Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR2607-Der Fimbul-Impuls

PR2607-Der Fimbul-Impuls

Titel: PR2607-Der Fimbul-Impuls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
Vom Netzwerk:
das, ein Blatt auf dem Kopf, mit einem Schluckauf kämpfte. Der junge Gorilla warf Routh nur einen kurzen, desinteressierten Blick zu.
    Routh kannte ihn nicht. Er war früher oft und gern mit Anicee hier gewesen; Anicee hatte sich so weit mit einem Gorillamädchen angefreundet, dass sie sich mit ihr mitunter ohne Translator unterhalten konnte; in Gebärdensprache, wie sie vor ewigen Zeiten taubstumm geborene Menschen hatten erlernen müssen.
    Er war jahrelang nicht mehr hier gewesen.
    Dennoch musste Routh sich nicht von Puc erinnern lassen. Er fand auf den vertrauten Pfad zurück, durch das Dickicht, und hatte Ed nach wenigen Minuten aufgespürt. Der alte Silberrücken hatte immer noch seine Laube, eine dicht von Büschen umstandene Mulde bei einem Kosso-Baum. Die langen, gefiederten Blätter bildeten hoch oben, fast 30 Meter über dem Grund, eine schirmförmige Krone. Ed hatte seine Mulde damals wie heute mit einigen Blättern des Kosso halbwegs bedeckt.
    »Hallo, Ed«, grüßte Routh.
    Der mächtige Gorilla saß auf dem Boden, auf einem kleinen Tablett einen Krug mit kühlem Weißbier. Er schälte eine Stange wilden Sellerie.
    Neben Ed hockte ein Junges, pflückte mit Daumen und Zeigefinger andächtig die tiefroten Blüten von einem Vernonie-Strauch und schob sie sich in den Mund.
    Ed schaute Routh aus seinen braunen Augen an, die unter den mächtigen Überaugendächern lagen. Routh hatte das mächtige Tier früher ein- oder zweimal aufgerichtet gesehen. Mit durchgedrückten Knien maß Ed 2,30 Meter. Damals war er das Oberhaupt der Sippe gewesen; nun hielt er sich offenbar abseits und wurde freundlich geduldet.
    »Ru«, sagte Ed.
    »Darf ich mich setzen?«
    Ed überlegte einen Moment, dann aktivierte er den Gebärdentranslator, den er um das linke Handgelenk trug.
    Ed machte eine kurze Zeichenfolge mit seinen Fingern. »Setz dich«, klang die Stimme aus dem Translator. »Lange nicht gesehen, Ru.«
    Routh nickte und machte eine vage entschuldigende Geste. »Viel Arbeit.«
    »Oh«, sagte Ed. »Soso.«
    Routh zeigte auf das Junge. »Dein Sohn?«
    Ed betrachtete den Gorillajungen nachdenklich, der Routh nur einen kurzen Blick zugeworfen hatte. »Möglich«, sagte Ed. »Und dein Tochterkind?«
    Routh lächelte. Ed hatte ein gutes Gedächtnis. Er war überhaupt ein kluger Kopf. Die Stadtregierung hatte vor einigen Jahren mit ihm verhandelt, als man der Gorilla-Kolonie wieder einmal das Wahlrecht andienen wollte. Das Angebot kam periodisch, und es wurde jedes Mal sanft, aber nachdrücklich zurückgewiesen.
    »Meine Tochter«, sagte Routh, »Anicee, sie ist verschwunden. Ich habe gehofft, sie ist hier. Im Zoo.«
    »So«, sagte Ed. »Es sind viele hier. Mehr als sonst. Es ist alles groß durcheinander.«
    Routh nickte. »Du hast sicher davon gehört, dass das Sonnensystem versetzt worden ist?«
    »Das bodenlose Land«, sagte Ed und wies mit dem Daumen einer Hand zum Himmel. »Das ist Menschenreich. Das kümmert uns nicht. Wir sind dem Kummer abhold.«
    Routh musste lachen. »Wir auch, eigentlich.«
    Ed biss in den Sellerie und kaute. »Keinen Kummer mögt ihr? Ihr? Sicher nicht?«
    Routh aktivierte den Holoprojektor im Implantmemo. »Anicee hat sich verändert, seit du sie das letzte Mal gesehen hast.«
    Ed betrachtete das Bild der jungen Frau. Ihr ovales, schmales Gesicht, ihre leicht olivgrünen Lippen. Das dunkelrote, fast braune Haar aus der Stirn gekämmt, hinter die Ohren. Ihr introvertierter Blick, wenn sie bemerkte, dass man sie ansah.
    Sie trug in diesem Holo bereits den daumennagelgroßen MultiKom auf der linken Wange, zwischen Kinn und Ohr. Aber die Kommunikationsfolie war noch nicht mit dem Bild von Auris versehen. Im Holo trug Anicee einen einteiligen blauschwarzen Overall mit integrierten Stiefeln; ein transparenter Rock fiel von der Hüfte bis zu den Knöcheln.
    »Hast du sie gesehen?«
    »Nein«, sagte Ed. »Schade für dich, das schmerzt mich, aber ich habe sie nicht, dein Tochterkind. Andere habe ich gesehen. Sogar ziemlich insgesamt andere.«
    »Insgesamt?«, fragte Routh. »Du meinst: andere als die Menschen. Außerirdische.«
    »Das sage ich«, sagte Ed. »Insgesamt andere. Sehen nackt und blass aus, und doch vielfarbig. Haben andere Augen. Nicht so rund wie wir, du und ich. Sondern so.« Ed deutete mit dem Zeigefinger eine senkrechte Linie an.
    Senkrecht geschlitzte Pupillen, dachte Routh. Auguren.
    »Wo sind diese – mit den anderen Augen?«, fragte Routh.
    »Hm«, machte Ed und knusperte an dem

Weitere Kostenlose Bücher