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PR2607-Der Fimbul-Impuls

PR2607-Der Fimbul-Impuls

Titel: PR2607-Der Fimbul-Impuls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Sellerie. »Sie haben ein Haus hingestellt, hier.« Er wies mit dem Daumen über seine Schulter, in die stark bewaldete Region seines Habitats.
    »Nur hier?«
    »Ich weiß nicht, ob nur. War nicht spazieren lange Zeit. Geh nicht mehr viel aus. Die Grafen lauern mir auf und reden und reden und reden.«
    Routh grinste. So sah er das auch. »Hast du die Direktion des Zoos informiert?«
    »Worüber?«
    »Über die ganz anderen.«
    »Nein«, sagte Ed.
    Der junge Gorilla gähnte ausgiebig, stand auf und schlenderte zu Ed hinüber. Er hielt einige Vernonie-Blüten in der Hand. Der Junge bot Ed die Blüten an; sie erinnerten Routh an kirschrote Sterne.
    »Ich werde die Direktion unterrichten«, sagte Routh, ohne sich wirklich dazu entschieden zu haben.
    »Ja«, sagte Ed. »Wozu?«
    Wozu? Um die Behörden aufmerksam zu machen auf die Versammlung junger Leute im Zoo? Er konnte sich die Reaktion ausmalen: Immer noch wurden die solaren Planeten von den Phänomenen heimgesucht. Die sichersten Bauwerke zerbrachen unter den Auswirkungen der Gravospaltung und der Gravoerratik; sie kollabierten, wenn ihnen das Nirvana-Phänomen das Fundament raubte.
    Tausende Tote, noch mehr Verschüttete unter den Ruinen. Immer noch wurde jeder Verkehr massiv behindert; die Benutzung schneller Verkehrsmittel konnte lebensgefährlich sein. Die psychischen Effekte ließen die Menschen zu Hunderttausenden desorientiert umherirren.
    Und da wollte er darauf aufmerksam machen, dass sich – zugegebenermaßen ungewöhnlich viele – Jugendliche an einen der sichersten Orte der Stadt geflüchtet hatten, den von hohen Bauwerken weitgehend freien Zoo?
    Wer sollte sie vermissen, wenn sie ihren Eltern und Freunden einfach die Wahrheit gesagt hatten, die so harmlos und so beruhigend klang wie nur möglich: Wir gehen in den Zoo?
    »Er mag mich gern«, sagte Ed stolz, nahm dem Jungen eine Vernonie-Blüte aus der Hand – die kleinste von allen –, rieb sie genießerisch zwischen seinen schwarzen Lippen und las ihm zärtlich mit den Fingerkuppen einige imaginäre Läuse aus den aufgestellten borstigen Kopfhaaren.
    Der junge Gorilla riss Ed ein wenig am Fell und äußerte ein paar gutturale Laute. Ed lauschte und schien Routh vergessen zu haben.
    Routh stand auf.
    »Warte«, sagte Ed. »Umo hat sie gesehen. Dein Tochterkind.«
     
    *
     
    Sie bewegten sich abseits der Pfade. Hin und wieder öffneten sich Büsche. Dann sah Routh in einiger Entfernung die Jugendlichen in einer endlosen Reihe gehen. Sie gingen zu zweit, zu dritt nebeneinander. Die meisten schwiegen wohl; vielleicht flüsterten sie. Jedenfalls drang kaum ein Laut zu Routh hinüber. Die Ruhe, mit der sie sich fortbewegten, gab dem Ganzen etwas von einer Prozession.
    Umo führte Ed und Routh. Sie kamen durch dichte Lobeliengruppen. Die kahlen Stämme der Schopfbäume ragten fast zwei Meter empor.
    Einmal scheuchten sie ein Warzenschwein auf.
    Unversehens öffnete sich das Buschwerk zu einer muldenartigen Lichtung. Der Boden bog sich sanft wie eine Schale. Das Gras wuchs kniehoch. In der Mitte der Mulde erhob sich das pagodenartige Bauwerk der Auguren – das Gnauplon.
    Routh hatte etwas Ähnliches zum ersten Mal in Hamburg gesehen, auf dem großen Friedhof Ohlsdorf. Gegen das Bauwerk im Zoo aber wirkte das Gnauplon von Hamburg wie ein stark verkleinertes Modell.
    Der Bau erschien wie eine unmögliche Mischung aus Zelt und Turm. Als hätte man Zelt auf Zelt auf Zelt gebaut – jedes der acht Stockwerke vielleicht drei Meter hoch.
    Der Grundriss der Konstruktion war achteckig. Die Zeltwände erweckten den Eindruck, als bestünden sie aus gewebtem Stoff, einer Art Leinen, das man mit Firnis oder Lack überzogen hatte. Das Tuch irisierte leicht. Obwohl es windstill war, bauschten sich die Stoffbahnen manchmal.
    Rund um die Pagode wölbte sich das Land zu einem grasüberzogenen Wall, aus dem sich zwei niedrige Hügel erhoben. Auf der Kuppel dieser beiden Anhöhen steckten jeweils drei Metallpfeiler in der Erde und ragten zwei, vielleicht drei Meter auf.
    Das Metall der drei Pfeiler schimmerte grauschwarz und glatt poliert.
    Die Stelen, dachte Routh. Derartige Dinge hatte er zum ersten Mal im Gnauplon auf dem Hamburger Friedhof gesehen. Vielleicht der Umgebung wegen hatte er sie intuitiv mit Grabstelen verglichen. An diesem Ort aber wirkten sie nicht wie Grabstelen, sondern wie die Standarten einer fremden Legion von Sternenkriegern, die damit ihr Territorium markierten.
    Die Jugendlichen kamen aus drei

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