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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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er, den Mund voller Kartoffelbrei. »Es waren die Schmerzmittel.«
    Was waren die Schmerzmittel?
    Anscheinend hatte er allergisch auf ein Mittel reagiert – es war ihm »nicht bekommen«. Aber sobald man das Medikament abgesetzt und gegen ein anderes ausgetauscht hatte, war bei Dad eine wahre Wunderheilung eingetreten.
    »Großartig«, sagte ich. Wenn auch nicht sonderlich überzeugt. Mein Herzallerliebster, ich und Mammy Keyes waren etwas vergrätzt und mussten uns die ersten paar Minuten ziemlich viel Mühe geben, einigermaßen nett zu Dad zu sein. Ich meine, was Hypochonder angeht, bin ich schon ziemlich schlimm, das gebe ich jederzeit zu. Garantiert gehöre ich sogar zu den Allerschlimmsten, aber nicht mal ich würde bei einer Magenverstimmung auf die Idee kommen, dass ich im Sterben liege. Ein paar glückliche Tage lang fühlte ich mich wunderbar unneurotisch.
    (Als Postscriptum dieser Geschichte: Der Grund, warum Dad einen Anwalt sehen wollte, war der, dass er im Zuge einer Erleuchtung auf dem Totenbett beschlossen hatte, sein schönes Auto an Tadhg zu vererben; aber dank einer wahrhaft wundervollen kosmischen Konstellation hatte Tadhg den Wagen just an diesem Morgen zu Schrott gefahren.)
     
    Erstmals veröffentlicht in Marie Claire , März 2005.

Haargenau
    Ich bin verliebt in meinen Friseur. Bedauernswert, ich weiß, und vielleicht denken Sie jetzt: »Was hat das denn mit mir zu tun?«, aber bitte, lesen Sie weiter …
    Lange Zeit ging ich immer zu meinem Stammfriseur Jimmy, und er machte seine Arbeit ganz wunderbar. Aber eines Tages war er zum verabredeten Termin nicht da – mit einer der üblichen Entschuldigungen: Wiederholungsprüfung in Tierpräparation/ Rettung seiner Schwester vor den Moonies/Kandidatur zum Gouverneur von Kalifornien. Aber, so sagte der Mensch bei der Anmeldung, ich könnte mir die Haare ja auch von einem anderen Mitarbeiter schneiden lassen, von einem, der genauso gut sei wie Jimmy. Sofort fuhren bei mir alle Antennen aus – Deppenalarm!
    Ich gehöre zu den Menschen, die mit Deppen abgespeist werden, und zwar häufig . Ich habe ein rundes, vertrauensvolles Gesicht, und jeder, vom Friseurterminvergeber bis zum Flughafencheckinangestellten, der mich sieht, denkt sofort: Die wird sich nicht beschweren. Nicht nur hat sie ein rundes, vertrauensvolles Gesicht, sie ist außerdem auch noch übergewichtig, und die Scham darüber hält ihr Selbstwertgefühl schön niedrig. Ich kann diesen Gedankengang förmlich sehen . Und die Leute haben ja auch Recht – ich beschwere mich tatsächlich nie, ich schlucke meine Wut runter und brenne mir stattdessen lieber Löcher in meine Magenschleimhaut.
    So fand ich mich auch damit ab, vermutlich den schlechtesten Friseur des ganzen Salons zugeteilt zu bekommen, und siehe da, es näherte sich mir das Inbild eines solchen. Spindeldürr, ganz in Schwarz gekleidet, die Augen hinter einer dunklen Brille verborgen, mit ellenlangen spitzen Schuhen, so spitz, dass die letzten zwanzig Zentimeter so gut wie unsichtbar waren. Ich kannte ihn von früheren Besuchen im Salon vom Sehen. Ohne seine dunkle Brille abzunehmen, tanzte er stets anmutig um seine Klienten herum, als machte er Tai Chi in Zeitraffer. Mit anderen Worten, der größte Depp auf dem Planeten.
    Echt toll!
    Meinem Charakter getreu unterdrückte ich jedoch meinen Zorn, verpasste den beginnenden Magengeschwüren eine Aufbauspritze und tackerte ein Lächeln auf mein rundes, vertrauensvolles, aber verzweifeltes Gesicht. Dann machte mein Depp den Mund auf und sprach. »’allo, Marrrrrriiiannnnne. Isch bin Chrrrrrrrristian.«
    Ein französischer Akzent! Er war Franzose! Kein Depp! Im Nu war alles anders.
    Ehe ich fortfahre, muss ich klarstellen, dass ich nicht zu den Frauen gehöre, die generell weiche Knie kriegen, wenn sie einem Franzosen begegnen. Wahrscheinlich bin ich die falsche Altersgruppe. Frauen wie meine Mammy flippen in solchen Situationen aus, aber in meiner Generation lacht man höhnisch über den devoten Akzent dieser Franzosen und über ihre klischeehaften, aufgeblasenen Komplimente, die gern als Charme maskiert werden. Ich will also nur sagen, dass Christians Rockgott-Outfit auf einmal einen Sinn ergab, und ich war erleichtert.
    Wir saßen Knie an Knie, und er war so voller Fürsorge und Freundlichkeit, als müsste er mir eine Krebsdiagnose verklickern. Ich erklärte ihm, wie ich meine Haare haben wollte, und dann –
und das ist wirklich eine absolute Seltenheit! – dann machte er

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