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PR2617-Der dunkelste aller Tage

PR2617-Der dunkelste aller Tage

Titel: PR2617-Der dunkelste aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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vor«, stellte ARINNA fest. »Höchstwahrscheinlich handelt es sich also um einen optischen Effekt.«
    Das war es nicht.
    Die Space-Jet wurde in Flugrichtung gestaucht und, als der Wabenverbund der Schiffszelle aufbrach, mit unwiderstehlicher Gewalt zusammengedrückt.
    Eine unsichtbare Schrottpresse packte den Diskus und gab ihn nicht mehr frei.
    Nach wie vor keine Meldung des Autopiloten. Womöglich war die Bordpositronik überhaupt nicht in der Lage zu erkennen, was mit der WI ALPHA geschah.
    Binnen Minutenfrist wurde die Space-Jet zerknüllt und zusammengepresst ...
    ... sie verschwand in einer implodierenden Lichterscheinung, als habe sie niemals existiert.
    »Keine Reaktion des Autopiloten«, meldete ARINNA.
    Lähmende Stille lag über der Zentrale. Ataur Singh setzte an, etwas zu sagen, doch er brachte kein Wort über die Lippen. Blass blickte er aus weit aufgerissenen Augen auf die Hologalerie.
    Da war nichts mehr, was an das Beiboot erinnert hätte.

3.
    Terrania, Whistler-Museum
    13. September, 22.30 Uhr
     
    »Die Standardneuronen auf transparent setzen! Fokus auf die Synapsen, die den Roboter zur artistischen Leistung befähigen sollten!«
    Toja Zanabazar stand inmitten des Gehirnscans. Wie poröser Füllschaum während der Trocknungsphase zog sich das künstliche Gewebe um sie zusammen. Lediglich ein filigranes Paket trat deutlicher aus dem verblassenden Rest hervor.
    Mit einem Mal erschien alles viel lichter und luftiger: ein Kosmos im Kleinen, der den universellen Strukturen Konkurrenz machte. Toja Zanabazar, Robotikerin der Whistler Company, drehte sich einmal um sich selbst. Ihr suchender Blick saugte die Clusterstrukturen in sich auf, die Wattebäusche der künstlichen Gedankenhardware.
    Das austarierte Zusammenspiel hatte den abgestürzten Roboter zu seinen artistischen Leistungen befähigt. Extreme Artistik ohne Antigravunterstützung oder den Einsatz feinster Zug- und Druckfelder. Nicht einmal hochgepeitschte Rechenleistung hatte Anwendung gefunden, um den nach menschlichem Vorbild geformten Leib in der Balance zu halten ...
    Allein das präzise Gespür seines im strittigen Schaumguss entstandenen Gehirns hatte den Roboter dem Applaus der Zuschauer verfallen lassen. Ein »Gefühl«, das in seiner Positronik ohne Zusatz von Bioplasma wohl zur Droge mutiert war.
    Zum Verlangen eines Roboters nach Anerkennung seiner Leistung ...?
    Nach Integration?
    Artist neun, Tojas Prototyp, war menschlicher geworden, als sie es geplant hatte. Sie griff zwischen die holografisch wiedergegebenen Nervenbahnen und zog sie auseinander. Was sie sah, verblüffte sie.
    Wucherungen. Aufblähungen einzelner Synapsen. Das konnte an dem geschäumten Leitermaterial ebenso liegen wie an nachträglichen Veränderungen der Nanostruktur, die Programmierungen ...
    ... überbrückten?
    Zanabazar spitzte die Lippen. Hatte das den Absturz des Seiltänzers aus großer Höhe bewirkt?
    Veränderungen, die seine Programmierung modifizierten?
    Etwas war mit der einfachen Positronik geschehen. War das noch die indifferente Entwicklung, auf die sie abgezielt hatte, oder ... eine Mutation?
    Das ist leblose Materie!, rief Toja sich zur Ordnung.
    »Optimale Vergrößerung!«, sagte sie, bewegte eigentlich nur die Lippen, doch der Holoservo reagierte sofort. Die metallisch blau schimmernden Synapsen schwollen an. Sie schienen zu atmen, zu pulsieren, als wären sie in der Tat eigenständiges Leben.
    Verantwortlich war wohl ein optischer Effekt, hervorgerufen durch wirbelnde Luftmoleküle. Das extrahierte Robotergehirn schwebte im Schichtensensor. »Kein Vakuum«, hatte Zanabazar bestimmt, denn das wäre zu viel Aufwand für ihre persönliche Spielerei gewesen. Bedauerlich, dass sie nicht mehr in den Entwicklungs- und Produktionsprozess eingebunden war. Weggelobt – ja, das traf den Nagel auf den Kopf. Andererseits bot ihr die Position als Direktorin des Whistler-Museums einige Freiheiten. Sofern sie lange genug im Büro blieb. Wie heute. Wie gestern. Wie vorgestern. Wie morgen sicher wieder.
    Dieses Spiel, das sie trieb und dafür ihre freie Zeit opferte, war eine Herausforderung. Und manchmal, entsann sich Toja, wurde aus Spiel bitterer Ernst.
    Wo habe ich das erst gehört?
    Sie ließ sich von ihrer sprunghaften Überlegung treiben. Der Satz erschien ihr bedeutungsvoll. Reginald Bull lächelte plötzlich vor ihrem inneren Auge. Es war unverkennbar sein markantes Gesicht, die Narbe auf der Wange, das rote Stoppelhaar.
    Resident Bull. Nach

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