Prador-Mond: SF-Thriller (German Edition)
gebrauchen, dass ihr irgendeine idiotische Softwarestörung in die Quere kam. Sie hatte schon mehr als genug zu tun.
»Setz dich dorthin.« Moria deutete auf einen der drei Stühle hinter dem Konsolentisch, und George ging folgsam hinüber und setzte sich. »Und vorläufig keine Sprichwörter mehr! Ich weiß jetzt, was zu tun ist, und ich möchte nicht, dass du alles schwieriger machst.«
George schien etwas sagen zu wollen, biss dann aber einfach wie ein unartiges Kind die Zähne zusammen und holte das optische Kabel aus der Brusttasche. Moria verfolgte, wie er es benutzte, um seinen Verstärker mit der Konsole zu verbinden, und anschließend die Hände in den Schoß legte. Noch einen Augenblick länger erweckte er diesen kindlichen Eindruck; dann aber richtete er sich auf, und etwas Metallisches leuchtete in seinen Augen.
Moria stellte die Thermoskanne mit Kaffee und den Becher auf die Tischplatte aus Holzimitat und setzte sich auf den Stuhl neben George. Im Verstärker sah sie erneut auf die Uhr. Jebel war vor mehreren Stunden am Bohruncible eingetroffen und müsste bald an die Überreste des dortigen Komplexes andocken. Mit dem Pradorschiff war den planetaren KIs zufolge in ungefähr fünf Stunden zu rechnen - und die KIs bezogen ihre Daten aus Überwachungsstationen, die man nach den ersten Tagen des Krieges in der ganzen Polis verstreut hatte. Von der Occam Razor hatte Moria keinen Funkspruch erhalten, aber andererseits war Subraumfunk aus dem Subraum heraus eine schwierige Sache - ein Problem, das die KIs irgendwann mal zu beheben hofften.
Moria stöpselte sich ein und leitete diagnostische Prüfungen der gewaltigen und komplexen Systeme ein, die sie steuerte. Sie brachte jeden einzelnen Fusionsreaktor im Komplex auf Höchstleistung und speicherte Strom in den Runciblepuffern an diesem Ende. Sonnenkollektorsatelliten hielten sich bereit, um Energie in Maserform an die Empfänger des Runcibles zu strahlen, falls sie sie benötigte - was sehr wahrscheinlich war. Sie machte sich daran, Modelle der beiden Runcibleportale und aller beteiligten Energiesysteme zu entwickeln, und fügte die Informationen ein, die sie aus den Diagnoseläufen erhielt. Da sie wusste, dass sie die Sache nur in die Länge zog, warf sie dann einen ausgiebigen und scharfen Blick auf ihre Datenkarte. Sicherlich würden ihr die planetaren KIs noch Verarbeitungskapazität zur Verfügung stellen, aber es war nicht dieser Aspekt der Verarbeitung, der ihr am meisten Sorgen bereitete. Intensiv studierte sie den Nexus der Datenkarte, wo die KI ihren Platz hätte haben sollen und wo bislang nur Fehler und zerstörte Verbindungen existiert hatten. Etwas Neues nahm jetzt diesen Platz ein, direkt mit der Konsole verbunden, vor der Moria saß. Es wirkte skeletthaft und verfügte über eine noch nicht freigeschaltete Verbindung zum Arbeitsspeicher auf dem Planeten unter ihnen. Es sah gar nicht nach einer KI aus, sah nach überhaupt nichts aus, was Moria je gesehen hatte. Es war George.
»Bist du bereit?«, fragte sie per Verstärker.
»Setze einen Bettler auf ein Pferd, und er reitet damit gleich in die Hölle.«
Da, wieder ein Sprichwort. Was hatte sie eigentlich erwartet? Was immer zum Teufel damit George auch meinte, sie vermutete, dass sie nicht mit einer klareren Antwort rechnen konnte.
Moria machte sich daran, Orbitalgeschwindigkeiten und -bahnen zu berechnen. Derzeit bildete die Runciblevorderseite eine Tangente zu Trajeen, also musste sie sie jetzt auf einen Winkel von neunzig Grad drehen. Für den Transport des Frachtschiffs war eine Portalausdehnung von zwei Kilometern nötig gewesen; jetzt benötigte sie mehr als zweihundert Kilometer. Sie stellte fest, dass sie dafür mehr als fünf Minuten brauchte, da jeder Torpfosten eine Höchstgeschwindigkeit von nur zwölfhundert Stundenkilometern hatte.
Zu lange.
Ein besonderer Umstand, der ihr schon seit einiger Zeit zu schaffen machte, trat jetzt in den Vordergrund. Ihr Plan hatte eine viel höhere Erfolgschance, wenn sie den Warp erst initialisierte, sobald die Torpfosten die volle Ausdehnung erreicht hatten. Dazu musste die Genauigkeit der Positionierung ein gutes Stück innerhalb der Toleranz liegen, die für die normale Portalöffnung galt. Im Verlauf der nun folgenden langen Stunde berechnete sie diese neue Toleranz und wandte sie auf das System an. Sofort tauchten Tausende Fehler auf - möglicherweise mehr, als sie bearbeiten konnte.
»Zwei Fehlschläge laufen nicht auf einen Treffer
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