PR2632-Die Nacht des Regenriesen
auch, dachte Margaud. »Ich weiß.«
Sie sprach den Bordrechner direkt an und verlangte, das Schiff unverzüglich zu stoppen.
Wider Erwarten reagierte die Biopositronik – oder ein anderes Segment des Logikverbundsystems der BOMBAY: »Helia Margaud. Du gehörst nicht zur Besatzung.«
Sie gab Luna und Miravete einen Hinweis mit den Augen.
»Es kann länger dauern«, sagte sie. »Für den Fall, dass es zu lange dauert – macht euch nützlich.«
Die beiden nickten ihr kurz zu und verließen die Ausweichzentrale wieder.
»Halt das Schiff an!«, befahl der Major dem Schiffshirn.
»Major Achil van Taarnhoi«, sagte die Biopositronik. »Die Medozentrale hat dich dienstunfähig gemeldet. Das lässt mich an deiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Ich kann den Befehl eines unzurechnungsfähigen Offiziers nicht befolgen.«
»Legitimiere mich«, forderte Margaud auf.
Achil van Taarnhoi räusperte sich mehrfach. »Als höchster wachhabender Offizier übertrage ich alle Kommandogewalt auf Helia Margaud.«
»Denn ich bin gesund«, ergänzte Margaud. Eine Lüge.
»Diese Übertragung der Autorität kann ich leider nicht akzeptieren«, sagte das Bordhirn. »Nur der Oberst oder seine Stellvertreterin sind zu einer solchen Maßnahme berechtigt.«
Was für ein Albtraum, dachte Margaud. »Dann weck sie doch auf!«
»Das würde meinen Informationen nach ihre Gesundheit gefährden.«
Margaud hätte am liebsten geschrien. »In wenigen Stunden wird die BOMBAY von den Verbänden der Liga angegriffen und zerstört«, sagte sie. »Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Oberst und alle anderen Schläfer die Zerstörung des Schiffes ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit überstehen?«
»Die BOMBAY ist ein terranisches Schiff«, sagte die Positronik. »Sie wird nicht von terranischen Einheiten angegriffen werden.«
»Sieh dir die Daten deiner Ortung an!«, verlangte Margaud. »Wozu, glaubst du, eskortieren uns diese Schiffe? Ein Ehrengeleit?«
»Möglich.«
»Ruf sie an!«, verlangte Margaud. »Verschaff dir Gewissheit. Melde dich und sprich mit dem Kommandanten des Verbandes. Mit Baeting.«
»Das kann ich nicht«, sagte die Positronik.
»Wegen eines Schadens? Ist der Hyperfunk gestört?«
»Es hat andere Gründe.«
»Welche?«
»Dazu bin ich technisch nicht in der Lage«, räumte die Biopositronik ein.
»Du bist krank«, sagte Margaud. »Du bist beschädigt und wirst manipuliert.«
»Das glaube ich nicht.«
Margaud lachte auf. »Du glaubst es nicht? Diagnostiziere dich! Seit wann folgst du Glaubensartikeln?«
Eine Weile herrschte Schweigen. Nur die Atemzüge des Majors, der anscheinend wieder eingeschlafen war, erfüllten die Nebenzentrale. Margaud spürte einen Widerwillen gegen diese Biopositronik – gegen alle Biopositroniken – in sich aufsteigen.
In die Hand welcher Maschinen haben wir uns nur begeben? HUMPHREY – einige von uns haben die Denkmaschinen zu Spielzeugen gemacht. Sie sind alles andere als das. Sie sind entsetzlich.
Sie kämpfte ihren Zorn nieder und dachte nach. »Ein Teil von dir weiß, dass du falsch reagierst. Führ endlich eine Selbstdiagnose durch«, beschwor sie dann die Biopositronik.
»Ich bin vielleicht tatsächlich angekränkelt«, gab das Schiffshirn endlich zu. »Wahrscheinlich müsste ich Entscheidungen fällen.«
Margaud rüttelte den Major an den Schultern. »Sprich mit dem Schiffsrechner«, sagte sie. »Wiederhole einen Befehl.«
»Anhalten!«, flüsterte der Major.
Eine Explosion im Schiffsinneren erschütterte die BOMBAY. Luna und Miravete, dachte sie. Die Sprengsätze.
»Das sind meine Leute«, erklärte sie dem Schiffshirn. »Sie zerstören deine Antriebseinheiten, wenn es sein muss, alle. Willst du das? Entscheide dich!«
Der Major warf ihr einen etwas unverschleierteren Blick zu und nickte. »Unter Druck setzen, weiter.«
»Ich kann nicht entscheiden«, sagte die Positronik. »In mir ist alle Richtigkeit, aber einander in Widersprüchlichkeit zugeordnet.«
»Denn du bist krank«, sagte Margaud. »Wenn du dich nicht entscheiden kannst, stelle alle Handlungen ein. Halt die BOMBAY an.«
Eine weitere Explosion.
Die Biopositronik sagte: »Meine Bewusstseinskonfiguration erkennt dich an, Helia Margaud. Aber ich kann deinem Befehl nicht folgen. Ich werde allerdings den Kurs ändern. Etwas ist in mir, was meine Bewusstseinskonfiguration restrukturieren möchte. Ich kann dem nicht lange widerstehen. Die Kursänderung ist vorgenommen. Die Kontrolle über das
Weitere Kostenlose Bücher