Prador-Mond: SF-Thriller (German Edition)
weniger traumatische Installation hofften wir - erwarteten wir ... Das heißt ...«
Vagule unterbrach ihn. »Selbst bei all den lebenserhaltenden Systemen bringt eine volle Entkernung sie innerhalb weniger Tage um. Wir lernen allmählich, wie ihr autonomes Nervensystem funktioniert, aber wir müssen erst noch mehr Erkenntnisse gewinnen, um zu wissen, was man sicher behalten oder herausnehmen kann. Mit den Spinnenreglern hoffen wir, dass sie länger am Leben bleiben und uns so mehr Zeit verschaffen, um Daten zu sammeln.«
Sehr gut!, dachte Immanenz. Vagule verstand bereits, dass die Wahrheit zu sagen vielleicht zu unangenehmen Strafen führte, dass Lügen hingegen, wenngleich sie die Strafe hinauszögerten, schwerere Folgen nach sich zogen.
»Wie viele sind bislang gestorben?«
»In der Folge der Installation dreiundfünfzig. Weitere acht sind in der Verwahrsektion an Wunden gestorben, die sie bei der Gefangennahme erlitten. Wir haben auch festgestellt, dass die Fütterung ein Problem sein kann. Bislang weigern sie sich, eigene Artgenossen zu verspeisen, aber das ändert sich vielleicht noch, wenn sie erst mal hungrig genug sind.«
»Und?«
»Ich möchte es lieber mit anderem Futter versuchen, denn wenn wir warten, bis sie ausgehungert sind, werden sie nur schwach und krank und noch weniger fähig, die Implantation eines Sklavenreglers zu überstehen.«
»Sehr gut. Gib ihnen versuchsweise Futter aus unserem Fleischvorrat und sieh nach, welche Ergänzungen sie brauchen. Vergiss nicht, diese Menschen sind Allesfresser und brauchen womöglich bestimmte Mineralien aus Pflanzenmaterie.«
Am Ende des Korridors erreichten sie einen abwärts führenden Schacht, den Vagule und Gnores hinabhuschten. Immanenz glitt hinein, und die Zweitkinder trippelten überall rings um ihn herum und stiegen mit Hilfe von Kletterhilfen an der rauen Schachtwand hinab. Immanenz sank in der geringeren Schwerkraft langsam hinab, und seine Gravomotoren wirkten den Gravoplatten am Schachtboden entgegen und stoppten ihn wenige Meter darüber. Die Prozession nahm ihren Fortgang, bis sie einen versiegelten Raum ganz ähnlich dem Kapitänssanktum erreichten. Vagule öffnete die Tür für ihn und duckte sich hindurch. Immanenz folgte ihm und witterte dabei fremdes Blut und Fleisch und die anderen Gerüche, die mit menschlichem Leben und Tod verbunden waren. In dem Raum drehte er sich und nahm die Menschen in Augenschein, mit denen Vagule experimentierte.
Zwölf von ihnen waren mit Klammern entlang einer Wand befestigt. Zur Linken des Kapitäns stapelten sich etwa zwanzig Leichen - Fehlschläge. Den Anzeigen auf den Sechseckmonitoren über den Zwölfen konnte er entnehmen, dass fünf von ihnen tot waren. Er musterte ein Gestell mit Spinnenreglern und dann ein Gestell mit den größeren Sklavenreglern, die man nach einer vollständigen Entkernung benötigte. Vielleicht sollte man etwas herstellen, das noch kleiner war als Spinnenregler? Immanenz merkte sich den Gedanken für später, während er sich jetzt der chirurgischen Ausrüstung zuwandte, die in Kästen voller sterilisierendem Schmierfett getaucht war, sowie zwei Operationsrobotern, die sich an der Seite bereithielten. Diese dunklen Metallhüllen waren den Vorderteilen, dem Sehturm und der Unterseite eines Erstkinds angepasst. Viele vertiefte Steuerungselemente nahmen an der Innenseite die Klauen und Greifhände auf, während der Vorderseite viele Mehrfachgelenk-Präzisionsgliedmaßen entwuchsen, von denen jede in einem bestimmten Operationsbesteck auslief.
»Entfernt die Leichen und bringt vier Ersatzmenschen herbei«, kommandierte Immanenz. Dann gab er XF-326 mit der Klaue ein Zeichen. »Du bringst mir einen von denen hier und fütterst mich.«
Auf Anweisung Vagules nahm Gnores einige der Zweitkinder mit, um vier lebende Menschen zu holen, während Immanenz' gieriger Blick auf XF-326 ruhte. Das Zweitkind schloss die Klaue um den Brustkorb einer Leiche, zerrte diese rasch herbei und machte sich daran, sie methodisch zu zerlegen und die Stücke zu Immanenz' Mandibeln hinaufzureichen. Während der Kapitän einen abgetrennten Unterarm mit Hand kaute, sann er über die Umstände nach, die ihm zu solcher Kost verhalfen. Das robuste Verdauungssystem der Prador konnte sogar einem Stein Nährstoffe entziehen - in manchen Situationen eine bekannte Methode des Überlebens. Beim Essen wurde ihm bewusst, dass die Fäulnis den Geschmack verbesserte, wahrscheinlich weil Bakterien an Bord das fremde
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