PR Tefroder 01 - Das genetische Siegel
von Cha Panggus Schritten beobachteten. Zunächst hatte Fenji diese Methode für einen Ausdruck von übersteigertem Egoismus und Geltungswahn seines Meisters gehalten; inzwischen erkannte er die psychologische Raffinesse, die dahinter stand. Es schürte die Angst der Bevölkerung in ganz erstaunlichem Maß und diente dazu, die Seele des Volkes zu brechen ... genau wie der Jagdsport in den Farbzonen.
Jeder Schritt der beiden Piraten hallte von den hoch aufragenden Häuserwänden in der Gasse wider.
Vodyan war eine heiße Welt - zu heiß, als dass ein Gui Col sich auf ihr wohlfühlen könnte. Die Doppelsonne stand im Zenit über dem
Häusermeer. Obwohl Fenji genau wusste, dass die schlichte Tatsache zweier Sterne im System nichts über die Temperatur auf dem Planeten aussagte, kam es ihm dennoch doppelt so heiß vor, als es ihm lieb war. Beide Sonnen leuchteten fahlgrün und schickten weithin sichtbare Protuberanzen wie wabernde Tentakel in den Weltraum; die ungewöhnliche Farbgebung war das Resultat einer atmosphärischen Verseuchung, die erst wenige Jahrzehnte zurücklag und damals mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Planeten ausgelöscht hatte. Mahnmale und Grabstätten bildeten auf Vodyan einen alltäglichen Anblick. Selbst die Residenz des Bürgermeisters war über einem Platz der Erinnerung errichtet worden.
Inmitten des Platzes schwebte eine stilisierte Weltkugel. Grüner Nebel umgab sie, in den holografisch jeweils einige Sekunden lang schrecklich verzerrte Vodyanoi-Fratzen projiziert wurden. Fenji konnte keines der Gesichter konkret wahrnehmen; zu schnell zerschmolzen sie zu zähen Fäden, die aussahen wie unter Gluthitze schmelzendes Wachs.
»Was sie mit diesem Anblick ihren Kindern antun«, sagte Cha Panggu.
»Es wird verhindern, dass es je wieder geschieht.« Die Stimme klang hinter ihnen auf, kühl und nicht weniger grausam als das Mahnmal. Doch diese Grausamkeit entstammte nur übermächtiger Angst und Verzweiflung. »Ich bin Zatronija.« Dann, ätzend wie Säure: »Ihr wolltet mich sprechen.«
Der Schüler und sein Meister drehten sich gleichzeitig um. Ein Vodyanoi stand neben ihnen, der sie um Haupteslänge überragte. Die Vodyanoi besaßen seltsam in die Länge gezogene, flache Schädel. Ein faustgroßes Stirnauge dominierte die nach innen gewölbte Stirn. Eine Doppelreihe spitzer Zähne flankierte die Sprechöffnung in der völlig schwarzen Gesichtshaut. Auf beiden Schläfen saß jeweils ein weiteres Auge, was eine fast vollständige Rundumsicht ermöglichte. Zatronija stand auf drei Beinen, die mit silbrig glänzendem Stoff umwickelt waren, genau wie die drei sinnverwirrend unsymmetrisch verteilten Arme: zwei an der rechten Körperhälfte, einer links.
»Zatronija«, wiederholte Cha Panggu. »Welche Freude, den Bürgermeister und wichtigsten Mann dieser Stadt kennenzulernen.«
»Ich hörte, ihr wollt mich aufsuchen.«
»Von Wollen kann keine Rede sein. Es ist eine schiere Notwendigkeit.
Wir benötigen für die nächsten zwei oder drei Tage eine Unterkunft. Deine Gastfreundschaft soll allerdings nicht umsonst sein.« Der Pirat zog einen goldenen Chip hervor und reichte ihn dem Bürgermeister. »Auch auf deiner Welt ist er gültig. Eine mehr als großzügige Entschädigung, wie du feststellen wirst. Wir können morgen dennoch gern über den Betrag sprechen und ihn unter Umständen erhöhen.«
Zatronija starrte auf den Chip, rührte jedoch keinen Finger.
Cha Panggu gab einen zischenden Laut von sich. »Du solltest es annehmen, oder willst du mich beleidigen?«
»Nichts liegt mir ferner.« Der Vodyanoi umschloss das Geschenk mit seiner mittleren Hand. »Folgt mir zu meinem Haus. Der Eingang führt am Mahnmal vorbei. Den Anblick kann ich euch leider nicht ersparen. Wer mich aufsucht, muss an die Vergangenheit erinnert werden, damit sich die Katastrophe niemals wiederholt und jeder in der Lage ist, die Anzeichen schon im Keim zu erkennen.« Das dritte Bein, das als Stütze diente und große Sprünge ermöglichte, schwebte beim normalen Gehen wenige Zentimeter über dem Boden.
Neben der nebelumwölkten Weltkugel flimmerte die Luft, was Fenji erst erkannte, als sie sich bis auf wenige Meter genähert hatten. Ein zu allen Seiten offener Antigravlift führte zu einer Bodenluke in dem Gebäude, das auf drei mächtigen Säulen über dem Mahnmal aufragte. Sämtliche Fenster in der breiten Vorderfront waren verdunkelt, die Wände mattblau gestrichen, das Dach leuchtete strahlend im gleichen
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