PR TB 246 Expedition Ins Totenreich
schmerzhafte Pochen
ihres Herzens beruhigte. Sie atmete tief ein. »Warum verfolgst
du mich?« fragte sie rauh. »Was will die Kosmische
Auktion noch von mir? Ich habe mich an die Regeln gehalten; ich
akzeptiere den Bann. Was willst du noch?«
»Du bist im Pfandhaus der Leidenschaften gewesen, Sayla«,
stieß Las-Run hervor. Seine Stimme bebte; er trat einen Schritt
auf sie zu. »Ich weiß es. Du hast dort diesen verdammten
Gurrad getroffen, diesen Rurrgronnom. Was hast du mit ihm ausgeheckt?
Was habt ihr getan? Antworte! Was habt ihr mir angetan?« Er
packte sie an den Schultern und schüttelte sie heftig hin und
her. Sein Gesicht war wutverzerrt. »Du sollst antworten!«
Sayla war im ersten Moment von dem Ausbruch zu überrascht, um
reagieren zu können. Sie stöhnte auf, als sich Las-Runs
Finger tiefer in ihre Schultern gruben. »Laß los, du tust
mir weh!«
»Was habt ihr getan?« heulte der Akone. »Warum
habt ihr das gemacht? Es ist grausam, so etwas einem Menschen
anzutun!«
Die Frau riß sich los. Ihre Hand fuhr hoch. Die Mündung
des Impulsstrahlers deutete genau auf Las-Runs Nasenwurzel. »Ich
weiß nicht, was du meinst«, rief sie wild. »Wir
haben über dich gesprochen, das ist alles. Wir haben überlegt,
wie wir dich dazu bringen können, deine verpfändeten
Gefühle auszulösen. Rurrgronnom hat mir erzählt.«
»Nur geredet?« unterbrach der Akone. »Und was
ist das, Sayla? Bei allen Dämonen, schau es dir an und sag mir,
was ist das?« Er packte die Knopfleiste seines Hemdes und riß
daran, daß die Knöpfe davonspritzten. Das Hemd klaffte auf
und entblößte die Brust. Aber die Brust war transparent.
Die Rippen, das pochende Herz und das Geflecht der Adern war deutlich
sichtbar. Und während Sayla noch wie betäubt das
unglaubliche Bild
betrachtete, verloren auch die Rippen an Festigkeit.
»Mein Gott!« sagte sie entsetzt.
»Heute morgen«, murmelte Las-Run. »Es begann
heute morgen. Ich kann meine Haut noch fühlen, aber ich kann sie
nicht mehr sehen. Und der Prozeß setzt sich fort. Ich wußte
sofort, daß es dein Werk ist. Deshalb habe ich dich verfolgt.
Deshalb.« Er verstummte. Drei Stahlhände hatten sich aus
dem Gewirr der Passanten gelöst. Ihre Zeigefinger mit den
eingebauten Lasern waren drohend auf den Akonen und auf Sayla
gerichtet.
»Fort mit der Waffe«, sagte eine der Stahlhände.
Sayla gehorchte. Ernüchtert schob sie den Strahler zurück
in ihren Ärmel.
»Verhaftet sie!« schrie Las-Run. »Ein Attentat.
Sie hat ein Attentat auf mich verübt. Mit irgendeiner fremden,
schrecklichen Waffe. Ich löse mich auf. Sie ist dafür
verantwortlich. Schaut euch meine Brust an! Schaut sie euch an!«
Die Stahlhände schwebten näher.
»Mit ihrer Brust ist alles in Ordnung«, erklärte
ihre Sprecherin kühl.
Der Akone schnappte nach Luft. »Alles in Ordnung?«
echote er. »Seid ihr blind? Meine Brust löst sich auf. Sie
ist durchsichtig! Sie löst sich auf!«
»Mit Ihrer Brust ist alles in Ordnung«, wiederholte
die Stahlhand. »Keine Veränderung. Trennen Sie sich jetzt.
Jeder geht seinen eigenen Weg. Sofort.«
Las-Run wich zögernd zurück. »Aber.«,
stammelte er. »Meine Brust.«
»Gehen Sie!«
Der Akone fuhr herum und rannte davon. Bald hatte ihn die hin und
her wogende Menge verschluckt. Sayla drehte den Kopf. »Seine
Brust war tatsächlich transparent«, sagte sie mit tonloser
Stimme zu den Stahlhänden. »Troy, sie war durchsichtig!«
Troys Frauenstimme klang jetzt weniger hart und drohend. »Du
mußt dich irren, Sayla. Ich habe keine Veränderung
bemerkt.« Die Stahlhände drehten dann ab und setzten ihren
Patrouillenflug durch die Gänge und Räume YANINSCHAS fort.
Er hat es nicht bemerkt! dachte Sayla ungläubig. Wie bei der
Sonne in den künstlichen Gärten! Troy sieht nicht, was vor
sich geht. Oder täuschen wir uns? Leiden wir an kollektiven
Halluzinationen? Sehen wir Dinge, die nicht existieren? Mein Gott,
irgend etwas geschieht, und die arkonidische Positronik ist blind
gegenüber der Wirklichkeit! Sayla betrachtete die Menge, die
Menschen und die humanoiden und nichthumanoiden Extraterrestrier, die
den Korridor bevölkerten. Sie hörte ihre Stimmen, die sich
zu einem undefinierbaren Klangbrei vermischten, und wie auf ihrem Weg
zur Komstation bemerkte sie auch hier die Veränderung. Die
Gesichter waren bedrückt, sofern ihre Physiognomie genug
Menschenähnlichkeit aufwies, um gedeutet zu werden; die
Bewegungen erfolgten hastig, waren von Aggressionen geprägt;
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