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PR2617-Der dunkelste aller Tage

PR2617-Der dunkelste aller Tage

Titel: PR2617-Der dunkelste aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Sol vor dem Tod noch einmal alle Kraft zusammen.
    Das machte den Abschied umso schwerer. Eigentlich unerträglich.
    »Uns stehen dunkle Tage bevor.« Adams hatte eine treffliche Art, eigentlich Unerträgliches zu umschreiben, ohne es zu bagatellisieren oder gar schlimmer zu machen. »Der dunkelste aller Tage wird jedoch der sein, an dem die Sonne tatsächlich ihr Licht verliert. Der Fimbul-Impuls wurde ausgelöst, was ihm folgt, ist nur noch eine Frage der Zeit ...«
    Abend senkte sich auf Europa herab, im Großraum Terrania war Mitternacht längst vorüber. In wenigen Stunden würde über der Weite der einstigen Wüste Gobi die aufgehende Sonne mit ihren Strahlen die höchsten Etagen der Wohnsiedlungen ankratzen und heller werdend immer tiefer wandern, bis hinab in die Straßenschluchten ...
    Würde die Sonne wieder aufgehen? Oder warteten Menschen und gezähmte Natur vergeblich auf einen neuen Morgen?
    Vielleicht blieben wirklich nur mehr acht Minuten. Das wäre der schlimmste Fall gewesen. Über kurz oder lang würden diese acht Minuten Frist entsetzliche Realität werden. Danach würde alles anders sein, wie Adams es schon sagte: ein dunkler, niemals endender Tag.
    Düsternis zog auf. Erschrocken hielt die Robotikerin den Atem an. Sie war froh, dass Pollux schwieg. Augenblicke später wurde es wieder heller. Nur eine Wolkenbank hatte sich für wenige Momente vor die Sonne geschoben.
    Allmählich brach die Nacht herein.
    Toja hatte nicht erwartet, dass sie so schnell nach Terrania zurückkehren würde. Andererseits erhielt sie dadurch Zeit, einen sauberen Schnitt zu ziehen. Kein Hals-über-Kopf-Verschwinden, vielmehr würde sie den ihr zustehenden Urlaub nehmen. Vier Wochen am Stück. Und danach? Es war müßig, zu diesem Zeitpunkt darüber nachzudenken.
    Sie wandte sich zu ihren Kindern um. OTHER und WISE waren nicht geschwätzig wie richtige Kinder.
    Introvertierte Eiszapfen ... Die beiden lagen quer über den Passagiersitzen – die Spitzen einträchtig nebeneinander, weil die Kabinenbreite sonst nicht ausgereicht hätte – und hatten ihre Energieversorgung auf ein Minimum zurückgefahren. Sie waren es gewohnt, oft über Tage hinaus untätig zu bleiben. Nicht viele Besucher hatten sich im Museum für sie interessiert.
    »Umgibt sie ein permanentes Kältefeld?«
    »Bleiben meine Finger an dem Eis kleben, wenn ich sie anfasse?«
    Banale Fragen waren das, fand Zanabazar. Was dachten manche Menschen angesichts zweier Eiszapfen, die jeder zwei Meter achtzig lang waren und an der Basis fünfundvierzig Zentimeter durchmaßen? Ihre Außenhaut bestand aus Spiegelfolie, beschichtet mit Mikropixeln aus chromatovariablen Komposit-Verbundstoffen. Optisch wirkten sie wie echte Eiszapfen.
    Toja hatte sich zu diesem besonderen Design verleiten lassen, nachdem sie an einem Whistler-Selbstfindungstrip für Leitende Mitarbeiter teilgenommen hatte. Zwei Wochen quer durch die Antarktis, ein permanenter Kampf gegen Eiseskälte, tobende Schneestürme und Gletscherspalten. Mit einer Ausrüstung wie vor Jahrtausenden, zur Zeit der ersten Mondlandung. Lieber hätte Toja den Mondflug von Rhodan und dem heutigen Residenten Bull in ihrer rauchenden Rakete nacherlebt. Aber Whistler war in der Hinsicht nichts einzureden gewesen, und das war bis heute nicht anders.
    Adams hatte mit ihr gut eine Stunde lang nur über die beiden Roboter geredet. Als habe er sich noch einmal von ihrer Eignung überzeugen wollen. Wofür? Sein Schweigen war beredt ausgefallen.
    »Pass auf deine Kinder auf, Toja!«
    Das taten sie ohnehin, denn ihre Hochleistungs-Biopositroniken waren Meisterwerke. Toja fand, dass sie mit den beiden perfekte Arbeit abgeliefert hatte. Ganz so deutlich hatte Adams ihr das zwar nicht zu verstehen gegeben, doch zwischen seinen Worten war sein Lob angeklungen.
    Henry Whistler, der aktuelle, welche Ironie, hatte das Potenzial nicht erkannt. Er hatte sich gar nicht die Mühe gegeben, weil er sich selbst als besserer Konstrukteur fühlte. Er war wohl der Erste in der langen Ahnenreihe der Whistler-Dynastie, der aus der Art schlug. Oder war er eifersüchtig auf seinesgleichen? Selbst im fünfzehnten Jahrhundert hielten sich hartnäckig die Gerüchte, Whistler sei kein Mensch, sondern ein verkappter Roboter.
    Nicht ohne Stolz betrachtete Toja Zanabazar ihre Kinder. Zusammengeschaltet entwickelten OTHER und WISE ein für ihre geringe Größe gewaltiges Leistungsvermögen. Sie waren dann kreativer als zum Beispiel LAOTSE, die beherrschende

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