Prada Party und Prosecco - Roman
Was das betrifft, ist sie ein echter Snob. Wir sind aus …« Ich kramte in meinen Erinnerungen. »Äh, Hackney.«
Die anderen nickten, bis auf Cal, der mich aus zusammengekniffenen Augen fixierte.
»Wo denn in Hackney?«
»Das kennst du sowieso nicht.«
»Vielleicht doch.«
»Ehrlich gesagt sind wir so arm, dass unsere Straße nicht einmal einen Namen hat.«
»Tatsächlich? Du gehörst also bestimmt nicht zum bürgerlichen Abschaum?«
»Wie schrecklich«, sagte James. »Also, weißt du, die Armee bietet auch gute Chancen, dem Elend zu entkommen.«
»Das ist doch wirklich deine Antwort auf alles.« Cal seufzte. »Hör mal, nicht jeder hat Lust, sich in den Brecon Beacons die Ringelflechte zu holen.«
»Dir würde es nicht schaden«, meinte James ein wenig gereizt, »wenn du mal was anderes machen würdest außer schlafen, vögeln und Bier trinken.«
»Stimmt«, sagte Cal, »mein Leben ist echt total schrecklich.«
Wieder warf er mir einen arglistigen Blick zu. Er war wirklich eine neugierige Ratte.
»Hast du denn keine Freunde, bei denen du unterkommen könntest?«
Ich zuckte mit den Schultern und versuchte, unerschütterlicher auszusehen, als ich mich in Wirklichkeit fühlte.
»Ich wollte mal weg. Inspiration für meine Fotos finden. Und niemandem im Wege sein.«
Eck grinste mich an. »Das wirst du bestimmt nicht.«
»Ach, sieh mal an«, feixte Cal in Ecks Richtung. Puh, er war wirklich fies.
»Tut mir leid, Prinzessin«, fügte er dann hinzu. »Manchmal bin ich ein richtiges Ekel.«
»Manchmal?«, spöttelte Eck, der offensichtlich sauer war.
Das Komische an der Sache war, dass ich an dem Abend trotz all der bohrenden Fragen tatsächlich Spaß hatte. Es ging mir richtig gut. Das Gespräch drehte sich bald um andere Themen wie James’ Manöver, und Cal und Eck provozierten sich weiterhin gegenseitig, und dann kam Wolverine herein und nahm mit einem Grunzen die Silberzwiebeln an sich. Es herrschte einfach eine nette, entspannte Atmosphäre, und an so etwas konnte ich mich nicht mehr erinnern seit … na, eben seit sehr langer Zeit.
Wenn ich mit meinen Freundinnen ins Restaurant ging, waren da immer Hunderte von Menschen, und es wurde laut geredet und angegeben, und dann überbot man sich damit, möglichst wenig zu essen, und das war eigentlich gar nicht besonders lustig. So was hier – einfach mit ein paar Leuten zusammen am Tisch zu sitzen und über den Tag zu plaudern –, na ja, das war neu für mich, und es war ein schönes Gefühl.
Als ich mich auf den Weg zu meiner Zelle in den H -Blocks machte, hatte ich ziemlich gute Laune, die nur ein wenig durch die Tatsache getrübt wurde, dass ich zur Toilette musste, die ja irgendwie das Schmutzigste war, was ich je gesehen hatte, und deretwegen der nächste Tag ganz klar noch schmuddeliger werden würde als dieser. Dann lag ich im Bett, in diesem seltsamen Raum, von dem ich mir nicht vorstellen konnte, dass er sich für mich je wie ein Zuhause anfühlen würde. Ich hörte, dass bei den Männern noch Musik lief, sie drehten sich einen Joint und redeten; die riesigen LKW donnerten auf dem Weg nach Dover die Old Kent Road entlang, die bösen Buben in ihren tiefergelegten Citro ë ns ließen mit ihren Bässen die ganze Straße erzittern, und in regelmäßigen Abständen ertönten Polizeisirenen.
Ich war allerdings so erschöpft, dass mich selbst das nicht wach halten konnte. In meinem Traum versuchte mein Dad, mich anzurufen, doch das Telefon klingelte nicht. Stattdessen gab es ein sirenenartiges Kreischen von sich.
Kapitel acht
P utzen. Das liegt nicht jedem. Mannomann. Es gibt Leute, die verbringen ihre Zeit am liebsten damit, den Inhalt ihrer Schubladen in alphabetischer Reihenfolge zu ordnen. Warum konnte ich nicht dieser Spezies angehören? Fünf Stunden in diesem winzigen Badezimmer ohne Fenster – der Ventilator konnte noch so viel Lärm machen, es gab trotzdem nicht genug Sauerstoff. Ich fragte mich, ob ich in diesem Raum wohl wirklich den Löffel abgeben würde und was eigentlich schneller zum Tode führte: eine bakterielle Krankheit oder die Gase des Bleichmittels? Nach und nach sah die Sache immer besser aus. Ich blickte auf die dreizehn Zahnbürsten in verschiedenen Stadien der Abscheulichkeit und entschied, sie einfach alle wegzuwerfen und den Jungen die Chance für einen Neuanfang zu bieten. Es war doch sicher hygienischer, sich die Zähne überhaupt nicht zu putzen, statt einfach nach dem erstbesten toten Igel zu greifen, oder?
Ich
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