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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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glücklich sein, oder?
    »Ich vermisse dich«, sagte sie, so leise, dass sie sich kaum selbst hörte.
    »Dann komm nach Hause.«
    »Am Freitag bin ich zurück.«
    »Nein, komm jetzt.«
    »Das kann ich nicht«, entgegnete sie sanft. »Ich hab noch ein paar Meetings.«
    »Meetings«, wiederholte er bitter. »Du hast dich ziemlich verändert.«
    Während Ros versuchte, die richtigen Worte zu finden, um alles wieder in Ordnung zu bringen, fragte sie sich, warum es eigentlich immer eine Beleidigung war, wenn jemand einem sagte, dass man sich verändert hatte.
    »Als ich dich kennen lernte«, fuhr Michael inzwischen vorwurfsvoll fort, »da warst du einfach echt. Aber schau dich jetzt mal an, mit deiner protzigen Beförderung.«
    Er kann nichts dafür, dachte Ros. Zu viel hatte sich zu schnell verändert. In gerade mal achtzehn Monaten hatte sie sich vom Telefondienst zur Supervisorin, zur Assistenz-Produktionsmanagerin, zur Assistentin des Firmenpräsidenten, und nun zur Vizeproduktionsmanagerin emporgearbeitet. Nichts davon war ihre Schuld gewesen, sie hatte immer gedacht, sie wäre nicht besonders schlau. Und mit diesem Gedanken war es ihr gut gegangen. Woher sollte sie wissen, dass sie ein natürliches Verständnis für Zahlen und eine Naturbegabung fürs Management hatte? Sie hatte das alles Lenny zu verdanken, der sie »entdeckt« hatte, und sie wäre auch gut ohne den ganzen Firlefanz ausgekommen. Bevor sie begann, die Karriereleiter hinaufzusteigen, war mit Michael alles okay gewesen – besser als okay sogar.
    »Warum ist mein Job denn so ein Problem?«, fragte sie zum x-ten Mal.
    »›Mein Job‹!«, wiederholte Michael hitzig. »›Mein Job, mein Job.‹ Das kannst du gar nicht oft genug sagen, stimmt’s?«
    »Überhaupt nicht. Du hast auch einen Job.«
    »Fotokopiergerätemechaniker ist nicht das Gleiche wie Vizeproduktionsmanagerin.« Michael verfiel in angespanntes Schweigen.
    »Ich kann das nicht«, sagte er schließlich. »Ich kann nicht mit einer Frau zusammen sein, die mehr verdient als ich.«
    »Aber es ist doch unser Geld!«
    »Was, wenn wir Kinder kriegen? Erwartest du dann vielleicht, dass ich daheim bleibe und den Hausmann spiele? Kommt nicht in Frage, Baby«, beharrte er streng. »So einer bin ich einfach nicht.« Sie hörte die Wut in seiner Stimme und seine gnadenlose Verbohrtheit.
    Aber ich mache meinen Job wirklich gut , dachte sie und spürte, wie eine verzweifelte Panik sie zu überwältigen drohte. Sie wollte nicht aufgeben. Aber mehr als ihren Job wünschte sie sich, Michael würde sie akzeptieren. Voll und ganz.
    »Warum kannst du denn nicht einfach stolz auf mich sein?«, brachte sie mühsam hervor.
    »Weil es nicht richtig ist. Und du musst wieder zur Besinnung kommen. Allein zu sein ist nicht gut für dich, du brauchst mich. Denk mal darüber nach!«
    Damit knallte er den Hörer auf. Augenblicklich wählte Ros seine Nummer erneut, aber dann merkte sie plötzlich, dass sie den Hörer langsam zurücklegte. Es brachte nichts, wenn sie ihn noch einmal anrief, denn er würde seine Meinung nicht ändern. Sie hatten sich schon so oft darüber gestritten, und er war keinen Millimeter von seiner Haltung abgerückt.
    Was für eine Wahl hatte sie also? Sie liebte ihn. Seit sie ihn vor drei Jahren kennen gelernt hatte, war sie fest überzeugt, dass er Der Richtige war und dass sie ihr Zuhause gefunden hatte. Sie hatten geplant, nächstes Jahr zu heiraten, und sogar ein »Baiser-Kleid-Sparbuch« eingerichtet. Wie konnte sie das alles jetzt einfach sausen lassen? Da war es doch das Beste, wenn sie ihren Job aufgab. Andererseits fühlte sich das total falsch an. Musste Michael sie nicht so lieben, wie sie war? Sollte er nicht stolz sein auf ihre Talente und Fähigkeiten, statt sich von ihnen nur bedroht zu fühlen? Und wenn sie jetzt nachgab, wie würde dann der Rest ihres gemeinsamen Lebens aussehen?
    Aber wenn sie nicht nachgab …? Dann war sie allein. Ganz allein. Wie würde sie damit zurechtkommen? Denn Michael hatte ja Recht, sie besaß verdammt wenig Selbstbewusstsein.
    Ein paar Minuten lang saß sie trübsinnig neben dem Telefon, spielte mit einem Kuli herum und stellte sich das einsame Leben
vor, das vor ihr lag. Sie sah sich allein auf Hotelbetten herumhopsen. Die Trübsal überwältigte sie beinahe. Aber Moment mal, dachte sie dann, und ihre Hand hielt in der Drehbewegung mit dem Kuli abrupt inne – ich bin von Hounslow bis nach Los Angeles gekommen, und das völlig ohne Michaels Hilfe.

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