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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Lana gab mir meine Stichworte, und Wayne, der Regisseur, saß ganz hinten im Raum und beobachtete mich.
    »Ich bin so ir-re«, sagte Lana in der Rolle der verrückten Heldin.
    »Hahahaha«, lachte ich, auf – so hoffte ich – dicke, hilfsbereite, schwesterliche Art.
    »Danke!«, rief Wayne.
    »Bitte!«, antwortete ich und wandte mich wieder Lana zu, damit sie mir meinen nächsten Satz vorgab. Aber seltsamerweise blieb sie stumm.
    »Du kannst ruhig weitermachen«, ermunterte ich sie.
    »Danke!«, rief Wayne abermals. »Sie können gehen.«
    »Aber ich bin doch noch nicht fertig«, entgegnete ich und hielt mein Textblatt in die Höhe.
    »Wir möchten aber, dass Sie jetzt bitte gehen.«
    Da begriff ich endlich. Wenn sie »Danke!« rufen, dann danken sie einem eigentlich gar nicht, sondern teilen einem mit, dass man sauschlecht war. Als ich zur Tür schlich, rief Wayne: »Die Nächste!« , und ich nahm vage zur Kenntnis, dass das nette Mädchen, mit dem ich mich im Wartezimmer unterhalten hatte, an mir vorbeikomplimentiert wurde.
    Ich war am Boden zerstört. Fix und fertig. Tandy hatte mich ja gewarnt: Vorsprechen war eine Fleischbeschau, ein Viehmarkt, wo man nicht als Mensch behandelt wurde. ( Na ja, ich bin ja auch kein Mensch, aber woher sollten die das wissen?)
    Ich trottete zu meinem Auto und wollte nur nach Hause. Nicht nach Silverlake, sondern richtig nach Hause.
    Ich war so sicher gewesen, die Rolle zu kriegen! Ich schämte mich, wenn ich daran dachte, wie überzeugt ich gewesen war, den
Job in der Tasche zu haben, wo es doch jetzt ganz anders geworden war. Was hatte Nick gesagt? »Hochmut kommt vor dem Fall.« Und er hatte Recht gehabt. Ich war ordentlich abgestürzt.
    Dann endlich begann mir der Sinn des Ganzen zu dämmern. Wenn ich abgestürzt war, dann musste ich auch Hochmut empfunden haben. Hochmut!
    Und auf einmal war es, als wäre die Sonne hinter den Wolken herausgekommen. Jetzt hatte ich schon fünf geschafft. Nur noch Habgier und … und … was war es noch gleich? Ach ja, Wollust. Nur noch Habgier und Wollust hatte ich abzuhaken.
    Hinter mir hörte ich schnelle Schritte. Es war das nette Mädchen, mit dem ich mich im Wartezimmer unterhalten hatte.
    »Ich hab die Rolle!«, keuchte es atemlos. »Sie haben mich nur angesehen, und bevor ich was gelesen habe, sagten sie schon: ›Sie sind unsere Mary Ann.‹ Total seltsam«, fügte das Mädchen hinzu. »Normalerweise funktioniert das nicht so. Nie! Die haben alle weggeschickt – außer mir.«
    Und schon strömte eine Schar hilfsbereiter, schwesterlicher Frauen auf den Parkplatz, die jetzt allerdings ziemlich pikiert und enttäuscht wirkten. Verärgertes Murren drang an mein Ohr.
    »Es ist, als wärst du mein Glücksbringer gewesen oder so …« Das Mädchen betrachtete mich mit einer Mischung aus Verwirrung und Staunen, ein bisschen so wie Granola mich immer anglotzte.
    »Ich freue mich wirklich für dich«, sagte ich, denn eigentlich entsprach das der Wahrheit.
     
    Um meine rituelle Demütigung bei meinem Vorsprechtermin zu feiern, ging ich mit Tandy auf ein paar Apple Martinis in eine nahe gelegene Bar.
    »Warum war es schrecklich?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Du hast gesagt, es war schrecklich, als du mit Nick geschlafen hast.«
    »Der Sex war nicht schrecklich«, murmelte sie verlegen. »Aber hinterher … Er hat nie wieder darüber gesprochen. Und dann waren – sind – da noch diese ganzen anderen Mädchen.«
    Ich nickte. Nick war wirklich von einer Menge weiblicher Wesen umgeben.
    »Nein danke, sie will das nicht.« Gereizt scheuchte ich den Kellner weg, der mit einer Flasche Sekt und einer Telefonnummer aufgekreuzt war.
    »Nein, warten Sie. Welcher ist es denn?«, fragte Tandy.
    »Der Gentleman, der das Glas hebt wie eine Figur aus einem billigen James-Bond-Film«, antwortete der Kellner höflich. »Darf er sich zu Ihnen setzen?«
    »Klar«, antwortete Tandy. »Wenn es für dich auch okay ist, Grace?«
    »Ähm, sicher.«
    Als wir zwei Stunden später die Kneipe verließen, hatte sich Tandy für den folgenden Abend mit James – ich war sicher, dass er nicht wirklich so hieß – verabredet.
    Zu Hause erzählte Nick, dass er die Rolle des Neonazi-Psychopathen bekommen hatte und zur Feier des Tages ins Kino gegangen war. Mit Karl.
    »Mit Crazy Karl, dem Alkoholiker?« Tandy war völlig von den Socken.
    »Der seit letzten Sonntag keinen Tropfen Alkohol zu sich genommen hat«, antwortete Nick.
    »Er hat von dir gesprochen«, fügte er,

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