Prada, Pumps und Babypuder
bin entsetzt. Ich kann die nicht einmal anfassen, geschweige denn tragen. Das sind die hässlichsten Strümpfe, die ich je gesehen habe.
»Becky, Schatz.« Luke beugt sich zu mir. »Wenn Venetia meint, dass du sie tragen solltest…«
»Ich habe doch überhaupt keine Krampfadern!« Meine Stimme wird immer schriller. »Luke, das lag doch an meinen Schuhen .«
»Ah«, mischt sich Venetia ein. »Das könnte natürlich auch sein. Lass mich mal sehen, was für Schuhe du trägst.«
Sie sieht sich meine neuen Plateauschuhe an und schüttelt traurig den Kopf. »Die sind nichts für die letzten Wochen der Schwangerschaft. Zieh lieber diese mal an.« Sie holt ein Paar hässliche braune Gesundheitslatschen aus Gummi hervor. »Das ist ein orthopädisches Modell. Was hältst du davon?«
Ich starre die Dinger an. »Anstatt der Stützstrümpfe?«
»Nein!« Sie lächelt. »Besser wäre, du würdest beides tragen. Sicher ist sicher.«
Kuh. Blöde Kuh.
»Probier sie doch mal an, Schatz«, versucht Luke mich zu ermutigen. »Venetia meint es doch nur gut.«
Nein, tut sie nicht! Würde ich am liebsten schreien. Siehst du denn nicht, was sie hier inszeniert?
Aber ich kann nichts machen. Es gibt keinen Ausweg. Beide sehen mich erwartungsvoll an. Ich muss wohl oder übel Folge leisten.
Ich ziehe mir langsam den einen Strumpf an, dann den anderen, und mir wird übel.
»Zieh sie schön hoch!«, sagt Venetia. »Genau, schön bis an die Oberschenkel.« Dann ziehe ich die furchtbaren Latschen an und stecke die Plateauschuhe in meine riesige, neue Marc-Jacobs-Tasche (hellgelb, total umwerfend).
»Ist das deine Tasche?« Venetias Augen leuchten, und ich ahne Böses. Nicht die Tasche. Bitte, nicht die Tasche.
»Die ist viel zu schwer für eine hochschwangere Frau!«, sagt sie und hebt die Tasche probeweise an. »Ist dir klar, wie sehr du deinem Rücken damit schadest?« Sie sieht Luke an. »Ich habe ein Jahr lang eng mit einer Physiotherapeutin zusammengearbeitet. Die konnte ein Lied davon singen, was diese lächerlich großen Taschen anrichten.«
»Große Taschen sind gerade modern«, sage ich.
»Mode!« Venetia lacht ihr perlendes Lachen. »Mode ist ungesund. Probier die mal aus, mein Physiotherapeut gibt mir immer Probeexemplare.« Sie öffnet einen Schrank und holt eine gewebte Gürteltasche heraus. »Die ist viel ergonomischer, und du kannst sie unter dem T-Shirt verstecken, das ist sogar sicherer…«
»Toll!«, sagt Luke und nimmt meine Marc-Jacobs-Tasche an sich. »Venetia, das ist so lieb von dir.«
Lieb? Er hat keinen Schimmer, was hier abgeht. Keinen. Blassen. Dunst.
»Okay, Becky«, sagt Venetia. »Sieh mal, ob sie dir passt.«
Mit zitternden Händen befestige ich die Gürteltasche über meinem Bauch und lasse das T-Shirt drüberfallen. Als ich mich umdrehe, erhasche ich meinen Anblick im Spiegel, der an der Tür hängt.
Ich könnte heulen. Ein groteskes Monster. Meine Beine sind zwei dicke weiße Baumstümpfe. Meine Füße sehen aus wie die einer Oma, und unter dem T-Shirt habe ich jetzt vorn und hinten eine Beule.
»Du siehst toll aus, Becky!« Venetia sitzt auf der Schreibtischkante und streckt sich in einer yogaartigen Dehnbewegung, die ihre langen, wohlgeformten Arme betont. »Luke, unser Meeting war echt spannend. Interessant, was du zu den Verlinkungen im Internet gesagt hast…«
Ich schleppe mich elend zurück auf den Stuhl und warte, dass die beiden ihre Unterhaltung über Venetias Businessprofil beenden. Aber dann reden sie auch noch darüber, wie man ihre Broschüre verbessern könnte.
»Oh, Entschuldigung, Becky!« Venetia sieht mich an. »Das ist bestimmt langweilig für dich. Ich bin eigentlich fertig mit dir, wenn du also gehen möchtest…«
»Bist du nicht mit Suze und Jess zum Mittagessen verabredet?«, fragt Luke. »Geh doch ruhig schon. Ich bespreche dann noch ein paar Dinge mit Venetia.«
Ich bin wie festgewachsen. Ich will ihn nicht mit ihr allein lassen. Sämtliche Instinkte raten mir davon ab. Aber was auch immer ich in der Richtung sage, würde besitzergreifend klingen und einen neuen Streit vom Zaun brechen.
»Okay, dann geh ich mal.«
»Nimm mit, was du daraus brauchst.« Venetia zeigt auf die Marc-Jacobs-Tasche und hebt den Finger. »Ich will nicht hören, dass du die wieder benutzt.«
Am liebsten würde ich sie erschießen. Aber es nützt ja nichts, Luke wird immer ihre Partei ergreifen. Ich hole meinen Geldbeutel, Handy, Schlüssel und die nötigsten Kosmetikartikel heraus und
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