Prada, Pumps und Babypuder
nach dem ›J‹ aufgehört hat.«
»Er hat jetzt ein ›J‹ auf dem Arm?« Ich muss kichern.
»In der Nähe des Ellbogens.« Sie verdreht die Augen. »Das sieht vielleicht lächerlich aus.«
»Na ja, vielleicht wollte er einfach cool sein«, mutmaße ich. »Lucy wollte damals, dass er sich ein Tattoo machen lässt, aber er wollte nicht. Er wollte dich bestimmt beeindrucken.«
»Ich bin aber nicht beeindruckt. Und Janice…« Jess fährt sich mit den Fingern durch die kurzen Haare. »Sie ruft mich fast jeden Tag mit irgendeiner Ausrede an. Ob ich mir schon Gedanken über Toms Geburtstagsgeschenk gemacht habe, ob ich sie zu einer Weinprobe nach Frankreich begleiten möchte, lauter so Sachen. Mir reicht’s. Deswegen überlege ich, Schluss zu machen.«
Ich sehe sie traurig an. Schluss machen? Aber mein Kind sollte doch die Ringe zum Altar tragen!
»Nur wegen so ein paar Kleinigkeiten wirft man doch nicht gleich die Flinte ins Korn!«, protestiere ich. »Versteht ihr euch denn gut, abgesehen von dem Tattoo? Habt ihr euch schon mal gestritten?«
»Wir hatten letztens ordentlich Zoff«, sagt Jess.
»Worum ging’s denn?«
»Sozialpolitik.«
Oh, das ist der Beweis. Sie sind füreinander geschaffen!
»Jess, rede mit Tom«, sage ich. »Ich wette, ihr könnt alles klären. Nur wegen eines Tattoos…«
»Es ist nicht nur das Tattoo.« Jess umschlingt mit den Armen ihre Knie. »Es ist noch… was anderes.«
»Was denn?«
Dann schwant mir, was hier los ist. Sie ist auch schwanger. Das muss es sein. Oh Gott, wie cool! Unsere Babys werden Cousins. Wir machen Fotos, wie sie auf dem Rasen sitzen und miteinander spielen…
»Ich habe ein Angebot, für zwei Jahre an einem Forschungsprojekt in Chile mitzuarbeiten.«
Puff. Jess bringt meine schöne Gedankenblase zum Platzen.
»In Chile?«, frage ich fassungslos. »Aber das ist… ewig weit weg.«
»Siebentausend Meilen, um genau zu sein.« Sie nickt.
»Und… willst du das machen?«
»Ich weiß noch nicht. Es ist eine tolle Gelegenheit. Mit dem Team will ich schon seit Jahren gerne zusammenarbeiten.«
»Okay«, sage ich nach einer kurzen Pause. »In dem Fall… solltest du wohl gehen.«
Ich muss sie unterstützen. Es geht um ihre Karriere. Ein bisschen traurig macht mich das allerdings schon. Immerhin habe ich so lange nichts von meiner Schwester gewusst und sie erst vor so kurzer Zeit kennengelernt, und nun will sie ans andere Ende der Welt verschwinden?
»Ich habe mich schon so gut wie entschieden, das Angebot anzunehmen.« Sie sieht mich an, und ich blicke in ihre haselnussbraun gesprenkelten Augen. Sie hat so hübsche Augen. Vielleicht hat mein Baby ja auch haselnussbraun gesprenkelte Augen.
»Du musst mir ganz viele Fotos von meiner Nichte oder meinem Neffen schicken«, sagt Jess, als könnte sie meine Gedanken lesen.
»Natürlich! Jede Woche.« Ich beiße mir auf die Lippe und versuche, das alles zu verdauen. »Also… was ist mit Tom?«
»Ich habe es ihm noch nicht erzählt.« Sie zuckt mit den Schultern. »Aber es wird das Ende bedeuten.«
»Nicht unbedingt! Ihr könnt doch eine Fernbeziehung führen… und es gibt E-Mail…«
»Zwei Jahre lang?«
»Na ja…«Vielleicht hat sie Recht. Sie kennen sich ja erst ein paar Wochen. Und zwei Jahre sind eine ziemlich lange Zeit.
»So eine Chance kann ich doch nicht für einen… Mann… sausen lassen.« Hört sich an, als ob sie doch noch ein bisschen unschlüssig ist und sich selbst zu überzeugen versucht. Wer weiß, vielleicht ist sie doch richtig in Tom verliebt.
Andererseits sehe ich ein, dass Jess immer für ihre Arbeit gelebt hat. Das kann sie nicht einfach aufgeben.
»Du musst nach Chile gehen«, sage ich fest. »Das wird eine wunderbare Erfahrung für dich. Und mit Tom wird das schon irgendwie gehen.«
Die Pringles sind leer, also gehe ich noch mal an den Schrank und inspiziere die Regale. »Wir haben keine Chips mehr… Nüsse soll ich nicht essen… da sind noch ein paar Ritz-Cracker, aber die sind schon etwas alt…«
»Ich habe Popcorn dabei«, sagt Jess und wird ein bisschen rot. »Mit Toffeegeschmack.«
»Was hast du?«, frage ich.
»Sind in meinem Rucksack.«
Jess hat Popcorn mit Toffeegeschmack dabei? Aber… das ist doch gar nicht Bio oder nahrhaft oder aus Kartoffeln von einer Kooperative.
Erstaunt sehe ich sie an, wie sie im Rucksack wühlt. Da kommt eine DVD zum Vorschein. Sie stopft sie zurück und wird noch röter.
Moment mal.
»Was ist das?« Ich greife mir die DVD. » Nine
Weitere Kostenlose Bücher