Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR2603-Die instabile Welt

PR2603-Die instabile Welt

Titel: PR2603-Die instabile Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
einem formenergetischen Tisch, die Beine locker ausgestreckt. Er lauschte ins Weltall hinaus. Der Kleine grinste zuversichtlich, wie fast immer. Er war womöglich jener Faktor, der diese Auseinandersetzung zu ihren Gunsten entscheiden würde.
    Oder sollte er auf Nemo Partijans Ideenblitze vertrauen? Auf das Genie, das sich mit der Entwicklung einer gänzlich neuen Spielart der Hyperphysik auseinandersetzte? Würde er jenen entscheidenden Impuls liefern, den sie so dringend benötigten?
    Mikru stand bei ihm und unterstützte ihn. Der Avatar wirkte konzentriert – und ein wenig ratlos. Womöglich entwickelte Partijan Ideen, die selbst der Rechner des Schiffs nicht auf Anhieb verstand.
    150 Sekunden waren vergangen, seit Rhodan die Pilotenrolle verlassen hatte. Er musste sie ein weiteres Mal annehmen. Ringsum wurde gebombt und geschossen und gewütet und getötet. Die Belastung der Schutzschirme stieg langsam, aber stetig an.
    »Wir sehen uns«, sagte er zu Mondra und rutschte in Position.

7.
    Heatha Neroverde
     
    Orontes' Unterwelt war anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Viel unheimlicher, viel gefährlicher. Die Trainingseinheiten auf Kenyon und Herbst wirkten rückblickend wie geruhsame Spaziergänge, verglich man sie mit dem Marsch hinab zur Stadt der Todringer.
    Sinaid Velderbilt, die sich bereit erklärt hatte, sie zu begleiten, bewahrte sie nicht nur einmal vor Leben gefährdenden Fehltritten.
    Ringsum brodelte und kochte Magma. Unheimliche Tiere machten sich bemerkbar: handflächengroße Ameisenwesen, die ätzenden Schleim in ihre Richtung schleuderten, oder vierbeinige Kriecher, die Mensch wie Ertruser mit ihren Geistesgaben in halluzinative Albträume zogen.
    Auch Awkurow war gegen die Trugbilder der Logiss-Spalter, wie er sie nannte, nicht immun. »Sie sind eine Plage. Und sie wagen sich immer weiter in Richtung Stadt vor«, erzählte der Todringer. »Ihr Fleisch schmeckt zwar lecker und sein Genuss beschert seltsame Sinneserfahrungen, doch sie sind kaum zu jagen. Man könnte meinen, dass sie ahnen, wo und wie wir unsere Fallen aufstellen.«
    Das Gestein ringsum ist schuld an dieser seltsamen Flora und Fauna, machte sich Neroverde einmal mehr bewusst. Es existieren camouflierende Hyperkristalladern, die hyperisolierend wirken und zugleich das Leben auf Orontes aufladen. Es kommt zu Spontanmutationen. Manche Lebewesen entwickeln Parafähigkeiten.
    Immer wieder bebte der Boden unter ihren Füßen. Risse zeigten sich im Gestein und verbreiterten sich, Gänge drohten einzustürzen.
    Trotz all der Unwägbarkeiten, denen sie auf Orontes ausgesetzt waren – diese seltsame, feindselige Welt samt ihrer fremdartigen Bewohner war alles, worauf sie bisher in der fremden Galaxis bauen konnten.
    In den oberflächennahen Bereichen des Höhlensystems hatten sich vor einigen Stunden terranische Roboter an die Arbeit gemacht, um Gänge und Hohlräume zu sichereren Orten zu machen. Sie verstärkten Wände und Decken mit Plast-Spritzguss, dessen variable Oberflächenspannung Gesteinsrisse bis zu 20 Zentimeter Breite aushielt.
    Drei technische Ingenieure aus dem Volk der Swoon befanden sich zufällig an Bord der CHISHOLM; sie hatten eine Urlaubsreise auf dem Schiff gebucht. Ihre Fachkompetenz war von unschätzbarem Wert. Mithilfe von improvisierten Gerätschaften erfassten sie die Magma-Hauptkamine unter dem dreigeteilten BASIS-Tender, stellten Messungen an, berechneten Statiken und beschäftigten sich grundsätzlich mit Risikomanagement.
    Der Frachtmeister der CHISHOLM, ein düsterer Geselle namens Benesol von Dar, bereitete die ersten Warenlieferungen aus dem Fundus des Schiffs für die Todringer vor. In etwa vierundzwanzig Stunden würde sich der erste Konvoi auf den Weg machen – sofern die Klanmütter zwischenzeitlich zu einer Einigung gekommen waren und den Bewohnern der CHISHOLM Asyl für längere Zeit gewährten.
    Es gibt Fortschritte, sagte sich Neroverde. Die Lage stabilisiert sich, wir atmen ein klein wenig Hoffnung.
    Doch sie selbst spürte nichts davon. Sie bangte um Lor-Eli.
    Die TLD-Agentin öffnete den SERUN – und bereute es im nächsten Moment. Die Luft war so heiß, dass Neroverde meinte, sie würde binnen Sekunden die Atemwege verätzen. Wie konnten die Todringer unter derartigen Lebensbedingungen bloß existieren?
    Sie sind Stehaufwürmchen und haben sich an die Bedingungen angepasst. Sie schuften und kämpfen und improvisieren. Was ihnen unter den Händen zerfällt, wird repariert. Immer wieder.

Weitere Kostenlose Bücher