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PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten

PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten

Titel: PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Ceytefroder, wie sie sich bald nannten, ruhten auf ihrer Veranda in einer Nachtluft, die wie Atem warm war, und lauschten dem süßen Regen oder den Posaunenliedern der Tripodone aus den Weiten der Savanne.
    Sie nannten ihre Hauptstadt Ceytefa.
    In Ceytefa nahm es seinen Anfang.
    Es begann damit, dass einige Ceytefroder über einen unruhigen Schlaf klagten, ganz grundlos, wie es schien. Frauen, Männer, Kinder, einige lebten in den südlichen Parzellen von Ceytefa, dort, wo die Stadt bis an die Ufer des Ghaum reichte; andere lebten im Norden, bei den Raumlandeplätzen und ihren Dämpfungsfeldern.
    Manche im Westen. Manche im Osten. Manche mitten in der Stadt, in der Nähe des Augenbaumhains.
    Schlechter Schlaf, schlechte Träume. Dass sie sich am Morgen so zerschlagen fühlten, so ganz merkwürdig zerschlagen. Als wären sie im Schlaf abgestürzt, auf einem Feld aus Eisen zerschellt, zersplittert, und danach wieder zusammengekittet worden.
    Nur, dass ein Teil fehlte.
    Ein winziges, vielleicht ganz unbedeutendes Teil. Wer weiß. Sie jedenfalls wussten es nicht. Etwas fehlte, ja; aber sie wussten nicht, was.
    Das, stellte sich heraus, träumten sie alle: den Sturz; das Instückegehen; die mangelhafte Reparatur.
    Die Klagen häuften sich.
    Die Medonen begannen ihre Untersuchungen. Erste Publikationen. Fachleute landeten auf Ceydemes. Ein Somnologe von Aralon.
    Sie landeten, untersuchten, experimentierten. Fanden nichts.
    Wie sollte man Träume kartografieren, wie sollte man geträumten Stürze dokumentieren?
    Die Klagen häuften sich.
    Wieder und wieder fühlte man sich zerschlagen. Nach jeder vierten oder dritten, bald nach jeder Nacht fehlte ein winziges Detail. Welches? Man wusste es nicht.
    Wie eine Epidemie breitete es sich aus.
    Auffällig wurde es dann in Gesprächen. »Ich habe gestern mit Alilan gesprochen.«
    »Mit Alilan?«
    »Alilan.«
    »Welcher Alilan?«
    »Alilan. Deiner Schwester.«
    »Ich hatte eine Schwester?«
    »Du hast eine Schwester. Alilan.«
    »Oh.«
    »Alilan. Erinnerst du dich nicht?«
    »Alilan. Nein. Ich erinnere mich nicht.«
    Weitere, gezieltere Untersuchungen folgten. Ja, es waren Erinnerungselemente, die den Betroffenen abhandengekommen waren. Anfangs wohl nur winzige, entlegen Details, entfernte Gerüche der Kindheit, Fundstücke, Puppen und Garn, Folienfitzelchen voller geheimer, längst unverständlicher Zeichen, unschuldige Sorgen, unbedeutende Bruchstücke.
    Aber so unbedeutend denn wohl doch nicht, denn plötzlich geriet die gesamt Mnemoarchitektur ins Rutschen, ins Wanken; plötzlich fanden sich die Betroffenen, Ausgeraubten vor dem Spiegel, starrten, und ihre Mütter und Väter, Töchter und Söhne standen dabei und hörten sie sagen, den Finger auf den Spiegel gerichtet:
    »Wer ist das?«
    »Du«, antworteten sie. »Das bist du.«
    »Du?«
    »Sag: Ich. Das bin ich.«
    »Was ist das: Ich?«
    Die Tripodone tönten wie eh und je, aber in Ceytefa und in den anderen Städten begann man, die Nacht und den Schlaf zu fürchten. Die
    Veranden standen leer.
    Man komponierte neue Medikamente. Man verabreichte sie den Kindern. Eine schlaflose, eine immer übernächtigtere Zivilisation.
    Aber der Schlaf ist eine zu große Gewalt. Holt sich sein Recht. Kassiert das Bewusstsein und legt es zur Seite wie eine Bagatelle.
    Die ersten Tausend versuchten zu fliehen, aber da war Ceydemes längst unter Quarantäne gestellt, und die fliehenden Schiffe - Lastraumer, Beiboote, Jachten, ein Schlachtkreuzer - hingen, von Traktorfeldern stillgestellt, im Orbit über dem Planeten, auf dem die Vergessenheit umging.
    Es war nichts als ein Zufall, dass man sie entdeckte: diese winzigen Körper, kaum sichtbar, einer Augentäuschung näher als einer materiellen Existenz, Fliegen.
    Ja, man hat sie Fliegen genannt, obwohl sie natürlich keine Fliegen waren. Sondern biomechanische Wunderwerke, kybernetische Miniaturen von einer Vollkommenheit, die außerweltlich wirkte, ganz und gar jenseitig.
    Man entdeckte sie, als man den Schlaf der Schläfer studierte. Wahrscheinlich hat man sie zunächst für eine Bildstörung gehalten, für ein Flirren in den sonst so bildgewaltigen Monitoren.
    Allmählich erst hat man sie entdeckt. Wie sie, eine daumennagelgroße Wolke, und darin Zehntausende von ihnen, sich auf die Schläfen der Schläfer niederließen und durch die Poren der Haut und, wie man bald einsah, durch die Schädelknochen einmarschierten, die kleinste Invasion der Welt.
    Es trieb sie, es zog sie tief in diejenigen

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