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PR2608-Konflikt der Androiden

PR2608-Konflikt der Androiden

Titel: PR2608-Konflikt der Androiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Wege, die in die Zentrale hinein- und auch wieder aus ihr hinausführten, hatte der Maskenträger mittlerweile im Griff.
    Er hatte lange gebraucht, um wirklich akzeptieren zu können, dass er sich für Richtungsänderungen und Verzweigungen keinesfalls auf sein Erinnerungsvermögen verlassen durfte. Es genügte, wenn er sich gedanklich auf sein Ziel konzentrierte und den Weg durch die stollenartigen Gänge konsequent bis zum Ende ging, ohne sich von den oft überraschenden und scheinbar sinnlosen Richtungsänderungen aus dem Konzept bringen zu lassen.
    Lass dich vom Sein leiten und nicht vom Schein.
    Samburi Yuras Rat begleitete Saedelaere wie ein unsichtbarer Wegweiser, der in gebührendem Abstand immer vor ihm schwebte.
    Er verdrängte den schmerzenden Gedanken an die Kosmokratenbeauftragte, konzentrierte sich auf das Ziel seines neuen Weges und lauschte dabei immer wieder auf Eroin Blitzers trippelnde Schritte.
    Sie sprachen kein Wort, so dicht an der Zentrale.
    Der nur diffus ausgeleuchtete Stollen endete an einer niedrigen Tür. Saedelaere bückte sich und drückte die wie poliertes Messing wirkende Klinke nach unten.
    Die Tür öffnete sich nicht.
    »Warte!«, flüsterte Blitzer im Tonfall eines Verschwörers. Er klopfte dreimal gegen die Tür.
    Saedelaere lächelte, als der Zwergandroide danach ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat und ihn fast ängstlich ansah. Früher hätten sie kaum so viel Rücksicht aufeinander genommen, hätten sich gegenseitig als notwendiges Übel betrachtet und entsprechend kalt und meist abschätzig behandelt.
    Nun waren sie Partner. Eigentlich Verbündete. Ein ungleiches Duo jedenfalls, das wusste, dass einer auf den anderen angewiesen war, um in dieser Welt und während ihrer Mission die Oberhand zu behalten.
    »Hallo?«, erklang eine gedämpfte Stimme von jenseits der Tür. »Sind Sie es, mein Herr?«
    »Ja«, antwortete Saedelaere. »Ich bin es. Und mein Freund Eroin Blitzer ist bei mir.«
    Ein leises »Oh!« war zu hören. Sekunden später bewegte sich die Klinke nach unten – und die Tür schwang auf.
    »Bitte, erschrecken Sie nicht, mein Herr!«, rief Kaninchen.
    Kaninchen, so nannte sich das Wesen, das als Bote zwischen Samburis Reservat und der Zentrale der LEUCHTKRAFT fungierte. Ein Stück eigenartiger Vertrautheit, fand der Maskenträger.
    Saedelaere ließ Blitzer den Vortritt und zwängte sich erst nach dem Androiden selbst durch die niedrige Tür – und stutzte.
    Bestürzt sah er Kaninchen an. Das Pseudolebewesen, das sich wie das kleine weiße Kaninchen aus Lewis Carrolls »Alice im Wunderland« präsentierte, war kaum wiederzuerkennen.
    Die langen Schlappohren hingen ihm in eigenartig unnatürlichem Winkel über den Kopf. Der bislang schneeweiße Pelz wirkte stumpf und schmutzig. Handflächengroße Haarbüschel waren offensichtlich ausgefallen. Die darunterliegende Haut wirkte jedenfalls grau und krank, während das karierte Sakko aussah, als hätte es zehn Jahre lang in einem staubigen, von Motten und Holzwürmern eroberten alten Schrank gehangen.
    »Was ist mit dir geschehen, Kaninchen?«, fragte der Maskenträger.
    »Ich ... wir wissen es nicht genau«, sagte das Wesen. »Da draußen ist etwas ...«
    » Was ist da draußen?«
    Kaninchen kratzte sich am Kopf. Etliche Fellhaare lösten sich und wurden vom Wind weggetragen.
    Saedelaere prüfte den Sitz seiner Maske. Zögernd hob er den Kopf und schaute zum Himmel hinauf. Träge trieb eine dunkle Wolkenbank über die Szenerie.
    Nicht nur Kaninchen, auch die Innenwelt der LEUCHTKRAFT hatte sich gewandelt. Und veränderte sich womöglich weiterhin. Düster, auf unbestimmte Art gefährlich, wirkte die Savannenlandschaft, die sich hinter der Tür bis an den fernen Horizont erstreckte.
    »Was ist da draußen?«, wiederholte Eroin Blitzer Saedelaeres Frage.
    »Ich würde es Ihnen gern sagen, meine Herren.« Kaninchen mümmelte. »Aber wir wissen es nicht. Wollen ... wollen Sie ins Dorf?«
    Der Maskenträger verneinte. »Heute nicht. Eroin und ich – wir werden unseren Weg schon finden.«
    »Oh.« Kaninchen seufzte. Dann drehte es sich um und rannte davon.
    Saedelaere blickte dem veränderten Geschöpf nach.
    »Etwas stimmt hier nicht, Eroin«, sagte er stockend.
    Der Zwergandroide nickte stumm.
    Gemeinsam durchquerten sie die weite Ebene. Erst in der Ferne erhoben sich Tafelberge. Tief strichen die dunklen Wolken darüber hinweg.
    Endlich erreichten sie den kleinen Hügel mit dem s-förmig gebogenen Baum, auf dem

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