Zeit mit Hilfeleistungen für Handwerker und
Kaufleute und waren zornig darüber, daß wir auf seine
Aktionen warten mußten. Mir erging es nicht anders als den
Freunden. Wir hatten jede Form der Unterstützung und eine
machtvoll einsetzbare Ausrüstung und brauchten nichts davon.
Nachdem ich lange dazu gebraucht hatte, meine Erlebnisse im
Ammontempel Siwas zu verarbeiten, beschäftigte mich
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