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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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endete tragisch.) Dann sang jemand ein Lied. (Ein trauriges Lied.) Anschließend kam ein Komiker. (Ein extra unkomischer russischer Komiker.)
    Aber dann brach plötzlich Unruhe aus. Tumult. Wie es aussah, hatten die Poeten vor, in alter anarchischer Tradition die Bühne zu übernehmen. Alle drängten sich ungeordnet ins Rampenlicht, ungefähr so, als wären wir bei Kool and the Gang. Unversehens tauchte eine Gitarre auf, und dann wollten die Poeten überhaupt nicht mehr aufhören zu singen.
    Es war ein großartiger Nachmittag, alle waren furchtbar nett.
Aber Artim, der wunderbare Mann, der das Ganze organisiert hatte, wollte auf gar keinen Fall die Lorbeeren dafür einheimsen. »Es sind die verdammten Poeten«, sagte er. »Jedes Jahr übernehmen sie die Bühne, dabei hatten sie dieses Jahr versprochen , sich zurückzuhalten.«

Vierter Tag
    Wir mussten schon in unchristlicher Herrgottsfrühe aus den Federn, um unseren Flug nach Samara zu bekommen – sogar zu früh für unser verqualmtes Technofrühstück.
    In der Woche zuvor war ich in den USA gewesen und schrecklich gedemütigt worden, weil ich eine Pinzette im Handgepäck mitführte, daher musste ich meinem Herzallerliebsten fest versprechen, dass ich auf diesem Flug nichts Gefährliches bei mir führte. Nicht dass es irgendetwas ausgemacht hätte. Ich hätte einen Boden-Luft-Raketenwerfer an Bord bringen können und kein Hahn hätte danach gekräht. Wahrscheinlich hätte man mir noch geholfen, ihn hochzuwuchten.
    Es war überhaupt eine völlig neue Flugerfahrung. Keine Metalldetektoren, und das Flugzeug sah aus wie ein Spielzeugflugzeug mit einer Treppe, die von unten direkt in seinen Bauch führte. Es gab kein Fließband und keine Gelegenheit, das Gepäck einzuchecken: Man musste alles eigenhändig an Bord schleppen – Koffer, Raketenwerfer und so weiter. Als ich dann in den Bauch des Flugzeugs gelangte, dachte ich, es wäre eine dieser Militärmaschinen ohne Sitze, wo man auf dem Metallboden kauert und darauf wartet, dass man mit dem Fallschirm über Feindgebiet abspringen kann. Aber glücklicherweise gab es, hinter einem kleinen Vorhang versteckt, doch ein paar Sitze. So eine Art Sitze zumindest. An den
Fenstern hingen Chintzvorhänge, und es gab keine funktionsfähigen Sicherheitsgurte. Alle froren, man konnte beim Ausatmen die kalte Luft sehen, und alle behielten ihre Pelzmützen auf. Es war wie an einem nassen Januartag in einem klapprigen alten Bus zwischen Knock und Claremorris. Erinnern Sie sich daran, wenn Sie das nächste Mal in Versuchung geraten, sich über Ryanair zu beklagen.
    Aber ich wusste, dass es die sicherste Fluggesellschaft in ganz Russland war!
    Wohlgemerkt, es gab nichts zu essen. Nichts zu essen . Allmählich kam ich ziemlich schlecht drauf.
    Hin und her gerissen zwischen Hunger und Müdigkeit und dem allgemeinen Fremdheitsgefühl und der Tatsache, dass ich mich im Würgegriff des übelsten prämenstruellen Syndroms der Weltgeschichte befand, benahm ich mich in Samara sehr schlecht. Ich war in einer absolut miesen Stimmung und bekam sie einfach nicht in den Griff. (Ich schäme mich immer noch deswegen. Wenn ich daran denke, wünsche ich mir, ich wäre tot. Kennen Sie solche Erinnerungen? Es bringt mich sogar um, darüber zu schreiben, aber es muss sein.)
    Nach der Landung machte unser wundervoller Fahrer mit uns erst einmal eine Tour durch Samara. Bis vor kurzem war Samara eine geschlossene Stadt gewesen. (Man stellte hier Kampfbomber und ähnliches Zeug her.) Es war eine Mordsehre, dass wir sie besuchen durften, und fairerweise muss man sagen, dass die Stadt wunderschön ist. Die Wolga war zugefroren, Männer saßen auf dem Eis und angelten in kleinen Eislöchern, und es war alles sehr stimmungsvoll und bezaubernd, aber es war mir schnurzpiepegal. Ich wollte etwas essen. Stattdessen musste ich eine Pressekonferenz geben.
    Danach durften wir endlich etwas zu uns nehmen. Unser Gastgeber führte uns über eine matschige Straße mit jeder Menge
Schlaglöchern zu einem Pfannkuchenlokal, wo er uns zur Garderobe komplimentierte und sagte: »Bitte ziehen Sie sich aus.« Und ich war zu miesepetrig, um auch nur zu lächeln.
    Normalerweise erholen sich meine Lebensgeister, sobald ich was zu essen kriege, aber selbst nachdem ich etwa sechsundfünfzig Pfannkuchen mit verschiedenen Füllungen verdrückt hatte, blieb meine Laune sauertöpfisch. Und das war noch so, als wir in der örtlichen Uni eintrafen, wo ich an einer Debatte teilnehmen sollte.

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