Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
Therapieserie durchzumachen. Worauf sie mir auseinander setzte, dass es keine Sofortlösungen gäbe, und ehe sie nicht alles von mir wüsste, könnte sie mir nicht helfen. Ich musste mir das Weinen verkneifen, stand auf, um zu gehen, schmollte dabei aber so intensiv, dass sie sich nun doch bereit erklärte, ein bisschen Hypnose auszuprobieren. Noch immer auf dem Stuhl sitzend, schloss ich die Augen, während sie psalmodierte: »Sie lassen sich sinken, tiefer und immer tiefer. Tiefer und immer tiefer. Downdowndeeperanddown.« An diesem Punkt riss ich die Augen wieder auf, und ich musste mich total zusammennehmen,
um nicht aufzuspringen, meine Luftgitarre zu packen und den alten Song von Status Quo zu grölen. (»Down, down, deeper ’n’ down. Ner-ner-ner-ner!« Shake those shaggy dos, baby!)
Jedenfalls funktionierte die Hypnose nicht, aber paradoxerweise hat das leidige Thema mit zunehmendem Alter etwas an Brisanz verloren. Und das nicht nur, weil ich das Gefühl habe, wenn ich erst mal alt bin, kümmert es die Leute sowieso nicht mehr, wie ich aussehe, und sie interessieren sich mehr für meine inneren Werte. (Wohlgemerkt gerate ich manchmal in Versuchung, wenn jemand nach meinem Alter fragt, zu lügen und mich älter zu machen, als ich bin. Wenn ich sage, ich bin zweiundfünfzig statt neununddreißig, denkt jeder, ich sehe toll aus. Man sagt mir vielleicht sogar: »Wissen Sie, Ihre Figur ist echt nicht schlecht für eine Frau über fünfzig.« Da sieht man es mal wieder – alles hängt vom Kontext ab.)
Meine inneren Dämonen haben offensichtlich viel von ihrer Spannkraft verloren; vielleicht liegt es an der vielen Therapie, oder ich werde endlich doch erwachsen. Schließlich ist die Besessenheit vom eigenen Äußeren pubertär und wird nach einer Weile ziemlich langweilig. Ganz zu schweigen von der Zeit, die sie in Anspruch nimmt. Offen gestanden habe ich heute zu viel zu tun, um noch Zeit für meinen Selbsthass zu finden.
Die ständige Konfrontation mit meinen körperlichen Mängeln hat mich zu einem Punkt gebracht, an dem ich Fotos von mir sehen und in aller Ruhe feststellen kann: »Himmel, ich sehe j a grässlich aus« und dann einfach weitermache. Ich habe inzwischen ein ganz gutes Talent dafür entwickelt, mich auf meine guten Seiten zu konzentrieren. (Beispiele: Ich kaufe oft die Obdachlosenzeitung The Big Issue , ich bin nett zu Tieren, obwohl ich Angst vor ihnen habe, ich habe noch nie einen Fotografen geschlagen, ich wünsche Cindy Crawford von Herzen alles Gute.)
Das Wichtigste aber ist ein Punkt, den meine Mutter mir klar gemacht hat, als ich sie einmal mit einer irren, hektischen Tirade über meine behaarten Beine überfiel. Geduldig hörte sie mir zu, nickte verständnisvoll und antwortete dann: »Wenigstens hast du Beine.« Und damit hat sie selbstverständlich Recht.
Erstmals veröffentlicht in Woman and Home , Mai 2003.
Mogelbräune
Die schönste Nachricht, die ich in den letzten Jahren gehört habe, war, dass wir uns nicht mehr sonnen dürfen. Mir hat das nie Spaß gemacht: allein die Langeweile , einfach nur dazuliegen, während einem der Schweiß in die Haare läuft! Ich konnte mich nicht mal mit den Leuten unterhalten, weil die als hingebungsvolle Sonnenanbeter glaubten, dass es die Wirkung der Sonnenstrahlen stört, wenn man redet. Wie dem auch sei, Sonnenbaden war nie mein Fall. Anscheinend bin ich der einzige Mensch, der unterschiedliche Hautarten an unterschiedlichen Körperteilen hat, und die Sonne zeigte auf mir immer die folgende Wirkung: Füße – goldbraun; Bauch – mahagoni; Schienbeine: grellrosa; Gesicht: bläulich-weiß mit reichlich Sommersprossen. Und die Kirsche auf dem Kuchen: meine Nase, so rot wie am Red-Nose-Day. Am Ende eines zweiwöchigen Ferienaufenthalts in der Sonne sah ich dann aus wie eine Patchworkdecke.
Aber jetzt hat mir das Ozonloch aus der Patsche geholfen. (Sie sehen, das ganze Zeug mit der Umweltkatastrophe hat nicht nur schlechte Seiten.) Und hier kommt nun der Selbstbräuner zum Zuge. (Man darf ihn inzwischen ja nicht mehr als Mogelei bezeichnen. Selbstbräunen, Braunwerden ohne Sonne, darum geht es heute.) Aber das funktioniert nicht immer wie geschmiert. Lassen wir uns mal Folgendes durch den Kopf gehen:
Was hassen Sie am meisten?
den scheußlichen Geruch
den Fluch der orangefarbenen Pfote
den Batikeffekt auf den Fersen
dass man ungefähr eine Stunde splitternackt irischen Volkstanz machen muss, bis das Zeug trocken ist
die untilgbaren
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