PR2612-Zielpunkt BASIS
Unklarheiten. Je weniger Alternativen und Entscheidungsmöglichkeiten sie zur Verfügung hatten, desto wohler fühlten sie sich, desto besser funktionierten sie.
»Wer oder was könnte Schuld tragen, dass die Entführung der BASIS schiefging?«
»Sie ging nicht schief«, stellte der Badakk richtig. »Es gab lediglich eine Abweichung. Wenn wir ausschließen, dass der Fehler bei uns lag – und das tun wir; ein Arbeitskreis unserer Theoretiker hat das Manöver mehrmals durchgerechnet –, müssen wir den Grund bei äußeren Umständen suchen. Raum-Zeit-Diskrepanzen, die auf hyperenergetischen Effekten beruhen, sind so gut wie auszuschließen. Andernfalls wüssten wir Bescheid.«
Arwesteds Arbeitsgürtel, der straff über seinen elfenbeinweißen Körper gewunden war, leuchtete hellrot auf. Die Badakk waren in ein sehr eng geschnürtes Informationsnetz eingebunden und kommunizierten ständig miteinander. Einzig der Götterglaube bot den Badakk die Flucht in eine Form der Individualität.
»Also haben wir es mit einem Gegner zu tun, der über unsere Pläne Bescheid wusste und in der Lage war, sie zu durchkreuzen?«
»Falsch!«, wagte Arwested zu widersprechen. »Er durchkreuzte sie nicht. Er konnte die Entführung der BASIS nicht verhindern. Er vermochte den Vorgang lediglich zu beeinflussen. Woraus man schließen kann, dass der oder die Unbekannten über Wissen und Kräfte verfügen, die beeindruckend sind. Aber sie sind nicht unschlagbar. Ganz gewiss nicht.«
»Du weißt, dass der Anzug der Universen und das Multiversum-Okular wichtig für uns sind?«, wechselte Kaowen das Thema.
»Ja.«
»Und hast du eine Vorstellung, warum dies so ist?«
»Nein.«
»Warum weißt du es nicht?«
»Ich ... bin nicht eingeweiht.«
Kaowen wandte sich ab. Der Badakk reagierte zufriedenstellend. Er wirkte nervös und unsicher. Er hatte keine Ahnung, warum ausgerechnet er als sein persönlicher Ratgeber agieren sollte, und schon gar nicht, warum er derartige Fragen gestellt bekam.
Weil ich willkürlich handle. Weil ich ganz genau weiß, wie unruhig die Besatzungsmitglieder – und insbesondere die Badakk – werden, wenn sie kein Muster in meinen Handlungen, Fragen und Befehlen erkennen. Umso überraschter sind sie, wenn ich meine Aufgaben dennoch zur Zufriedenheit QIN SHIS erfülle. Sie verstehen all die kleinen und großen Ablenkungsmanöver nicht. Sie sehen bloß das Vordergründige und erkennen nicht den Kern meiner Aufgaben.
Leider war es ihm in letzter Zeit nicht immer gelungen, seinen Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen. Er hatte einige unglückliche Entscheidungen getroffen. QIN SHI würde nicht sonderlich erfreut sein.
»Die Flotte hat sich auf den Weg gemacht?«, fragte er den befehlshabenden Funkoffizier.
»Ja, Protektor.«
»Dann folgen wir. Ich erwarte die üblichen Sicherheitsmaßnahmen und Begleitschutz.«
Hatte sich die Besatzung bislang aus Angst vor seinen Zornausbrüchen bloß leise und gedämpft unterhalten, setzte nun jene Betriebsamkeit ein, die mit jedem Kampfmanöver einherging.
Kaowen geriet aus dem Fokus der Aufmerksamkeit, die Mannschaft ging so konzentriert zur Sache, wie er es von ihr erwartete. Dies war immerhin die RADONJU, das Flaggschiff der QIN- SHI-Garde!
Der Protektor unterdrückte einen Fluch. Er täuschte Autorität und Wissen vor. Dabei hatte er selbst nicht den blassesten Schimmer, was QIN SHI mit dem Raumschiff BASIS anfangen wollte. Auch die Begriffe »Multiversum-Okular« und »Anzug der Universen« waren ihm völlig fremd.
*
Sie verließen die Transitblase, umgeben von einem letzten Hauch violetten Schimmers. Der Raumsektor, in dem sie sich befanden, war von keinerlei strategischer Bedeutung.
Da war die BASIS; sie drehte sich langsam, gut gegen den immerblauen Hintergrund erkennbar.
Das Schiff war riesig. Die Kernform, ein Diskus, wurde von einem breiten Ringwulst eingefasst. Am Heck der BASIS befand sich ein riesiger Block, dem aufgrund vielfältiger energetischer Emissionen die Antriebselemente der BASIS zuzuordnen waren. Der Bugteil, kleiner und so wie das Heckteil quaderförmig, stellte wohl den Kommandosektor dar.
Die RADONJU würde bereits in diesem kleinen Teilobjekt verschwinden!, machte sich Kaowen bewusst.
Und dennoch: Größe war nicht alles. Sie sagte nichts über Wehrhaftigkeit, Beschleunigungsvermögen oder Passivschutz aus. Seine Informationen über die BASIS waren ausreichend, sie so rasch wie möglich zu besetzen.
Die Eroberung des Schiffs war
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