Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
deshalb nicht an, Bart und Sandalen zu tragen.«
Anschließend würde ich wehmütig und viel sagend lächeln. Ständig würde man mich zu irgendwelchen Benefizveranstaltungen einladen. Aber ich würde immer noch hochhackige Schuhe und Lipgloss tragen.
Dann entdeckte ich, dass die empfohlene Zeit fürs Meditieren zwanzig Minuten betrug, und das zweimal am Tag. Ich war entrüstet. Zwanzig Minuten! Zweimal am Tag? Woher sollte ich zweimal am Tag zwanzig Minuten nehmen? Ich habe viel zu tun!
Die Tatsache, dass ich ohne weiteres zwanzig Minuten damit verbringen kann, mein Schienbein mit gezückter Pinzette auf eingewachsene Härchen zu untersuchen. (TMI?) (Too much information?) Falls nicht, lassen Sie mich fortfahren. Die glatthäutigen Frauen (Glückspilze allesamt), die sich noch nie einer Wachsenthaarung der Beine unterzogen haben, wissen natürlich nicht, was ich meine, aber das Entdecken und Entfernen eingewachsener Haare ist der Trostpreis für alle Frauen mit behaarten Beinen. Ein unvergleichlich befriedigendes Gefühl.
Jedenfalls schloss ich einen Kompromiss und erklärte mich bereit, es mit einer Meditationssitzung pro Tag zu versuchen. Mich zu zwei Sitzungen pro Tag zu verpflichten, wäre ungefähr so gewesen,
als hätte ich mir ein ganzes Set Golfschläger gekauft, ehe ich die erste Golfstunde hatte. (Das redete ich mir jedenfalls ein.)
Wie ging ich nun also vor? Zuerst einmal brauchte ich etwas, was mir sagte, wann die zwanzig Minuten um waren, und so kam mein »Shaunie the Sheep«-Küchentimer in Aktion. Dann musste man anscheinend ein Mantra haben. Das berühmteste ist »Om«. Aber wie sagt man das? Eher: »Om, om, om, om, om, om, om, om, om, om …«? Ad infinitum. Wie Soldaten beim Exerzieren. Oder eher wie »Aaaaaaaauuuuuuuuuoooooooooommmmmmmmm«? Das machte mich total nervös, als müsste ich unter Wasser die Luft anhalten. Wie lange musste ich ein »Om« überhaupt durchhalten? Wann durfte ich mit dem einen aufhören und mit dem nächsten anfangen?
Ich konsultierte die wundervolle Judy, die mir erklärte, man brauche sich nicht mit dem »Om« rumzuärgern, wenn das für einen nicht funktioniere. Man könne einfach im eigenen Atemrhythmus meditieren, wenn einem das besser gefiele. Oder bis vier zählen und dann wieder von vorn anfangen. Anscheinend kursieren auch einige Mantras auf Aramäisch oder Sanskrit.
Ich wählte ein viersilbiges aramäisches Wort aus und sagte von nun an jeden Tag zu meinem Herzallerliebsten: »Die nächsten zwanzig Minuten bin ich nicht zu sprechen. Ich meditiere.« Und dachte mir: Das ist es!
Ich setze mich auf meinen besonderen Stuhl in meinem besonderen Zimmer (Gästezimmer), zünde meine besondere Kerze an (Jo Malone Limone), drehe Shaunies Kopf auf zwanzig Minuten – und denke, Gott, ich bin großartig! Jetzt lege ich los mit Meditieren. Auf geht’s. Okay, meditier, meditier, meditier … Herr des Himmels! Ich hab total vergessen, die Frau wegen der Einlegesohle zurückzurufen. Das mach ich, sobald ich mit Meditieren fertig bin. Obwohl, was hat sie noch mal auf den Anrufbeantworter gesprochen?
Dass sie heute Vormittag nicht im Büro ist? Gut, dann versuche ich es vielleicht lieber heute Nachmittag. Wenn ich dran denke. O Gott, ich soll doch meditieren. Konzentrieren, konzentrieren. Okay, ich konzentriere mich. Was gibt es heute Abend zum Essen? Der Salat ist garantiert nicht mehr taufrisch, den haben wir ja schon Montag gekauft.
Und wenn ich länger als drei Sekunden an nichts denke, was ich tun (oder essen) muss, dann denke ich plötzlich: »Schau her! Schau mich an, ich meditiere! Ich meditiere tatsächlich.« Und dann ist es natürlich aus und vorbei.
Vielleicht sieht es ganz einfach aus, vielleicht denken Sie, man muss nur auf einem Stuhl sitzen und zwanzig Minuten die Augen schließen, aber in Wirklichkeit ist Meditieren sehr schwer. Und lang! Während Shaunies armes doofes Gesicht sich langsam in eine gesunde Position zurückdreht, dehnt sich jede Meditationsminute endlos in die Länge.
Doch ich mache es nach drei Monaten immer noch. Ich glaube, ich bin tatsächlich ein wenig gelassener geworden. Das ist alles ein bisschen beunruhigend – wenn ich nicht mehr hektisch bin, wer bin ich denn dann?
Erstmals veröffentlicht in Marie Claire , Februar 2005.
VON FRAU ZU FRAU
Männermacht
Als ich meinen Herzallerliebsten kennen lernte, hatte er einen sehr guten Job – Dienstwagen, Pensionsplan, den widerwilligen Respekt seines Teams – das ganze
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